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Der Wohnungsbau in Berlin zieht kräftig an. Projektentwickler dürfen mittlerweile nicht mehr auf Dumpingangebote der Baufirmen hoffen.

© Stephanie Pilick/dpa

Engpässe in der Baubranche: Generalunternehmer werden langsam knapp

Baufirmen haben in Berlin derzeit viel zu tun. Engpässe führen zu höheren Preisforderungen.

Wenn es nach den jüngsten Zahlen des Amtes für Statistik Berlin-Brandenburg geht, so ist die Stagnation beim Wohnungsbau in Berlin vorbei. Den Bau von gut 7100 Wohnungen genehmigten die Behörden in den ersten neun Monaten dieses Jahres, was einer Zunahme um nicht weniger als 40 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum entspricht. Gleichzeitig werden im Wochentakt neue Großprojekte bekannt: In der Charlottenburger Gervinusstraße will die Unternehmensgruppe Buwog-Meermann 75 Wohnungen errichten; die Groth-Gruppe hat den Bau von 120 Wohnungen in der Europacity nördlich des Hauptbahnhofs angekündigt; und Die Wohnkompanie plant 420 Miet- und Eigentumswohnungen neben der O2 World in Friedrichshain.

Doch ob alle Projekte pünktlich fertig werden, hängt nicht nur von der Nachfrage der Wohnungskäufer ab, sondern auch von den Kapazitäten der Baufirmen. Und da zeichnen sich erste Engpässe ab. Vor dem Hintergrund der anziehenden Bautätigkeit sei es nicht mehr einfach, einen Generalunternehmer zu finden, hieß es unlängst am Rande der Präsentation eines großen Wohnungsbauvorhabens. Ähnliche Erfahrungen machte die Charité, als sie einen Generalunternehmer für die Sanierung ihres Bettenhochhauses suchte: Nur wenige Angebote von Baufirmen gingen ein. Er sei überrascht gewesen, wie eng der Markt in der Baubranche sei, ließ sich Charité-Chef Karl Max Einhäupl zitieren. Entsprechend hat sich der Beginn der Sanierung verzögert.

„Ja, es wird allmählich ein bisschen eng“, bestätigt Hiltrud Sprungala, Geschäftsführerin des Bundesverbands Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen (BFW) Berlin/Brandenburg, der viele im Wohnungsbau tätige Unternehmen vertritt. Und auch David Eberhart, Pressesprecher des Verbands Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU), hört von zunehmenden Engpässen. Dramatische Ausmaße, sagt Eberhart, hätten diese zwar noch nicht angenommen. Bauherren bekämen mittlerweile aber weniger Angebote von Baufirmen und sähen sich mit höheren Preisforderungen konfrontiert.

Doch kann es wegen Engpässen zu Verzögerungen beim Wohnungsbau kommen? „Die Möglichkeit besteht prinzipiell“, antwortet Alexander Harnisch, Geschäftsführer der Projektentwicklungsfirma Diamona & Harnisch, die bis 2016 in Schlachtensee ein Neubauensemble mit 72 Eigentumswohnungen realisieren will. Allerdings, beeilt sich Harnisch zu versichern, habe sein Unternehmen diese Erfahrung noch nicht gemacht. Auch Günter Minge, Vorstand der CD Deutsche Eigenheim AG, hält Verzögerungen aufgrund von Kapazitätsengpässen im Baugewerbe für „durchaus möglich, insbesondere dann, wenn die Vergabe erst zu einem sehr späten Zeitpunkt erfolgt“. Für sein Unternehmen gelte: „Wir führen immer sehr frühzeitige Ausschreibungen durch und kümmern uns rechtzeitig um die Vergabe.“

Die Klage sei nicht nachvollziehbar

Als alteingesessener Bauträger habe man langjährige Partner und bekomme deshalb immer vernünftige Angebote, versichert auch Marc Wiese, Vorstand der Sanus AG. Das gilt laut Wiese unabhängig davon, ob man als Bauherr einen Generalunternehmer beauftragt – der die Baumaßnahme aus einer Hand durchführt und dabei mit Subunternehmern zusammenarbeitet – oder die Gewerke einzeln an kleinere Fachfirmen vergibt.

Ebenfalls gelassen zeigt sich Stephan Allner, Geschäftsführer des Unternehmens Die Wohnkompanie GmbH, das unter dem Projektnamen Max und Moritz 420 Wohnungen neben der O2 World in Friedrichshain plant. Die Wohnkompanie ist Teil der bundesweit tätigen Zech Group – und zu der gehört auch das Bauunternehmen Zechbau, das natürlich die Schwestergesellschaft bevorzugt bedient. Für andere Projektentwickler aber, bestätigt Allner, sei es schwieriger geworden, einen Generalunternehmer zu finden, und die Baupreise seien gestiegen.

Besonders heftig erwischte es die Peach Property Group bei ihren Vorzeigeprojekten „yoo Berlin“ und „Am Zirkus 1“ neben dem Berliner Ensemble. Weil der Generalunternehmer BSS Beton-System-Schalungsbau Insolvenz anmeldete, kam es zu einer deutlichen Verzögerung bei den Bauarbeiten an den beiden Zwillingsprojekten, in denen es luxuriöse Wohnungen, ein Hotel und Büroflächen geben soll. Der Bauherr musste die Koordination der Bauarbeiten selbst übernehmen und die Gewerke direkt an einzelne Handwerksfirmen vergeben. Als Folge davon zeichnen sich jedoch „markant höhere Baukosten“ ab, wie die Peach Property Group im Oktober mitteilen musste.

Grundsätzlich aber haben nach Ansicht von Axel Wunschel, Hauptgeschäftsführer des Bauindustrieverbandes Berlin-Brandenburg, Projektentwickler keinen Grund zur Beunruhigung. „Ich kann die Klage über Kapazitätsengpässe nicht nachvollziehen“, sagt er. Zwar habe der Wohnungsbau in der Region Berlin-Brandenburg im ersten Halbjahr 2013 sowohl beim Umsatz (plus 1,8 Prozent) als auch beim Auftragseingang (plus 21,2 Prozent) zugelegt; insgesamt – also inklusive Tiefbau und öffentlichem Bau – habe die Branche aber einen Umsatzrückgang von 4,9 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum zu verzeichnen. Dieser Rückgang in den anderen Segmenten, argumentiert Wunschel, erlaube es den Baufirmen, ihre Kapazitäten auf den Wohnungsbau zu verlagern.

Festzustellen sei somit eine Normalisierung. „Unsere Auftraggeber haben sich in der Vergangenheit an ein massives Auftragsnehmerüberangebot gewöhnt“, sagt Wunschel. Das habe sich geändert, und der Markt im Hochbau sei mittlerweile „weitgehend ausgeglichen“. Was man wohl auch so interpretieren kann: Auf Dumpingangebote der Baufirmen dürfen Projektentwickler mittlerweile nicht mehr hoffen.

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