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Immobilien: Alle Bagger stehen still

Wer ein Eigenheim errichtet braucht gute Nerven. Besonders, wenn die Baufirma Konkurs geht. Vielen Bauherren droht dann auch eine private Insolvenz. Wer aber die Bauverträge gut gestaltet hat, kann das Schlimmste abwenden

Mit Hiobsbotschaften muss sich Peter Dirk von der Bauberatung der Berliner Verbraucherzentrale oft genug auseinander setzen. Doch gemessen an den sonst üblichen Notlagen, fielen zwei der zuletzt betreuten, beratungsbedürftigen Bauherren fast schon aus der Reihe. Zwar klagten auch diese über die Insolvenz ihres Auftragnehmers. Doch den Firmen, die ihnen die Errichtung eigener vier Wände zugesichert hatten, waren zum Zeitpunkt der Insolvenz erst fünf Prozent der Auftragssumme überwiesen worden. Und für dieses Geld hielten die Bauherren immerhin schon eine Baugenehmigung in den Händen. Sie werden also glimpflich davonkommen. Doch das ist die Ausnahme von der Regel.

In kaum einer Branche ist die Zahl der Insolvenzen so hoch wie in der Bauwirtschaft. Dafür gibt es viele Ursachen: Die Unternehmen haben zu wenig Eigenkapital. Sie müssen zu Dumpingpreisen arbeiten, um überhaupt Aufträge zu bekommen. Und deshalb müssen sie oft schließen, wenn auch nur ein Auftrag wegbricht oder ein Auftragnehmer aufwändige Mängelbeseitigungen verlangt. Für Käufer von Eigenheimen ist es einerlei: Ihnen droht dann auch der Ruin. Denn diese brauchen kurzfristig und unerwartet viel mehr Geld, als vorgesehen: Damit sie andere Handwerksfirmen bezahlen können, die das unvollendete Bauwerk zu Ende führen. Damit sie die Miete für die Wohnung bezahlen können, aus der sie noch nicht ausziehen können und zusätzlich auch noch die Zinsen, die der Bank für das Baugeld zustehen.

Notlagen dieser Art sind nicht völlig auszuschließen. Aber das finanzielle Risiko im Falle einer Baupleite kann man durch eine gute Vertragsgestaltung mit einem vernünftigen Zahlungsplan einschränken. Darin stimmen Verbraucherschützer und Bauberater überein. Und hier wie dort wird Bauherren dringend empfohlen, sich hierzu den Rat von Experten einzuholen, vor Abschluss der Bauverträge – danach ist es oft zu spät.

„Bei einer Insolvenz der Baufirma sind zusätzliche Kosten zwischen 20000 und 30000 Euro üblich“, sagt Wolfgang Queißer. Doch der Berater vom Verband privater Bauherren hat auch schon Fälle erlebt, wo das Eigenheim 270000 Euro statt der geplanten 200000 Euro kosten sollte. Queißer hat schon oft in Not geratene Bauherren betreut. Sein wichtigster Rat im Falle einer Pleite: „Nichts mehr bezahlen, auch nicht, wenn die Handwerker versprechen, anschließend sofort wieder an die Arbeit zu gehen.“ Denn dies sei ein beliebter Trick im Falle einer Insolvenz – mit dem sich die Bauarbeiter, die selbst auch um ihren Lohn gebracht wurden, am Bauherrn schadlos hielten.

Die zweite Empfehlung: Nichts überstürzen – obwohl die Zinsuhr tickt. Das verlange Nerven, sei aber die einzige Chance, den Schaden zu begrenzen. Denn zunächst müsse der Stand der Bauarbeiten durch einen Gutachter festgestellt werden. Auf dieser Grundlage könnten Ansprüche gegen den Insolvenzverwalter gestellt werden – und später beauftragten Firmen eine genaue Beschreibung der verbleibenden Arbeiten vorgelegt werden. Der Konkursverwalter müsse außerdem seine Zustimmung zur Fortführung der Arbeiten mit anderen Auftragnehmern erteilen. Schließlich, so empfiehlt Queißer, sollte bei mehreren Firmen Kostenvoranschläge für die Fortsetzung der Arbeiten eingeholt werden – um das günstigste Angebot zu ermitteln.

All dies setzt natürlich auch voraus, dass sich der Bauherr den erforderlichen finanziellen Spielraum verschafft. Experten empfehlen, im Falle einer Insolvenz des Auftragnehmers frühzeitig das Gespräch mit der finanzierenden Bank zu suchen. Ob das Geldhaus einen höheren Kreditbetrag gewährt, hängt vom Verhandlungsgeschick ab. Unter Umständen wird die Bank jedoch bereit sein, Kreditraten für eine kurze Zeit auszusetzen. Ein Interesse daran, den Kunden mit einer Immobilien-Ruine in die Zwangsversteigerung zu schicken, haben Banken jedenfalls nicht.

Besser als die späte Schadensbegrenzung ist aber natürlich die Vorsorge. Und diese kann die finanziellen Folgen einer Insolvenz begrenzen. „Dabei ist der Zahlungsplan das Wesentliche“, sagt Peter Dirk. Dieser müsse möglichst genau dem Baufortschritt angepasst werden: Bei Vorlage der Baugenehmigung sollten maximal fünf Prozent der Auftragssumme an die Baufirma geflossen sein – und dann in weiteren Etappen bis zur Fertigstellung des Rohbaus maximal 50 Prozent. Hilfreich sei außerdem die Fertigsstellungsbürgschaft einer Bank. Diese verhilft dem Bauherrn im Falle einer Insolvenz zu fünf bis zehn Prozent der Bausumme. „Das deckt unter Umständen einen Teil der Zusatzkosten“, sagt Dirk.

Bauherrenschützer Queißer warnt außerdem vor einer üblichen Vertragsfalle: die Erteilung einer unwiderruflichen Zahlungsanweisung an die Bank zugunsten der Baufirma. Das Geldhaus überweist dann die Auftragssummen nach Baufortschritt, ohne dafür zuvor die Zustimmung des Bauherrn einzuholen. Die Folge: Der Bauherr gibt das einzige Druckmittel gegen die Firmen aus der Hand – und kann nicht mehr Teile der Auftragssumme zurückhalten, um etwa eine Mängelbeseitigung durchzusetzen.

In dieselbe Kerbe schlägt Verbraucherschützer Dirk. Er empfiehlt, „eine Vertragsstrafe im Falle von Bauverzögerungen“ zu vereinbaren. Voraussetzung ist natürlich die Festlegung eines konkreten Tages für die Übergabe der fertig gestellten Immobilie. Kann die Baufirma den Termin nicht einhalten, wird sie mit 100 Euro pro Tag zur Kasse gebeten. Die Strafe sollte direkt mit der Schlussrate verrechnet werden können, empfiehlt Dirk – da der Bauherr bei Verzögerungen ja selbst auch mehr Zinsen zahlen müsse.

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