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Immobilien: Das schnellste Haus Berlins

Manche Autos sind heute bestellt und morgen geliefert. Doch wie schnell bekommt man Haus und Garten? Über Nacht sind allenfalls Rollrasen und Rohbau zu haben. Bis zum Einzug vergehen auch bei Fertighäusern zwei Monate – mindestens

Mitte der neunziger Jahre kündigte eine Firma die Revolution beim Bau von Eigenheimen an. Zwischen der Bestellung eines Hauses und dem Einzug sollte nicht mehr ein halbes Jahr verstreichen, sondern maximal eine Woche, oft aber auch nur wenige Tage. Möglich werde dies durch eine Produktion von Hausteilen am Fließband nach dem Vorbild der Autoindustrie unter Einsatz von Fertigungsrobotern von Siemens. Die Auslieferung der vormontierten Teile sollte per Hubschrauber erfolgen. Das war eine richtig gute „Story“ für den geplanten Börsengang des Unternehmens – und im Vorfeld dazu für das Einsammeln von Kapital unter privaten Anlegern.

Doch dieser Plan war nur ein frommer Wunsch. Die Anleger haben ihr Geld verloren. Und die Verbraucherschützer vom Deutschen Institut für Anlegerschutz nennen dies ein typisches Beispiel dafür, wie mit falschen Versprechen arglosen Bürgern das Geld aus der Tasche gezogen wird. Der Bau von Eigenheimen in Tages- oder Wochenfrist sei völlig unrealistisch. Und tatsächlich, wer bei Firmen nach den Rekordzeiten für die Errichtung der eigenen vier Wände fragt, der stellt rasch fest, dass man sogar bei Fertighäusern mit etwa zwei Monaten zwischen Auftragsvergabe und Einzug rechnen muss – die Zeit für die Bewilligung der Baugenehmigung nicht mitgerechnet. Wer die Nachbarn um jeden Preis überraschen will, der bekommt allenfalls Haushülle und Rollrasen in Windeseile.

„Wände Decken und Dach stehen an einem Tag“, sagt Christoph Windscheif, Geschäftsführer beim Bundesverband Deutscher Fertigbau. Dann sei das Haus regendicht. Bis Fenster und Heizung eingebaut sind, vergehe aber eine weitere Woche. Fertig sei das Haus dann aber noch lange nicht. Dann beginne der Innenausbau. Für die Einrichtung von Bad, Küche und Heizungsanlage und für die Verkleidung der Fassade sind laut Hersteller Okal weitere sechs bis zehn Wochen einzuplanen. Ein Grund dafür ist der Einsatz von Estrich. Der Baustoff muss trocknen. Das braucht seine Zeit.

Auch dieser Zeitplan ist aber schöngerechnet. Voraussetzung hierfür sind abgeschlossene Erdarbeiten: Jedes Haus steht entweder auf einer Bodenplatte aus Beton oder auf einem Keller. Diese Leistungen nehmen Zeit in Anspruch.

Wer dem Fertighaus ein „massives“ Eigenheim vorzieht, muss mit einer mehrmonatigen Bauzeit rechnen. Der Bauträger NCC, in Berlin und Brandenburg spezialisiert auf die Errichtung von Einfamilien- und Reihenhäuser, braucht mindestens drei Monate für die Arbeiten. „Dann könnte man einziehen, muss aber eine Lüftungsanlage im Haus installieren, um die Feuchtigkeit abzuführen“, sagt Peter Jux. Das liegt an Mörtel und Estrich, die die Bausteine zusammenhalten und mit Wasser angerührt werden. Der Einzug ohne erschwerte Bedingungen sei nach fünf Monaten möglich – nach sieben Monaten bei Häusern mit Keller. Dazu müsse der Grundstein aber im Frühjahr gelegt sein und Frost dürfe die Arbeiten nicht mehr als üblich behindern.

Ähnliche Bauzeiten nennt die Konkurrenz von Kondor-Wessels: „Bis zu fünf Monate sind üblich, und um Pannen vorzubeugen, vereinbaren wir mit Kunden meistens acht Monate“, sagt Laurens Hegemann, Geschäftsführer der Region Ost. Wenn es richtig schnell gehen müsse, dann sei der Einsatz von Fertigteilen aus Leichtbeton denkbar. Zehn Teile würden in ein oder zwei Wochen zu einem Rohbau zusammengesetzt. Dann müssten noch das Dach gedeckt und die Innenräume ausgebaut werden sowie Wärmedämmung und Außenschale an das Mauerwerk angebracht werden.

Schneller als ein Haus gebaut, ist ein Garten angelegt. Doch auch dabei geht nicht alles über Nacht: „500 Quadratmeter Rollrasen auf eine Brache – dafür reicht ein Arbeitstag. Auch das Gehölze lässt sich in dieser Zeit einpflanzen“, sagt Christoph Hartman, Vorstandsvorsitzender vom Fachverband Garten-, Landschafts- und Sportstättenbau Berlin-Brandenburg. Doch diese zwei Leistungen seien nur ein Teil des üblichen Hausgartens. Dazu gehörten außerdem eine Terrasse, Zufahrten zu Garage oder Carport und andere befestigte „Wegeflächen“.

Die Anlage dieser Wege ist aber aufwändig und dauert ihre Zeit. Schuld daran ist auch hier ein unentbehrlicher Baustoff: Mörtel wird zur Befestigung der Kantensteine am Rand der Wege eingesetzt – und dieser muss ordentlich abbinden, damit die Platten nicht verrutschen können. Aufwändig ist auch die Anlage von Auto-Zufahrten: Diese bestehen aus einer Schotterschicht, einer zweiten Ebene aus Verlegesand, auf die dann erst die Platten verlegt werden. Die Anlage dieses „Sandwiches“ kostet ihre Zeit.

„Im Schnitt muss man mit drei Wochen rechnen“, sagt Michael Bauer, spezialisiert auf den Bau privater Hausgärten. Bei aufwändigeren Anlagen könnten aber auch schnell sechs bis acht Wochen bis zur Fertigstellung verstreichen. Ähnliche Bauzeiten nennt auch Verbandschef Hartmann. Und bei besonderen Kunden wie TV-Moderator Günter Jauch habe die Anlage des 5000 Quadratmeter großen Grundstückes in Potsdam rund drei Monate gedauert. Das sei noch wenig, gemessen an dem Großprojekt „Spreebogen-Park“. Das fünf Hektar große Areal zwischen Kanzleramt und Paul-Löbe- Haus musste zunächst mit 50000 Kubikmetern Füllboden bedeckt werden, damit eine ebene Fläche entstand. Am Ende waren 35 Monate vergangen, bis die Anlage vollendet war. „Zeit ist eben nicht das Maß aller Dinge“, sagt Hartmann, „zumal schnelles Bauen auch teures Bauen ist“.

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