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Immobilien: Den kauf’ ich mir

Gar nicht so leicht, gute und günstige Handwerker zu finden. Wer seinen Auftrag ins Netz stellt, kann zusehen, wie die Preise fallen

„Zaubern“ hat schon 22-mal gute Noten bekommen. „Silberschwalbe“ schrieb: „Sehr nette Beratung und top Ausführung – so wünscht man es sich.“ Und „Mahung“ schwärmt: „Perfekte Arbeit, pünktlich, seriös, sehr nett“. Von solchen Lobgesängen per Mausklick kann der Malermeister Rainer Wichert von der Firma „Zauber-Wicht“ aus Neukölln gar nicht genug bekommen. Deshalb hinterlässt er überall seine Cyberspuren unter dem Pseudonym „Zaubern“ – bei Jobdoo.de, Letsworkit.de oder Undertool.de.

Unter diesen Internetadressen firmieren Auktionsplattformen für Handwerkerjobs, organisiert nach dem Vorbild von Ebay. Allerdings gibt es entscheidende Unterschiede: Ersteigert werden keine Produkte, sondern Aufträge. Nicht die Käufer konkurrieren, sondern Handwerker und Dienstleister. Die Preise klettern nicht je Gebot, sondern sie fallen. Handwerksauktionen im Internet funktionieren wie eine öffentliche Ausschreibung. Nur ist der Kreis der Teilnehmer viel weiter gesteckt. Jeder Hausbesitzer oder Mieter kann Aufträge versteigern – vom Malern einer Wohnung für einige hundert Euro bis zur Komplettsanierung von Heizung und Sanitär für eine fünfstellige Summe.

Etwa 40 Internet-Plattformen konkurrieren derzeit um Kunden, ein Viertel davon wird professionell betrieben, einige wie Letsworkit.de oder Jobdoo.de sind florierende Unternehmen mit starkem Expansionsdrang, der Berliner Anbieter Go4bid.de wird noch als Nebenerwerb betrieben. Der Konzentrationsprozess zum Quasi-Monopolisten Ebay steht den Handwerks-Auktionshäusern noch bevor. Letsworkit-Gründer Alexander Bugge aus Köln fing 2004 als Start-upUnternehmer an und setzt inzwischen mit sieben Angestellten monatlich eine fünfstellige Summe um. „Wir vermitteln bis zu 2500 Aufträge im Monat – der Auftragswert erreicht etwa eine Million Euro“. Je nach Größe des vermittelten Auftrags kassieren die Auktionsfirmen Provisionen zwischen ein und vier Prozent. Zahlen müssen die Auftragnehmer. Für die Auftraggeber, meistens Privatleute, ist die Teilnahme kostenlos.

Bei Letsworkit sind inzwischen 30 000 Mitglieder registriert, je zur Hälfte Gewerbetreibende und Kunden. Zunehmend nutzen auch professionelle Bauträger und Architekten die Plattform. Ganze Hallen und Rohbauten werden für einige hunderttausend Euro ausgeschrieben. In einem Fall wurde eine Baufirma gesucht, die ein komplettes Ferienhaus an der Ostsee errichten sollte. Letsworkit hat daraufhin eine neue Vermittlungsrubrik eingerichtet: „Großaufträge“. Bugge rechnet mit einem enormen Entwicklungspotenzial für die Auktionsbörsen: „Der Markt hat sich noch gar nicht entfaltet. 50 Prozent der Leute kennen uns gar nicht.“

Die Handwerkskammern blicken skeptisch auf die virtuellen Marktplätze. „Da werden zum großen Teil Dumpingpreise geboten“, sagt Susan Shakery von der Berliner Handwerkskammer. Ihr Tipp für Nutzer: Erst mal bei der Kammer erkundigen, ob die Firma eingetragen ist. Tatsächlich tummeln sich viele Ein-Mann-Firmen und Ich-AGler ohne fundierte Ausbildung auf den Plattformen, unterbieten oft die marktüblichen Preise und scheitern dann an der Umsetzung. Malermeister Wichert hat das schon öfter erlebt: „Dann kommen die Leute auf Knien zu mir und bitten mich, den Auftrag zu Ende zu führen.“ Das kostet dann ein paar Euro mehr.

Die Auktionsplattformen haben auf die Qualitätsdefizite reagiert: Wer durch Dumping oder Pfusch auffällt, bekommt schlechte Noten oder bei schweren Verstößen Hausverbot. Bei größeren Aufträgen kann der Anbieter eine Vorauswahl unter den Firmen treffen, die mitbieten möchten. Es sind kurze Firmenporträts einsehbar, mit Qualifikationen und Referenzen. Aber am wichtigsten sind die Benotungen durch die Nutzer. „Nur deshalb bin ich überhaupt noch dabei“, sagt Wichert. Viele Kunden schauen sich nur seine Bewertungen an – 22 hat er und alle sind positiv – und vergeben ihre Aufträge gleich direkt an ihn.

In der ersten Phase der Entwicklung galt die Regel, dass nach Ablauf jeder Auktion der Bieter mit dem niedrigsten Preis automatisch den Zuschlag bekam. Das haben die meisten Auktionshäuser geändert. Nun kann der Kunde zwischen den Geboten wählen. Davon profitieren seriöse Firmen wie „raumideen03“, dahinter versteckt sich Christian Jende, Raumausstatter aus Potsdam. Bisher hat er nur acht minder lukrative Aufträge direkt aus dem Internet bekommen, aber „es ergeben sich meistens Folgeaufträge, die viel größer sind. Die Auktionen kann man prima nutzen, um neue Kunden zu gewinnen.“

Nach einer Studie des Instituts für Wirtschaftsinformatik der HU profitieren vor allem die Endkunden von den neuen Plattformen. Anders als bei Ebay, wo sich die Käufer häufig im Auktionsfieber verzocken und zu hohe Preise zahlen, stehen sie bei den Handwerksplattformen in der Regel auf der Gewinnerseite. Das Geschäftsmodell sei „zukunftsträchtig“, so die Autoren der Studie. Deshalb erweitern die Auktionshäuser laufend ihr Angebot. Bei Jobdoo.de werden seit kurzem Schönheits-OPs und „künstliche Befruchtungen“ versteigert. Übersetzer werden gesucht, Nachhilfelehrer für Mathe oder Jobber für den Winterdienst. Bei Letsworkit.de ist gerade eine spannende Auktion angelaufen: Gesucht wird eine „Produktionsassistentin für erotisches Buchprojekt“, Startpreis: 500 Euro. Im Anforderungsprofil heißt es: „Nur Mut, meine Damen.“

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