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Immobilien: Der Energiepass: Jetzt wollen es die Leser wissen

Große Resonanz auf Telefonaktion des Tagesspiegels Die Regeln sind kompliziert, die Unsicherheit groß

Mit so großer Resonanz hatte niemand gerechnet. Nicht wir in der Redaktion und nicht die Experten vom Berliner Mieterverein und vom Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU), die uns bei der Tagesspiegel-Telefonaktion unterstützten. Die Leitungen waren nur für ein Thema geschaltet: Den Energiepass, der seit 1. Juli für alle Wohngebäude bei Neuvermietung und Verkauf Pflicht ist.

Schon Stunden vor Beginn der Aktion klingelten die Telefone. Nach der offiziellen Startzeit war kaum noch ein Durchkommen für etliche Anrufer. Alle Leitungen waren ohne Unterbrechung belegt – an dieser Stelle bitten wir alle um Verständnis, die mit Ihrem Anliegen nicht durchkamen. Auf der nächsten Seite haben wir die interessantesten Fragen und Antworten zusammengestellt. Die Auswahl bestätigt eine aktuelle Umfrage des Portals immoscout24: Danach fühlen sich 84 Prozent der Deutschen schlecht über den Ausweis informiert. Zugleich gibt aber mehr als die Hälfte aller Befragten an, sie würden sich bei der nächsten Immobiliensuche auch nach dem Energieausweis richten.

Wer braucht einen Energiepass? Bin ich als Mieter ebenfalls dafür verantwortlich? Wie schnell droht mir ohne Ausweis ein Bußgeld? Was unterscheidet die Varianten Bedarfs- und Verbrauchsausweis? Darf ich zwischen beiden frei wählen? Welche Werte enthält der Energiepass? Und was sagt mir das Dokument als Mieter oder Käufer? Hilft es mir beim Energiesparen?

All diese Fragen wurden bei der Telefonaktion gestellt – und sie dokumentierte das Ausmaß an Verwirrung und Unsicherheit, die die Energieeinsparverordnung mit dem neuen Pflichtpapier gestiftet hat. Kaum jemand der Mieter und Eigentümer durchblickt Sinn und Nutzen des Ausweises, und von seiner Effizienz konnte er bisher wohl auch nicht jeden überzeugen. Insofern fühlen sich die Kritiker von Mieterverbänden und Fachleuten bestätigt. Sie glauben, der Energiepass erfülle seinen Zweck nur bedingt.

Besonders der Verbrauchsausweis, für den lediglich der Energiebedarf der letzten drei Jahre herangezogen wird, gilt eher als Alibi-Dokument, um der EU-Richtlinie und dem Gesetzgeber genüge zu tun. Informationen über die energetischen Eigenschaften eines Gebäudes (etwa über Alter und Zustand der Heizungsanlage oder die Qualität der Fenster) gibt er nicht. Auch mit welchen Mitteln, etwa einer zusätzlichen Dämmung, weniger Geld und Energie durch den Schornstein entweichen würden, kann der Verbrauchsausweis nicht detailliert verraten. Mehr bietet da schon der Bedarfsausweis. Er nämlich bewertet auch Bausubstanz und Technik eines Hauses und enthält darüber hinaus Tipps, was modernisiert werden sollte, um die Energiebilanz zu verbessern.

Auskunft über den Verbrauch und die Energiekosten einer einzelnen Wohnung geben beide nicht. Kritiker beklagen, dass das Vierseitenpapier besonders für Laien wenig transparent ist. Mieterverbände hatten vorgeschlagen, die Werte in Energieeffizienzklassen – so, wie man es von neuen Haushaltsgeräten kennt – abzubilden. Ohne Erfolg. Ein weiterer Minuspunkt für den Klimaschutz: Für die Wahlfreiheit zwischen den Ausweisen wird nicht die aktuelle Energiesparverordnung von 1995, sondern die wesentlich weichere Variante von 1977 angesetzt. Den Verbrauchsausweis dürfen nach einer Frist (bis 30. September) nur Eigentümer größerer und nach 1978 gebauter Gebäude wählen.

Experten, Hausverwaltungen und Eigentümer berichten zudem von ersten Erfahrungen mit den Ausstellern der Ausweise, sprich: Architekten, Bauhandwerkern und Ingenieuren. Die ermittelten nämlich mehr als einmal unterschiedliche Werte für den Energiepass – für ein- und dasselbe Objekt. Die Deutsche Energieagentur (Dena) will deshalb bald ein Gütesiegel für den Energiepass einführen. Ein Kontrollinstrument für das Kontrollinstrument gewissermaßen. So wird's wohl bald noch komplizierter für den Endkunden. Jedenfalls soll der Aussteller, um das Gütesiegel zu erhalten, bestimmte Standards erfüllen und nachweisen, wie er bei der Ermittlung der Werte für den Ausweis vorgeht.

Wie viele Pässe bisher ausgestellt wurden, kann die Dena nicht sagen. „Das läuft dezentral und die Dokumente sind nicht nummeriert“, so ein Mitarbeiter. Für Hauseigentümer und Mieter wird der Energiepass wohl vorläufig bleiben, was Kritiker bisher vermutet haben: eine nur sehr wage Information über den energetischen Zustand ihres Hauses.

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