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Neuer Hausboom in den USA. In Gilbert, Arizona werden neue Wohnviertel errichtet.

© Justin Sullivan/Getty Images/AFP

Der Markt wird heiß: Immobilienkrise adé

Amerikaner kaufen wieder Häuser. Die Banken vergeben Kredite und die Zinsen sind im Keller. Doch die Preise steigen schnell.

Vor einem halben Jahr noch hingen düstere Wolken über dem US-Immobilienmarkt. Auch drei Jahre nach dem Ende der schwersten Rezession seit dem Zweiten Weltkrieg verkauften sich die Häuser zwischen Alaska und Florida schleppend – und meistens sehr deutlich unter ihrem früheren Anschaffungswert. Die Immobilienblase war 2006 und 2007 mit einem solch lauten Knall geplatzt, dass der Schreck den potenziellen Käufern und Banken nachhaltig tief in den Gliedern hing. Kredite waren schwer zu bekommen – und das Überangebot an Häusern kaum zu überblicken.

Doch plötzlich ist vieles anders. In diesem Frühling scheint der Immobilienmarkt eine Renaissance zu erleben, von der Politiker und Notenbanker seit langem träumen. Die ökonomischen Daten zeigen nach oben: Die Verkaufszahlen steigen, die Preise legen zu wie seit 2006 nicht mehr, die Rate der Hausbesitzer im Vergleich zu Mietern nimmt wieder zu, die Bauindustrie zieht an, Kreditfinanzierer und Heimwerkermärkte melden richtig gute schwarze Zahlen. „Der Immobiliensektor hat sich weiter verbessert“, schreibt sogar die vorsichtige Notenbank Fed in ihrem neuesten Bericht.

Die guten Nachrichten machen viele Bürger euphorisch. 79 Prozent sagen laut einer Umfrage des US-Fernsehsenders CNBC, dass der Hausbesitz „ein wichtiger Teil des amerikanischen Traums“ ist – so viele wie sei drei Jahren nicht mehr. 69 Prozent meinen, Kaufen ist besser als Mieten. Und so verhalten sie sich auch. Der Bestand an verkäuflichen Häusern ist auf einem 20-Jahres-Tief. Im Landesdurchschnitt liegen die Preise rund zehn Prozent über dem Vorjahreswert. „Eine Menge Leute realisieren: Wenn ich mitmachen will, dann mache ich am besten jetzt mit“, sagt der US-Ökonom Christopher Thornberg.

Die Gründe sind vielfältig: Nicht nur sind die Preise im Vergleich zu 2006 immer noch relativ niedrig, auch die Zinsen befinden sich im Keller. Ein kreditwürdiger Käufer kann sich derzeit Hunderttausende Dollar leihen und dafür 30 Jahre lang einen Festzins von 3,5 Prozent sichern. Ende 2008 hätte er – wenn die vorsichtigen Banken ihm überhaupt etwas geborgt hätten – mehr als sechs Prozent berappen müssen. Möglich gemacht hat das Schnäppchen die Fed mit ihrer faktischen Nullzinspolitik, die sie noch durch massenhafte Anleihekäufe verstärkte. Laut Experten erhöhte sich dadurch die Kaufkraft von Immobilienkäufern um ein Drittel.

„Die zinsempfindlichen Bereiche, vor allem Immobilien und Autos, schalten in einen höheren Gang“, sagt der Chefökonom von Moody's Analytics, Mark Zandi. Die Billiggeld-Strategie von Notenbankchef Ben Bernanke gehe allmählich auf, was sich auch bald auf den Jobmarkt auswirken werde. Denn die positive Entwicklung sei noch am Anfang, wie auch andere Volkswirte meinen. Viele Grundbesitzer würden noch abwarten, ihr Haus auf den Markt zu bringen, bis die Preise an die früheren Werte heranreichten. In vielen Märkten liegen sie immer noch haarsträubende 30 Prozent darunter. Skeptiker sehen die USA angesichts der Beschleunigung am Rand einer Immobilienblase. Dafür, dass andere Wirtschaftsbereiche sich noch nicht erholt hätten und die Arbeitslosenquote von 7,6 Prozent alles andere als ökonomische Gesundung signalisiere, wachse der Immobilienmarkt zu schnell, meinen sie. Doch viele Experten widersprechen: „Die Erholung ist robust“, sagt John Burns, Chef einer US-Immobilienberatungsfirma dem „Wall Street Journal“. Dafür sprächen die fundamentalen Daten eindeutig.

Sorge bereitet Beobachtern der schnelle Preisanstieg. Den bewirken derzeit auch gewerbliche Käufer, die Immobilien zu Dutzenden übernehmen, um daraus Mietobjekte zu machen oder sie mit einem saftigen Aufschlag zu veräußern. Sollten die Preissteigerungen so hoch bleiben, könnte es sein, dass viele Bürger den Traum vom Eigenheim wieder begraben müssen und der Markt sich neuerlich abkühlt. (dpa)

Marco Mierke

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