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Immobilien: Die Grenzen der Bezahlbarkeit

Es gibt sie wieder: freie Wohnungen.Das zumindest bemerkt, wer gelegentlich im Immobilienteil der Tageszeitungen stöbert.

Es gibt sie wieder: freie Wohnungen.Das zumindest bemerkt, wer gelegentlich im Immobilienteil der Tageszeitungen stöbert.Doch erst wer genau hinschaut, stellt fest: Die meisten Angebote liegen jenseits des Etats eines Normalverdieners.Angemessen preiswerter Wohnraum mit vernünftiger Ausstattung ist so schwer zu finden wie eh und je.Dies zwingt so manchen Wohnungssuchenden, der sich räumlich verändern will (oder dazu gezwungen ist), seinen Namen unter Mietverträge mit allzu hohen Mietpreisen zu setzen.

Eine Vorschrift indes sollten Mieter und Vermieter von preisfreien Wohnungen kennen: den Paragraphen fünf des Wirtschaftsstrafgesetzes (§ 5 WiStG).Sein Kern: Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder leichtfertig für die Vermietung von Wohnräumen oder damit verbundenen Nebenleistungen unangemessen hohe Entgelte fordert, sich versprechen läßt oder annimmt."Unangemessen hoch" sind Mieten, die unter Ausnutzung eines geringen Angebotes an vergleichbaren Räumen die ortsüblichen Mieten "nicht unwesentlich" übersteigen.In der Praxis wurde dazu die sogenannte Wesentlichkeitsgrenze eingeführt.

Als Faustformel gilt: Mieten, die mehr als 20 Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen, sind "unangemessen hoch".Wer höhere Mieten nimmt, riskiert ein Bußgeld bis zu 100 000 Mark.Der Berliner Mieterverein hat 1996 in immerhin mehr als der Hälfte von fast 5000 überprüften Mietverträgen festgestellt, daß die Miete mehr als 20 Prozent über den Werten des Mietspiegels lag.Zwei Jahre zuvor betrug die Quote über 75 Prozent, die diesjährige Überprüfung ist noch nicht abgeschlossen.

Doch der Nachweis einer Mietpreisüberhöhung nach dem WiStG hat seine Tücken, muß doch der Tatbestand des "geringen Angebotes an vergleichbaren Wohnungen" vorliegen.In Berlin, einem Gebiet mit erhöhtem Wohnbedarf, ist diese Voraussetzung meist erfüllt.Allerdings vermochte demgegenüber das Landgericht Berlin jüngst in einem Fall die Ausnutzung geringen Angebotes nicht festzustellen, da es sich bei der fraglichen Wohnung um keine "mit normaler Ausstattung in normaler Lage" handelte.Das Objekt befand sich vielmehr in einem "außergewöhnlich repräsentativen Gebäude in besonders bevorzugter Lage".Der Mieter war ursprünglich bereit, immerhin monatlich netto 5000 Mark dafür zu zahlen, ehe er sich auf das Wirtschaftsstrafrecht besann, gegen diesen Preis vor den Kadi zog und dort unterlag (LG Berlin Az.61 S 388 / 97).

Jedoch liegt nicht in jedem Fall zwangsläufig bereits dann eine Mietpreisüberhöhung vor, wenn die Miete die ortsübliche Vergleichsmiete um mehr als 20 Prozent übersteigt.In Ausnahmefällen nämlich liegt diese Wesentlichkeitsgrenze bei 50 Prozent, wenn der Vermieter mittels einer Wirtschaftlichkeitsberechnung nachweisen kann, daß der geforderte Mietzins zur Deckung der laufenden Aufwendungen für die Bewirtschaftung des Grundstücks notwendig ist.Dies allerdings gilt nur bei Neubauten, die nach dem 1.Januar 1991 bezugsfertig wurden, sowie bei Altbauten, bei denen der Vermieter zum Stichtag 1.September 1993 nachweisen kann, daß die 20prozentige Wesentlichkeitsgrenze rechtmäßig überschritten werden durfte.

Wer nach eingehender Überprüfung seiner Miete festzustellen glaubt, daß der zu zahlende Mietzins den Tatbestand der Mietpreisüberhöhung erfüllt, sollte sich mietrechtlich beraten lassen.Zuständig zur Verfolgung solcher Ordnungwidrigkeiten ist dann das bezirkliche Wohnungsamt.Dort kann man unter Vorlage einer Kopie seines Mietvertrages sowie Mieterhöhungsschreiben Anzeige erstatten.Das Verfahren ist kostenlos, kann aber mangels Personal in den Ämtern eine ganze Weile dauern.Gleichzeitig sollt man beantragen, daß zuviel gezahlte Miete erstattet wird (§ 9 WiStG), was jedoch in der Regel auf zivilrechtlichem Weg eingeklagt werden muß.Der Anspruch verjährt nach Ablauf von vier Jahren.Wird eine Mietpreisüberhöhung festgestellt, hat der Mieter Anspruch auf Senkung des Mietzinses auf die Wesentlichkeitsgrenze.

Der Paragraph 5 ist nicht anwendbar auf Sozialwohnungen - hier wird die Miethöhe gesetzlich festgelegt -, sowie in Ein- und Zweifamilienhäusern.Strafbar macht sich ein Vermieter, wenn er unter vorsätzlicher Ausnutzung einer Zwangslage des Mieters eine Miete verlangt, die die ortsübliche Vergleichsmiete um mehr als 50 Prozent übersteigt.Damit ist der Tatbestand des Mietwuchers erfüllt (§ 302a StGB).Das allerdings ist dann nicht mehr Sache des Wohnungsamtes, sondern der Staatsanwaltschaft.

Gerichtsentscheidungen zum Thema

Eine Mietpreisüberhöhung nach § 5 WiStG scheidet für Luxuswohnraum aus; geschützt werden nach dieser Vorschrift nur Bezieher von Minimaleinkommen.(AG Tempelhof-Kreuzberg, Az.19 C 243 / 97, in: Das Grundeigentum 5 / 98, S.299.) Eine Mietpreisüberhöhung kommt nur für billigen Wohnraum in Betracht, da im übrigen keine Mangellage vorliegt.(AG Tempelhof-Kreuzberg, Az.19 C 175 / 97, in: Das Grundeigentum 5 / 98, S.300.) Der Wohnraummangel an preisgünstigem Wohnraum in Berlin auch nach der Vereinigung ist gerichtsbekannt, so daß bei der Prüfung einer Mietpreisüberhöhung in der Regel von "einem geringen Wohnungsangebot" im Sinne des § 5 WiStG ausgegangen werden kann.(LG Berlin, Az.65 S 206 / 96, in MieterMagazin 9 / 96, S.329.) Solange in Berlin ein Zweckentfremdungsverbot für Wohnraum besteht, ist objektiv ein nur geringes Angebot an verfügbarem Wohnraum im Sinne des § 5 WiStG vorhanden.(LG Berlin, Az.67 S 7 / 97, in: MieterMagazin 12 / 97, S.408.) Bei Luxuswohnungen muß der Mieter, der eine Mietpreisüberhöhung geltend macht, darlegen und beweisen, daß ein geringes Angebot vergleichbaren Wohnraums im Zeitpunkt des Mietvertragsabschlusses bestand.(AG Charlottenburg, Az.26a C 57 / 97, in: Das Grundeigentum 1 / 98, S.44.) Bei ausgebauten Dachgeschoßwohnungen liegt in Berlin kein geringes Angebot als Voraussetzung für eine Mietpreisüberhöhung nach § 5 WiStG vor.(AG Schöneberg, Az.17 C 692 / 95.) Der Mieter trägt die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen "eines geringen Angebots" im Sinne des § 5 WiStG.(AG Berlin-Schöneberg, Az.18 C 669 / 96.)

alo

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