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Eine Adresse. Privatwohnung oder gewerblicher Mietraum? Die Einordnung hat für Freiberufler weitreichende Folgen.

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BGH-Urteil zu Freiberuflern: Wohnung bleibt Wohnung

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat jetzt die Rechte des Mieters in sogenannten Mischverträgen gestärkt.

Ob Computerspezialist, Berater oder Anwalt: Immer mehr Freiberufler verbinden Arbeiten und Wohnen in einem Haus oder einer großen Wohnung. Was praktisch erscheint, kann beim Streit zwischen Mieter und Vermieter jedoch kompliziert werden. Ist das nun eine gemietete Wohnung oder ein gewerblicher Mietraum?

Der Unterschied ist gewaltig: Denn ein Gewerbemietvertrag kann leicht gekündigt werden, beim Wohnungsmietvertrag braucht ein Vermieter dagegen triftige Gründe. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat jetzt die Rechte des Mieters in sogenannten Mischverträgen gestärkt. Nur weil der Freiberufler seinen gesamten Lebensunterhalt in den Räumen verdient, kann deshalb noch nicht von einem gewerblichen Mietvertrag ausgegangen werden. Mit dem aktuellen Urteil hat der BGH seine frühere Rechtsprechung nun korrigiert.

Der Fall: Ein Paar mietete in Berlin Frohnau ein stattliches Haus. Im Erdgeschoss wurde die Hypnosepraxis untergebracht, im Obergeschoss wohnten die Mieter. Die freiberufliche Tätigkeit war im Mietvertrag vermerkt, die Vermieter waren also einverstanden. Aber nach sechs Jahren kehrten die Eigentümer aus dem Ausland zurück und kündigten. Gründe gaben sie nicht an. Denn da die Praxis im Haus finanzielle Lebensgrundlage der Mieter war, gingen die Eigentümer von einem gewerblichen Mietvertrag aus. Für dessen Kündigung müssen keine Gründe angegeben werden.

Die Mieter wehrten sich, die Gerichte waren uneins. Das Landgericht Berlin sah in dem Vertrag aus dem Jahr 2006 einen Wohnraummietvertrag, das Kammergericht definierte das Mischverhältnis dagegen als Gewerbemiete. Dabei stützte sich das Kammergericht auf ein BGH-Urteil aus dem Jahr 1986. Dort hieß es, dass bei Mischmietverhältnissen dann von einer gewerblichen Vermietung auszugehen sei, wenn die Räume zur Berufsausübung notwendig seien und dort das Geld verdient werde, mit dem auch die Miete bezahlt werde.

Der BGH änderte jetzt aber seine alte Rechtsprechung. Dass die Bedeutung des Wohnens generell hinter der der Erwerbstätigkeit zurücktreten solle, entspreche nicht mehr dem Stellenwert, „der dem Wohnen in der heutigen Gesellschaft zukomme“, so die Begründung.

Folglich kommt es nicht mehr darauf an, wo der Freiberufler sein Geld verdient, sondern wie der Mischmietvertrag gestaltet ist. Im Berliner Fall war der Mietvertrag auf dem für Wohnraummiete üblichen Formular geschlossen worden, eine zeitliche Befristung fehlte – wie sie bei Gewerbemietverhältnissen üblich ist. Weiter wurde keine Aufteilung der Miete für Wohnraum und Praxis vorgenommen, geschweige denn Umsatzsteuer auf den freiberuflich genutzten Teil erhoben. Schlussfolgerung des BGH: Die Parteien hatten bei Vertragsabschluss objektiv einen Wohnungsmietvertrag im Auge. Der kann aber nicht grundlos, sondern nur bei Eigenbedarf des Vermieters oder Pflichtverstößen des Mieters gekündigt werden (AZ: VIII ZR 376/13).

Die Mieter haben damit zwar den Rechtsstreit nach zwei Jahren endgültig gewonnen. Da sie inzwischen aber das Haus geräumt haben, bringt ihnen der juristische Sieg nur noch finanzielle Vorteile.

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