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Immobilien: Basis und Backstein

50 Altbauten gehören den Mietern: Die „Bremer Höhe“ in Prenzlauer Berg wurde zum erfolgreichen Modell für eine Genossenschaft

Viel Backstein an den Häusern: Fast hanseatisch sieht es hier aus. Mitten in Prenzlauer Berg, im Sanierungsgebiet Helmholtzplatz. Die Gegend zwischen Schönhauser- und Pappelallee, die passenderweise „Bremer Höhe“ heißt, weil sie einst mit bremischen Handelskapital gebaut wurde, ist ein Schmuckstück.Trotz der Schmierereien an den Hauswänden.

Die Altbauten mit rund 50 Hauseingängen sind modernisiert, es gibt keinen Leerstand, die Mieten sind günstig, und die Bewohner sind zufrieden. Die Älteste ist 101 Jahre alt. Auch Ulf Heitmann ist hier zu Hause. Er ist Vorstand der Wohnungsbaugenossenschaft Bremer Höhe und spricht von einem Modellfall für Berlin. Es müsste mehr Bremer Höhen geben. Sie sei das Vorzeigestück für eine „erfolgreiche Mieterprivatisierung auf genossenschaftlicher Basis“. Gerade in einer Zeit, wo große Wohnungsbestände von Finanzinvestoren gekauft und Mieter verunsichert werden. Wie noch vor über fünf Jahren, als die Bremer Höhe fast schon von der städtischen WIP an eine Hamburger Firma veräußert war und die Mieter nichts Gutes ahnten: Luxusmodernisierung, Luxusmieten, Verdrängung. Damals standen 130 Wohnungen leer. Ulf Heitmann gehörte zu denen, die den Mut hatten, den Verkauf an die Investoren in letzter Minute zu verhindern und ohne finanziellen Rückhalt eine Genossenschaft zu gründen und die Häuser – freilich mit Fördergeld – zu kaufen.

Es gelang noch rechtzeitig, das Land Berlin zu überzeugen, Mittel zu geben. Geld, das in dieser Form heute nicht mehr fließt.

Es ist auf den Tag genau fünf Jahre her, dass die Wohnungsbaugenossenschaft von 54 Bewohnern gegründet wurde. Die WIP hatte der Genossenschaft eine Chance zum Kauf der 520 Wohnungen gegeben. Einschließlich des Erwerbs stecken rund 39 Millionen Euro in dem Projekt mitsamt Aufwendungszuschüssen und Modernisierungs- und Insandsetzungsmitteln. Die Wohnungen wurden saniert,, „familienfreundlich“ zusammengelegt, Wünsche der Bewohner dabei berücksichtigt. Nun gibt es 460 Wohnungen in jeder Größe (die größte hat 157 Quadratmeter), die Genossenschaft hat 420 Mitglieder, nicht jeder alte Bewohner muss auch „Genosse“ sein.

Viel wird hier auf Konsens geachtet und darauf, die „gewachsene Nachbarschaft“ zu erhalten. Es gibt Gemeinschaftsräume, einen Spielplatz und 22 alten- und behindertenfreundliche Wohnungen, einige Bewohner leben hier seit 70 Jahren. Ein eigenes Blockkraftheizwerk produziert den Strom für die Bewohner billiger. Die Nachfrage nach den Wohnungen ist groß, es gibt eine lange Warteliste. Genossenschaftsmitglieder müssen Anteile zeichnen, sie kosten mindestens knapp über 5000 Euro. Vieles wurde und wird gemeinsam getan: Etwa die Gestaltung der Höfe. Es gibt auch regelmäßige Feste, eine Tauschbörse, eine Geschichtswerkstatt. Tino Kotte ist dafür verantwortlich. Heute, am Jubiläumstag, stellt er mit Ulf Heitmann ein von sieben Autoren geschriebenes Buch über die Bremer Höhe vor, im Schachcafé „en passant“ an der Schönhauser Allee, direkt im Kiez. Ein Grundsatz der Bremer Höhe ist, dass die Wirtschaftlichkeit gewährleistet sein muss, bei erträglichen Mieten. Durchschnittlich haben die Bewohner 4,60 Euro pro Quadratmeter und Monat zu zahlen. Ein anderer Grundsatz: Alle Generationen sollen sich hier geborgen und zu Hause fühlen. Das Viertel soll nämlich auch eine „Sozialgenossenschaft“ sein.

Christian van Lessen

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