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Immobilien: Billige Bauten auf teurem Boden

Typenbauten sind erschwinglich, doch teures Bauland behindert EigenheiminitiativeVON RALF SCHÖNBALL Glaubt man den Verlautbarungen der Senatsverwaltung für Bauen und Verkehr, dann brechen nun die Zeiten an, in denen sich (fast) jeder Berliner seinen Traum von den eigenen vier Wänden erfüllen kann.Sorge dafür trage die Eigenheiminitiative des Landes.

Typenbauten sind erschwinglich, doch teures Bauland behindert EigenheiminitiativeVON RALF SCHÖNBALL Glaubt man den Verlautbarungen der Senatsverwaltung für Bauen und Verkehr, dann brechen nun die Zeiten an, in denen sich (fast) jeder Berliner seinen Traum von den eigenen vier Wänden erfüllen kann.Sorge dafür trage die Eigenheiminitiative des Landes.Die zweite Initiative, um genau zu sein: Schon einmal versprach der Senat vor Jahren, billige Grundstücke an Häuslebauer zu vergeben.Das sollte den Exodus der Steuerzahler ins Umland stoppen.Bis heute kamen 27 (sic!) Spreeathener in den Genuß verbilligten Baulandes.Ob der zweite Anlauf von mehr Erfolg gekrönt wird? Die Probleme sind heute die gleichen wie einst. "Wir haben eine Punktlandung gemacht und wollen weitere Grundstücke für Eigenheimsiedlungen akquirieren", sagt Wolfgang Winkler, Chef der Neuköllner Wohnungsbaugesellschaft Stadt und Land.Die Gesellschaft hat allen Grund zur Zufriedenheit: Sie gab das beste Angebot ab und bekam die Grundstücke im dritten Bauabschnitt der Rudower Felder - der Sieg einer Landesgesellschaft im Wettbewerb mit freien Bauträgern ist selten genug. Stadt und Land bot 600 DM pro Quadratmeter Baugrund, auf dem Reihenhäuser entstehen sollen.Der gute Preis dürfte der eine Grund für die Entscheidung des Vergabeausschusses gewesen sein: Die Erlöse fließen in die leeren Landeskassen.Ein weiterer Grund könnte der Verkaufspreis gewesen sein, zu denen Stadt und Land die Immobilien weiterverkaufen will: Das billigste Mittelhaus wird für genau 302 687 DM feilgeboten einschließlich Grundstück, Außenanlagen sowie Hausanschlußkosten.Ein solches Angebot kam dem Senat wie gerufen; er kann damit in eigener Sache werben: Es gibt sie also doch, die billigen Eigenheime in Berlin - und nicht nur in Brandenburg. Preiswert in den eigenen vier Wänden zu wohnen, das ist ein Grund für die seit Jahren grassierende Stadtflucht.Die Bevölkerung Berlins geht zurück, die des Speckgürtels nimmt zu - und diese "Kern-Rand-Wanderung" ist ein Dorn im Auge der Kämmerer: Steuergelder in Millionenhöhe gehen verloren.Gegensteuern ist schwer: Kostet in Brandenburgs Großziethen der Quadratmeter Bauland 320 DM, ist er wenige Kilometer entfernt in den Stadtgrenzen 650 DM teuer - dies stellt die neue Ausgabe vom Magazin SKYLINE in einer Untersuchung von Wohnparks an der Stadtgrenze fest.Da die Einkommen der Haushalte in Berlin niedrig sind, kaprizieren sich Häuslebauer auf Gebiete jenseits der Stadtgrenzen. "Der entscheidende Ansatzpunkt bei der Senkung der Wohnungsbaukosten sind die Grundstückspreise", sagt Torsten Birlem, Chef der auf kostensparendes Bauen spezialisierten Gesellschaft Stadthaus.Tatsächlich machen Grundstückskosten bei den Reihenhäusern, die Stadt und Land auf den Rudower Feldern anbieten will, knapp ein Drittel der Aufwendungen aus: Obgleich das 95 Quadratmeter große Mittelhaus auf nur 165 Quadratmetern Grund und Boden steht, kostet das Bauland satte 99 000 DM.Nur 203 000 DM kosten Planung und Bau des Eigenheims, dessen Versorgungsleitungen und Finanzierung. Dies ist im Fall der Reihenhäuser auf den Rudower Feldern nur der Grundpreis."Wie bei Autos gibt es eine umfangreiche Liste von Sonderausstattungen", sagt Winkler.Extra kostet etwa der Keller (39 500 DM) und ein Staffelgeschoß, das die Nutzfläche um 25 Quadratmeter erhöht (21 000 DM).Um den günstigen Grundpreis sicherzustellen, mußte auch die Bauausführung einfach bleiben.Die Bauten sind Holzrahmenkonstruktionen, wobei die Holztafeln ganze Geschosse groß sind.Die Häuser sind gleichsam Anschauungsbeispiel für den Siegeszug des neuen industriellen Bauens.Die typisierten Bauelemente werden in Fabrikhallen in Serie gefertigt, das spart Kosten.So bezahlt der Bauträger weniger im Einkauf und spart auch bei der Zwischenfinanzierung: Die Holztafeln sind in wenigen Wochen zu Häusern zusammengebaut, so ziehen Käufer viel früher in die Typenbauten ein als in gemauerte Eigenheime. "Durch ein hohes Maß an Vorfertigung und einfachsten Standard sind Preise von unter 2000 DM pro Quadratmeter inzwischen keine Ausnahme mehr", sagt Birlem.Zu den Anbietern solcher "Häuser von der Stange" zählen etwa der Energieversorger und Immobilienmulti Veba, der süddeutsche Hersteller Süba und das Unternehmen Zapf.Die Veba gewann einen von Stadthaus durchgeführten Wettbewerb in Biesdorf-Süd, wo Einfamilienhäuser entstehen.Die dort geplanten Bauten werden nicht aus Holztafeln errichtet, sondern aus Gasbeton-Steinen.Diese sind Geschoßhoch, was die Bauzeit verkürzt.Damit sind Anbieter von "Steinhäusern" wieder konkurrenzfähig mit der Holzindustrie, die im Wohnungsbau einen Preiskampf eingeleitet hatte. Noch nicht entschieden ist der Wettstreit um die günstigsten Baukosten unter den Anbietern von Einfamilienhäusern.Allerdings droht sich auch in diesem Bereich die Erkenntnis, daß billig nicht immer auch günstig ist, erst reichlich spät durchzusetzen - für manchen zu spät."Unverantwortlich" nennt Birlem Kostensenkung um jeden Preis.Die Folgen hätten die Käufer während der Bewirtschaftungsphase auszubaden.Das seien zumeist Familien, die sich für ihr Wohneigentum bis über beide Ohren auf Jahre hinaus verschuldeten.Wenn sie dann mit unplanmäßigen Zusatzkosten wegen mangelhafter Qualität konfrontiert würden, sei der Weg in die Zwangsversteigerung nur noch kurz. Deutlich mehr Spielraum für eine Kostensenkung liegt in den Grundstückspreisen.Der politische Wille, Bauland billiger zu machen, wird allenthalben bekundet.Den Worten folgten bis dato aber keine nennenswerte Taten.Die erste Eigenheiminitiative - in der Hauptstadt sollte die Berliner Liegenschaftsgesellschaft (Bleg) billige Grundstücke für Bauwillige mobilisieren - verlief im Sande.In dieser Woche nun kündigte Bausenator Jürgen Klemann an, Flächenreserven in dünn besiedelten Siedlungen mobilisieren zu wollen: in Kaulsdorf, Mahlsdorf, Biesdorf, Karow, Buchholz, Friedrichshagen und Altglienicke.Hier sollten 100 000 neue Eigenheime entstehen. Durchdacht ist dieses Konzept zumindest hinsichtlich der Finanzierbarkeit.Bauland in bestehenden Siedlungen auszuweisen hält die Erschließungskosten in Grenzen: Kanalisation und Strom, Straßen und Beleuchtung müssen nicht neu eingerichtet, sondern nur ausgebaut werden.Dagegen trieben in Neubaugebieten wie Karow-Nord die Kosten für diese Erschließungsmaßnahmen die Grundstückspreise in die Höhe: Der Senat holt sich diese Kosten vom Bauträger zurück.Die Begründung des Landes lautet: Durch die Erteilung der Baugenehmigung und die Gestaltung des Umfeldes steigt der Wert der Grundstücke.Diese Politik erweist sich inzwischen als zweischneidiges Schwert: Weil der Bauträger die Forderungen des Landes auf den Käufer seiner Eigenheime abwälzt, steigen auch für ihn die Preise - die politische Forderung nach dem billigem Eigenheim wird damit zur Makulatur.

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