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Das Mendelssohn-Palais fand über Bieterverfahren einen neuen Eigentümer.

© Jörg Zägel/Wikipedia

Bieterverfahren: Wenn Käufer den Preis machen

Beim Austarieren von Angebot und Nachfrage können Bieterverfahren für Verkäufer lukrativ sein. Doch sie haben auch einen Haken.

Das Berliner Mendelssohn-Palais ist auf dem Berliner Immobilienmarkt etwas ganz Besonderes. Derartig gut erhaltene Objekte mit historischer Patina zieren nicht nur das Stadtbild und schmücken den Bezirk Mitte, sondern werten auch jedes Immobilien-Portfolio auf. Erworben hat das ehemalige Bankhaus in der Jägerstraße 49/50 Harald Huth, der „König der Berliner Shopping Malls“ (taz). Auf den Markt gebracht wurde es von der Bundesvereinigung Deutsche Apothekerverbände e. V. (ABDA), die sich für ein mehrstufiges Bieterverfahren entschieden.

Rare Objekte lassen sich auf diese Weise sehr gut verkaufen. Was man schon daran erkennen kann, dass über den Kaufpreis Stillschweigen vereinbart wurde. Kommen Bieterverfahren also auch vermehrt für die Berliner Mangelwaren – Gebrauchtimmobilien und Baugrundstücke – infrage?

Die Fallzahlen scheinen zu steigen. Ebenfalls im Mai erwarb die Reiß & Co. Real Estate München GmbH ein riesiges Grundstück, etwa drei Kilometer vom zukünftigen Flughafen BER entfernt. Auf der 40 000 Quadratmeter großen Fläche an der Nördlichen Randstraße ist eine Wohnbebauung vorgesehen. Verkäuferin war eine Erbengemeinschaft. Bereits Anfang 2017 hatte Reiß & Co. in der Gemeinde Schönefeld ein Entwicklungsgrundstück erworben: 30 000 Quadratmeter für Gewerbebebauung. Beide Grundstücke erwarben die Münchner über offene Bieterverfahren.

Es gehe immer um den besten Käufer, nicht um den besten Preis

Das Spiel mit den hohen Preisen und hohem Interesse, Angebot und Nachfrage, funktioniert aber nicht überall und bei allen Objekten, so hört man aus der Branche, und kann auch Nachteile haben – sowohl für Eigentümer als auch für Kaufinteressenten.

Weil sich viele Eigentümer vor dem Verkauf ihrer Immobilie unsicher sind, welchen Preis sie verlangen können, scheint das Bieterverfahren ein gutes Mittel zu sein: Je mehr Interessenten, desto eher schaukelt sich der Preis in die Höhe. Immobilienverkäufer geben am Ende demjenigen den Zuschlag, der das meiste Geld bietet. Käufer können im Wettbewerb um die Wunschimmobilie womöglich an ihre finanziellen Grenzen stoßen.

Markus Vogel, der mit seiner Beratungs- und Entwicklungsgesellschaft das Mendelssohn-Palais über ein Bieterverfahren an den Kaufhausmann gebracht hat, bestreitet, dass mit diesem Verkaufsinstrument vor allem hohe Preise erzielt werden sollen. Die Preise seien heute sehr transparent, sagt er: „Bei Bieterverfahren geht es immer um den besten Käufer, nicht um den besten Preis.“ Es habe für das Palais der Mendelssohns Käufer gegeben, die mehr geboten hätten als Harald Huth. „Doch eine Steuerparadiesgesellschaft von den Cayman Islands als Bieter – will man das?“, fragte sich wohl nicht nur Vogel, sondern vor allem auch der Verkäufer ABDA, der am Ende vor allem Bares für Wahres hält. Einen Haken haben Bieterverfahren für Verkäufer, sagt auch Vogel: „Dass sie lange dauern.“ Hinzu kommt, dass abgegebene Gebote nicht bindend sind.

Bieterverfahren sind "ganz klar eine Vermarktungsstrategie"

Davon kann auch die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima) ein Lied singen. Sprecher Thorsten Grützner sagte am Rande des Bima-Sommerfestes im Garten des Kronprinzenpalais’ in dieser Woche, dass die Bima gelegentlich zum Instrument der Immobilienauktion greife, wenn sich in den Bieterverfahren keine Erfolge abzeichneten. Auktionator Michael Plettner (Deutsche Grundstücksauktionen AG) bestätigt das und kritisiert die mangelnde Bindungswirkung von Bieterverfahren und deren meist unübersichtlichen Verfahrensanordnungen.

Bieterverfahren haben weder mit einer Auktion noch einer Zwangsversteigerung zu tun. Es „ist ganz klar eine Vermarktungsstrategie“, sagt der Hamburger Makler Axel Kloth. Aus seiner Sicht bildet es für Vermittler und Privateigentümer eine Alternative zum üblichen Verkaufsprozess, um Objekte in guten Lagen teurer zu vermarkten: „Eine gewisse Nachfrage sollte da sein. Das ist in Hamburg-Eppendorf sicher anders als auf dem Land.“ In Deutschland wird das Verfahren eher selten genutzt. Vogel sagt, dass es „für schwierige Immobilien“ in der Preisklasse von fünf bis 400 Millionen infrage komme.

Der Ablauf des Bieterverfahrens liegt in den Händen des Verkäufers, rechtliche Vorgaben fehlen. In der Regel läuft es wie ein ganz normaler Immobilienhandel: Der Eigentümer oder der von ihm beauftragte Vermittler bieten die Immobilie an. In der Annonce fehlt jedoch eine konkrete Preisangabe. Stattdessen gibt es häufig Formulierungen wie „Preis auf Anfrage“ oder „gegen Höchstpreis“. Meist wird ein Besichtigungstermin angegeben. Danach geben sie ein schriftliches Gebot ab, manchmal kann dies online passieren.

Verkäufer sind in der Gestaltung des Bieterverfahrens weitgehend frei

Es kommt vor, dass Interessenten bereits bei der Besichtigung zur Gebotsabgabe aufgefordert werden. „Merkwürdigkeiten“ nennt Hartmut Schwarz von der Verbraucherzentrale Bremen solche Aufforderungen. Seiner Ansicht nach hat das Verfahren deshalb einen Beigeschmack: „Käufer sind unter Druck gesetzt und geben mehr an, als sie stemmen können.“ Zumindest sollten Interessenten Zeit haben, um die Vor- und Nachteile der Immobilie abzuwägen, findet er. Optimal wäre, die Substanz des Hauses mit einem Fachmann zu prüfen. Das sei wichtig, um den angemessenen Wert einzuschätzen, argumentiert Schwarz. Daran hängt die Kreditzusage der Bank.

Verkäufer sind in der Gestaltung des Bieterverfahrens weitgehend frei. „Das kann jeder machen, wie er lustig ist“, erläutert Schwarz. Das bedeutet: Eigentümer entscheiden nicht nur, wie Gebote abgegeben werden und wie besichtigt werden kann, sondern auch über den Zuschlag. Bis zum Notartermin besteht die Chance, mit mehreren Interessenten um den besten Preis zu pokern – auch, wenn die Immobilie bereits einem potenziellen Käufer versprochen ist.

(mit dpa)

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