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Immobilien: Deutsche Einkaufszentren brauchen Frischekur Fast die Hälfte aller Center muss moderner werden – und sich auf neue Kundengruppen einstellen

Sie sind kaum zu übersehen in der Steglitzer Schloßstraße: die Einkaufstüten des irischen Textildiscounters Primark. Seit letztem Jahr verkauft er im Schloss-Straßen-Center mit großem Erfolg seine günstige Kleidung.

Sie sind kaum zu übersehen in der Steglitzer Schloßstraße: die Einkaufstüten des irischen Textildiscounters Primark. Seit letztem Jahr verkauft er im Schloss-Straßen-Center mit großem Erfolg seine günstige Kleidung. Damit er passende Ladenflächen fand, musste das erst 2007 eröffnete Einkaufszentrum aber zunächst einmal aufwendig umgebaut werden – Refurbishment oder Revitalisierung, sagen Einzelhandelsexperten dazu.

Dass ein Einkaufszentrum schon vier Jahre nach seiner Eröffnung grundlegend umstrukturiert wird, ist zwar die Ausnahme. Insgesamt aber ist der Refurbishment-Bedarf in Deutschland hoch. Schon 2010 ermittelten die Beratungsgesellschaft GMA und der Shopping-Center-Spezialist Sonae Sierra, dass fast die Hälfte der damals 414 deutschen Einkaufszentren dringend revitalisiert werden müssten. Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt eine aktuelle Untersuchung des niederländischen Immobilienunternehmens Bouwfonds Investment Management: Danach müsste in Deutschland eine Shopping-Center-Fläche von 7,2 Millionen Quadratmetern modernisiert werden. Nimmt man eine durchschnittliche Fläche von 25 000 Quadratmetern pro Objekt an, so entspricht dies knapp 300 Einkaufszentren.

Immer mehr Shopping-Center sind in die Jahre gekommen. Laut einer Studie der Deutschen Hypothekenbank (Deutsche Hypo) wurden fast zwei Drittel aller deutschen Einkaufszentren vor dem Jahr 2000 erbaut. Dabei sind die Erneuerungszyklen im Einzelhandel ausgesprochen kurz: „Allein von 2003 bis 2010 sind die Renovierungszyklen über alle Einzelhandelsformate hinweg von durchschnittlich neun auf sieben Jahre gesunken“, hält die Deutsche Hypo fest.

Zur Beschleunigung hat nach Einschätzung von Martin Eberhardt, Geschäftsführer von Bouwfonds Deutschland, der E-Commerce beigetragen. „Die steigende Bedeutung des Onlinehandels führt dazu, dass der stationäre Handel mit einer erhöhten Aufenthaltsqualität und Erlebnisorientierung punkten muss“, sagt er. Verstärkt werde diese Entwicklung durch den demografischen Wandel: Während viele Einkaufszentren heute auf Mode für junge Leute spezialisiert seien, müssten sie sich künftig stärker an den Wünschen der Älteren orientieren. Und weil Senioren viel Zeit hätten, gelte es, ihnen einen angenehmen Aufenthalt zu ermöglichen.

Ein dritter Treiber ist der Trend zur Nachhaltigkeit, also zu hoher Energieeffizienz und geringen Betriebskosten. „Ein nachhaltiges Center“, so die Experten der Deutschen Hypo, „verspricht steigende Mieten, weniger Leerstände, geringere Risiken, verbesserte Mieterbindung und damit eine Wertsteigerung der Immobilie.“ Die umgekehrte Entwicklung drohe ohne Modernisierung: „Fehlende Investitionen können einen Teufelskreis aus mangelnder Umsatzperformance, Auszug von Mietern, Leerständen, Mietausfällen und Wertverlust auslösen.“

Vor welchen Herausforderungen Eigentümer stehen, zeigt sich auch in Berlin und Brandenburg. Vor wenigen Wochen reichte die Hamburger Investmentgesellschaft HIH in Frankfurt (Oder) den Bauantrag für die Revitalisierung und Erweiterung des 1999 eröffneten Südring-Centers ein. Die Maßnahmen seien „elementar“, um die Ansiedlung des Elektronikhändlers Mediamarkt zu ermöglichen und die Zukunft des Centers zu sichern.

Bereits abgeschlossen ist die Revitalisierung des A10-Einkaufscenters in Wildau im Süden Berlins, in die der Eigentümer (der M-Dax-Konzern Deutsche Euroshop AG) und der Betreiber (der Branchenriese ECE) rund 60 Millionen Euro investierten. Teuer waren auch die Umbauten von zwei betagten Berliner Einkaufszentren: Das Märkische Zentrum in Reinickendorf und das Forum Steglitz in der Schlossstraße wurden vor einigen Jahren mit Millionenaufwand modernisiert.

An Kapital hierfür mangelt es nicht, meint Bouwfonds-Chef Eberhardt. Denn deutsche Einzelhandelsimmobilien sind bei Investoren gefragt, wie Jan Linsin bestätigt, Research-Chef des Maklerunternehmens CBRE Deutschland: „Gut vermietete und einkommensgenerierende Handelsimmobilien gehören unverändert zu den besonders begehrten Asset-Klassen, insbesondere im Segment des großflächigen Einzelhandels.“

Allerdings suchen die meisten Investoren keine Problemfälle, sondern moderne Zentren in guter Lage mit zahlungskräftigen Mietern. Von diesen Schmuckstücken gibt es jedoch nicht viele, und von den vorhandenen wollen sich die Eigentümer selten trennen. Hier könnte laut Eberhardt der Weg darin bestehen, attraktiv gelegene Objekte auf Vordermann zu bringen und so das begehrte Premiumprodukt neu zu schaffen. Ob die Rechnung aufgeht, wird sich zeigen: Bouwfonds sucht momentan Großinvestoren für einen Fonds, der das eingesammelte Geld in revitalisierungsbedürftige Einkaufszentren in Deutschland und Europa investieren soll.

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