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Immobilien: Die Anleger kommen

In Griechenland sind Zweitwohnsitze sind zur Zeit zu einem Bruchteil des einstigen Preises zu erstehen.

Georg Petras ist wieder im Geschäft. Der Immobilienmakler und Chef der Engel & Völkers-Niederlassung auf der griechischen Ferieninsel Rhodos hat in diesem Jahr bereits doppelt so viele Grundstücke und Ferienhäuser verkauft wie im Vorjahr. In den Krisenmonaten Mai und Juni 2012, als das Land ohne Regierung war, deutete nichts auf ein umsatzstarkes Jahr hin. Im Gegenteil.

Damals hatte das Telefon des Deutschgriechen oft stundenlang still gestanden. „Erst mit dem pro-europäischen Wahlergebnis Ende Juni haben die Käufer wieder Vertrauen in den Wohnimmobilienmarkt aufgebaut“, berichtet Petras. Seitdem herrscht im Büro des in Stuttgart aufgewachsenen Maklers geschäftiges Treiben: 50 Prozent mehr Anfragen als im ersten Halbjahr 2011 registrierte er. Jetzt müssen Verträge aufgesetzt und Grundbucheinträge vorbereitet werden. „Es gibt wieder viel zu tun“, erzählt Petras. „Wir sind mit einem blauen Auge davon gekommen.“

Gekauft haben in den vergangenen zwei Monaten Deutsche, Österreicher, Schweizer, Italiener und Belgier. In einer neuen Ferienhaussiedlung auf Rhodos hat Petras innerhalb von zehn Tagen sechs Objekte verkauft. „Bei den ersten beiden Transaktionen hat der Bauträger noch Preisnachlässe von bis zu zehn Prozent gewährt“, konstatiert der Vermittler. „Das ist jetzt vorbei.“ Die Preise stabilisieren sich derzeit auf der Ägäis-Insel. Seine internationale Kundschaft setzt sich zu einem großen Anteil aus wohlhabenden Europäern zusammen, die ein sicheres Heim für ihre Euros suchen. Auf griechische Kaufinteressenten wartet Petras weiter vergeblich: Vielen Landsleuten fehle das Geld und die Banken geben für Immobilien keine Kredite.

Auf dem griechischen Festland, zum Beispiel in den großen Städten Athen und Thessaloniki, liegen die Preise für Wohnungen und Häuser derzeit etwa zwölf Prozent unter dem Niveau, das sie vor dem Jahr 2004 – also vor dem Preisboom – hatten. Den Grund nennt der Hamburger Immobilienexperte Nikolaos Tavridis: „Viele Griechen trennen sich von ihren teuren Stadtwohnungen oder Zweitwohnungen am Meer, um von dem Erlös besser über die Runden zu kommen.“ Auch Büro- und Handelsimmobilien hätten stark an Wert verloren. „Wir stehen wahrscheinlich unmittelbar vor der Talsohle“, vermutet Tavridis, der einst Berater des griechischen Gesundheitsministers war. Eine sehr positive Prognose gibt er für Hotels ab, die derzeit auch günstig zu haben sind: „Der Tourismus wird in Griechenland eine stabile Größe bleiben.“ Schnäppchen könnten aktuell auch Privatleute machen, indem sie einen der vielen Zweitwohnsitze der Griechen zu einem Bruchteil des einstigen Preises erstehen – Meerblick inklusive. Die Gunst der Stunde nutzten vor allem Schweizer, die durch den starken Franken noch weniger berappen müssen als EU-Bürger.

Mit Preisen zwischen 30 000 und 50 000 Euro für Grundstücke im Hinterland und 250 000 bis 400 000 Euro für Bauland direkt am Meer gehört Griechenland derzeit zu Europas preiswertesten Pflastern. Die Mindestgröße für Bauland liegt in Hellas übrigens bei 4000 Quadratmeter. Für den Neubau eines Ferienhauses muss man zusätzlich etwa 100 000 Euro kalkulieren. Verkäufe sind allerdings oft mit langwierigen Genehmigungen und juristischen Unsicherheiten verbunden.

Auf Rhodos, wo gerade eine Delegation von deutschen Bau- und Tourismusunternehmern zu Besuch war, herrscht weiter Aufbruchstimmung. „Die Schnäppchenjagd ist vorbei“, konstatiert Georg Petras. Auf Rhodos sind derzeit extrem günstige Flurstücke nur in B- und C-Lagen zu haben. Eine Villa mit Meerblick sei für 500 000 Euro aber erschwinglich – und damit immer noch deutlich billiger als Häuser auf den Ballearen oder den Kanaren. In dieser Saison registrierte der Flughafen auf Rhodos mehr als eine Millionen Passagiere. Auf Kreta waren es genauso viele, „aber die Insel ist fünfmal so groß“.

Eine Immobilienkrise wie in Spanien bleibt den Hellenen übrigens erspart, zum einen weil die Banken mit Immobilienfinanzierungen sehr vorsichtig sind, und zum zweiten weil Athen Zwangsversteigerungen verboten hat. Petras: „Notverkäufe gibt es zwar auch bei uns, aber sehr selten.“ Der Makler schätzt am griechischen Immobilienmarkt, dass trotz Schuldenkrise keine Ramschmentalität vorherrscht. Im Gegensatz zu den spanischen Urlaubsregionen stecke in der Südägäis noch viel Potential. Viele Inseln und der Großteil der Strände sind unverbaut. Ein weiterer Trumpf der griechischen Inseln mit italienischer Vergangenheit ist das funktionierendes Grundbuchwesen mit exakten Angaben – ähnlich wie in Deutschland. In den kommenden Jahren soll auch in den anderen Regionen Griechenlands ein Katasteramt eingeführt werden. Experten rechnen aber nicht vor 2017 mit der Umsetzung dieses Projekts.

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