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Immobilien: Die Dosierung macht’s

Vollwaschmittel oder Wasserenthärter - beides verhindert Kalkablagerungen

Die Waschmaschine ist nach langem dauerhaftem Einsatz hin, eine Reparatur lohnt nicht mehr. Eine gute Gelegenheit, einen Blick ins Innenleben zu tun, um sich die erwarteten Kalkablagerungen anzuschauen. Doch erstaunlicherweise sind kaum Spuren des lästigen Begleiters unseres Wassers während ihrer 18-jährigen „Dienstzeit“ zu finden. Die Carbonate, also die Salze der Kohlensäure, haben ihr nicht geschadet. Lag es am Vollwaschmittel? Oder hat es sich vielleicht doch gelohnt, alle vier bis fünf Waschvorgänge ein Schäufelchen Wasserenthärter extra beizufügen? Wer die Zusammenhänge verstehen will, muss sich ein wenig mit Chemie befassen.

Kalk ist ein Stoff mit vielen Gesichtern. Gefährlich für unsere Waschmaschine können die Salze der Kohlensäure, die Carbonate werden. Im Trink- und Brauchwasser kommt das Calciumcarbonat (CaCO3) in gelöster Form als so genanntes Hydrogen- oder Bicarbonat vor. Dessen Entstehung ist leicht erklärt: Luft enthält Kohlendioxid (CO2). Wenn Regen durch Luft fällt, nimmt ein Teil des Wassers das CO2 auf, es entsteht Kohlensäure. Im Boden löst dann die Säure mineralhaltiges Gestein, zieht das Calcium heraus und schon ist es als Calciumbicarbonat im Grundwasser.

Das im Haushaltswasser gelöste Bicarbonat ist unsichtbar. Erst wenn durch Wärmezufuhr – wie eben beim Waschen – die Kohlensäure aus der Lösung getrieben wird, entsteht Calciumcarbonat, Und das bildet gerade dort eine harte Kruste, wo es am heißesten zugeht, beispielsweise am Boden eines Wasserkochers oder an den Heizspiralen einer Waschmaschine. In großen Heizkesseln bildete es sich – bevor man das Wasser dafür aufbereitete – als Kesselstein.

Gelöstes Calcium (und das in weit geringeren Mengen vorkommende Magnesium) macht das Wasser „hart“, was Waschvorgänge beeinträchtigen kann. Denn herkömmliche einfache Seife verändert mit zunehmender „Härte“ des Wassers ihre Zusammensetzung. Es entsteht „Kalkseife“, die keine Waschkraft mehr hat. Das merkt man daran, dass die Seife sehr viel schlechter schäumt als in „weichem“ Wasser. Woher der Begriff „hartes“ oder „weiches“ Wasser stammt, ist übrigens nicht eindeutig geklärt. Eine Deutung geht darauf hinaus, dass sich Wäsche hart anfühlt, wenn die zusätzlichen Kalkfrachten nebst übrig gebliebenen Schmutzpartikeln an den Textilfasern hängen bleiben.

Heutige Waschmittel enthalten zwar synthetische Reinigungsstoffe (Tenside), die selbst nicht mehr anfällig für Calcium und Magnesium sind, dennoch: Die Metall-Ionen erschweren das Entfernen des Schmutzes von der Oberfläche der Wäsche. Grund genug jedenfalls, um dem Waschmittel Stoffe beizugeben, die die Calcium- sowie die Magnesium-Ionen im Waschwasser so fest binden, dass sie keinen Schaden mehr anrichten können. Früher wurden dafür die Phosphate eingesetzt, die sich aber als schädlich für die Umwelt herausstellten, inzwischen wird diese Aufgabe vorrangig von den Zeolithen übernommen. Und das sind mineralische Stoffe (Natrium-Aluminium-Silicate), die als Ionen-Austauscher wirken: Sie geben Natrium-Ionen ab und fangen dafür die des Calciums und des Magnesiums ein. Die Natrium-Ionen wiederum verlassen ebenso wie die Zeolithe mit dem Waschwasser problemlos die Maschine.

Dieses Prinzip muss übrigens im Geschirrspüler besonders präzise angewandt werden, denn hier sind Kalkflecken sofort an Gläsern zu sehen. Weil der Ionen-Austauscher im Lauf der Zeit sein Natrium abgibt, muss er immer wieder neues Regeneriersalz erhalten.

Doch zurück zur Waschmaschine. Braucht sie die Extraportion Wasserenthärter? Glaubt man den Herstellern der Zusatzmittel, wird jede Maschine, die es nicht bekommt, alsbald zum „Auslaufmodell“. Schlägt man jedoch im Internet auf entsprechenden Seiten nach, stößt man auf Ratschläge, wonach ein Löffelchen Essig als Zusatz empfohlen wird. Stimmt, auch Essigsäure kann es mit ganz leichten Portionen Kalk aufnehmen – aber ob der Pulli nachher besser riecht? Andere Informationsanbieter sind gar der Meinung, man könne auf die Enthärter (bis auf sehr seltene Ausnahmen) völlig verzichten.

Die Wahrheit liegt – wie meistens – irgendwo in der Mitte. Und das „irgendwo“ ist örtlich zu nehmen. Es gibt nämlich regional große Unterschiede bei der Wasserhärte. Da kann die Nachfrage beim Versorgungsunternehmen der Gemeinde helfen, sofern das Haus nicht in wechselnden Anteilen von unterschiedlichen Werken beliefert wird, die an verbundenen Leitungen hängen. Dann kann es immer mal kleinere, aber letztlich unerhebliche Schwankungen geben. Das bestätigt für Berlin auch Dietmar Petersohn, Laborleiter der Berliner Wasserbetriebe.

Bis vor kurzem war die Wasserhärte nach der deutschen Skala in vier Bereiche eingeteilt. Sie spannten sich von „weich“ (0 Grad deutsche Härte) bis „sehr hart“ (über 21 Grad dH) – jetzt gelten EU-weit nur noch drei. Immerhin kann man trotz Neuregelung den individuellen Waschmittelbedarf dennoch anpassen: Denn auf den Waschmittelverpackungen müssen die drei Bereiche und die jeweils entsprechende Pulvermenge angegeben sein. Genauere Informationen braucht man für den Haushalt nicht. Und wer speziellen Interessen nachgeht, sich zum Beispiel ein Aquarium hält, findet im Zoogeschäft präzise Messgeräte.

Härteres Wasser erfordert also mehr Waschpulver und das bedeutet mehr Kalkbinder – aber auch mehr Bleichmittel und mehr Tenside (das sind ja die Wirkstoffe, die den Schmutz lösen, also der Seife entsprechen). Einzelne Angebote dieser Bestandteile, die vom Verbraucher selbst nach dem Baukastensystem angewandt werden müssen, sind nicht sehr erfolgreich, zumal sie eben nicht so bequem zu handhaben sind wie Vollwaschmittel.

Also: Zusatzenthärter – ja oder nein? Es läuft wohl in den meisten Fällen auf ein Rechenexempel hinaus, das jeder für sich (und sein Wasser) austüfteln muss. Bei hartem Wasser kann man am Waschmittel etwas sparen, wenn man zum Zusatz greift. Aber auch die Extraportion Enthärter gibt es nicht gratis.

Gideon Heimann

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