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Berliner Wohnungsmarkt: Normalverdiener haben in Top-Lagen kaum noch Chancen

Die Preise für Berliner Eigentumswohnungen steigen weiter – wenn auch nicht mehr so schnell

Seit Jahren kennen die Kaufpreise und Mieten von Berliner Wohnungen nur eine Richtung: nach oben. Doch mittlerweile scheint sich die Entwicklung beruhigt zu haben. Das legt der druckfrische „Immobilienpreisservice 2014/2015“ nahe, den der Immobilienverband Deutschland (IVD) Berlin-Brandenburg in dieser Woche vorgestellt hat. Demnach sind die Mieten im Vergleich zum Vorjahr in einfacheren Lagen um 3,6 Prozent gestiegen, in bevorzugten Lagen sogar nur um 2,9 Prozent. Eigentumswohnungen verteuerten sich um 6,5 beziehungsweise 7,3 Prozent.

„In jüngster Zeit haben wir Nachholeffekte verzeichnet“, sagt Dirk Wohltorf, Vorstandsvorsitzender des IVD Berlin- Brandenburg. Jetzt pendeln sich die Preise nach seinen Worten auf einem „moderaten Niveau“ ein. Deutlich wird die Beruhigung des Marktes laut Wohltorf besonders bei Eigentumswohnungen: Im Preissegment von rund 4500 Euro pro Quadratmeter sei das Angebot mittlerweile so groß geworden, dass die Vermarktung länger dauere und einzelne Bauträger ihre geplanten Projekte nicht mehr in Angriff nähmen. Im Durchschnitt allerdings sind laut den IVD-Zahlen Eigentumswohnungen in Berlin schon für wesentlich weniger Geld zu haben. In Standardwohnlagen kosten Wohnungen – ohne Berücksichtigung von Neubauten – demnach im Mittel 1650 Euro pro Quadratmeter, in Vorzugswohnlagen 2200 Euro pro Quadratmeter.

Diese Zahlen sind allerdings umstritten. Wesentlich höhere Beträge als die Makler vom IVD nennt das Maklerhaus Ziegert Bank- und Immobilienconsulting in seinem ebenfalls diese Woche vorgelegten „Wohneigentumsreport Berlin 2014“. Demnach kosten rund die Hälfte aller zum Verkauf stehenden Eigentumswohnungen in den Bezirken Friedrichshain-Kreuzberg, Tempelhof-Schöneberg und Pankow mehr als 3500 Euro pro Quadratmeter. In Mitte sind es sogar fast zwei Drittel. „In den Top-Lagen kommt der Durchschnittsberliner, der sich einen Kaufpreis von 3000 bis 3500 Euro pro Quadratmeter leisten kann, nicht mehr zum Zug“, stellt Unternehmenschef Nikolaus Ziegert fest.

Die Diskrepanz zwischen den Angaben erklärt sich teilweise durch die gewählte Methode. Während der IVD hauptsächlich Bestandswohnungen in den Blick nimmt, erfasst der Ziegert-Marktbericht ausschließlich Neubauten sowie Umwandlungsprojekte – also Häuser, in denen Miet- in Eigentumswohnungen umgewandelt und dann einzeln verkauft werden. Außerdem bezieht sich der Ziegert-Report auf Angebotspreise, also auf diejenigen Preise, die Verkäufer und Makler in ihren Inseraten verlangen. Der IVD-Bericht hingegen stützt sich auf tatsächlich beurkundete Verkäufe.

Auch wenn man die unterschiedlichen Herangehensweisen berücksichtigt, ist die Diskrepanz der Zahlen verblüffend. Zum Beispiel in Steglitz-Zehlendorf: Laut IVD kosten dort Neubauten im Erstbezug in einfachen und mittleren Lagen zwischen 2700 und 3800 Euro pro Quadratmeter, in guten Lagen zwischen 3800 und 5200 Euro pro Quadratmeter. Die Spezialisten von Ziegert beziffern den Spitzenpreis hingegen auf 6850 Euro pro Quadratmeter und den Mittelwert auf 4150 Euro pro Quadratmeter. In Mitte beträgt der Mittelwert nach ihren Angaben 4850 Euro pro Quadratmeter, der Spitzenpreis sogar 17 000 Euro pro Quadratmeter. Glaubt man hingegen dem IVD, bekommt man in einfachen und mittleren Lagen von Mitte schon für 3000 bis 4200 Quadratmeter eine Neubauwohnung, während selbst in sehr guten Lagen die Preise 4000 bis 6000 Euro pro Quadratmeter nur in Einzelfällen überschreiten.

Katja Giller, Vorsitzende des Wertermittlungsausschusses des IVD, begründet diese Abweichungen damit, dass die in Inseraten verlangten Preise die Wahrnehmung verzerrten: Makler würden attraktive Angebote gar nicht inserieren, sondern direkt vorgemerkten Kaufinteressenten anbieten. In den Immobilienportalen landeten deshalb hauptsächlich schwer verkäufliche Häuser und Wohnungen mit überhöhten Preisen.

Doch auch in der Einschätzung der Preisentwicklung vertreten die Experten diametral entgegengesetzte Thesen. „Abseits der Toplagen gibt es noch preisgünstige Angebote, die eine Entwicklung nach oben erwarten lassen, während sich in den oberen Preisklassen derzeit kaum noch Steigerungen abzeichnen“, sagt Katja Giller. Genau umgekehrt sieht das Helen Lindner, Leiterin Research bei Ziegert: „An den Rändern ist die Preisdynamik leicht gebremst, während wir in prägnanten innerstädtischen Lagen ein stärkeres Wachstum beobachten.“ Auch Lindner räumt indes ein, dass die Vermarktung von Eigentumswohnungen im Preissegment über 4000 Euro pro Quadratmeter länger dauert. Dies läge am breiter gewordenen Angebot, das es den Interessenten ermögliche, länger zu prüfen.

Einig sind sich die Fachleute in einem Punkt: Die Mieterstadt Berlin muss endlich den Wert des Wohneigentums schätzen lernen. „Angesichts immer weiter steigender Mieten ist ein Kauf für Eigennutzer, im Rahmen ihrer Möglichkeiten, weiter zu empfehlen“, sagt IVD-Vertreter Dirk Wohltorf. „Eigentum ist der beste Schutz vor Armut im Alter und sorgt dafür, dass man nicht aufgrund von Preissteigerung aus seinem Wohnumfeld verdrängt wird.“ Genau deswegen kritisiert Wohltorf das von manchen Politikern angestrebte Verbot, Miet- in Eigentumswohnungen umzuwandeln: Diese Umwandlung sei die einzige Möglichkeit, Menschen mit bescheidenem Einkommen Zugang zu Eigentum zu verschaffen. Makler Nikolaus Ziegert fordert indes, auch im Neubau Eigentumswohnungen für weniger als 3500 Euro pro Quadratmeter zu errichten. In die Pflicht nimmt er dabei den Senat: Dieser solle Grundstücke nicht nur für den Bau günstiger Mietwohnungen verbilligt abgeben, sondern auch dann, wenn darauf „niedrigschwelliges Wohneigentum“ entstehe.

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