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Wer sein Haus an die Kinder weitergeben und dabei steuerliche Vorteile ausnutzen will, sollte über eine Schenkung nachdenken.

© imago/Weiss

Erbrecht: Schenken oder Vererben – das ist hier die Frage

Wer seinen Besitz noch zu Lebzeiten überträgt, kann bares Geld sparen. Das lohnt sich besonders bei größerem Vermögen.

Eigentum verpflichtet. Und wer ein Leben lang gearbeitet hat, um beispielsweise sein Haus abzubezahlen, will es in der Regel mit wenig Steuerverlusten und ohne Streit an die Nachkommen weitergeben. „Wenn es nur um die Verteilung des Vermögens geht, kann das ein Testament regeln“, sagt Jan Bittler, Geschäftsführer der Deutschen Vereinigung für Erbrecht und Vermögensnachfolge (DVEV). „Wer allerdings steuerliche Vorteile ausnutzen will, sollte sich beraten lassen.“ Denn oft ist dann eine Schenkung sinnvoller.

Die Höhe des Steuersatzes hängt zunächst davon ab, in welcher Steuerklasse sich der Erbe befindet. „Grundsätzlich gilt: Je enger der Verwandtschaftsgrad, desto niedriger der Steuersatz“, sagt Isabel Klocke vom Bund der Steuerzahler. Ehegatten, Lebenspartner und Kinder befinden sich in der Steuerklasse I.

Je nach Höhe des geerbten Vermögens bewegen sich die Steuersätze dann zwischen sieben und 30 Prozent. „Geschwister sowie Nichten und Neffen gehören der Steuerklasse II an. Hier gibt es Steuersätze zwischen 15 und 43 Prozent“, sagt Klocke. Entfernte Verwandte oder Freunde müssen dagegen mit einem Steuersatz zwischen 30 und 50 Prozent rechnen.

Ehegatten und Lebenspartner können 500 000 Euro steuerfrei erben

Wer für das geerbte Vermögen oder das geerbte Haus Erbschaftsteuer zahlen muss, hat die Pflicht, den Erwerb innerhalb von drei Monaten dem Finanzamt zu melden. Bei einer Schenkung muss sowohl der Schenker als auch der Beschenkte das Finanzamt informieren, erklärt der Bund der Steuerzahler. Diese Pflicht entfällt, wenn das Erbe beziehungsweise die Schenkung innerhalb der Freibeträge liegen. Dann geht das Finanzamt häufig leer aus.

„Ehegatten oder eingetragene Lebenspartner können 500 000 Euro steuerfrei erben“, sagt Klocke. Bei Kindern beträgt der Freibetrag pro Kind 400 000 Euro. Geschwister des Verstorbenen erben bis zu 20 000 Euro steuerfrei. Zudem gibt es noch einzelne Versorgungsfreibeträge etwa für den überlebenden Ehegatten beziehungsweise Lebenspartner oder für minderjährige Kinder. Außerdem kann man eine Immobilie steuerfrei vererben, „wenn der Erbe in der vom Verstorbenen zuvor selbstgenutzten Immobilie mindestens zehn Jahre wohnt“, sagt Sophie Mecchia von der Stiftung Warentest.

Aber Vorsicht: „Wer nach einigen Jahren das geerbte Haus doch vermietet oder verkauft, muss nachträglich Erbschaftssteuer zahlen“, warnt Mecchia. Nur wer zwingende Gründe hat und beispielsweise als Pflegefall in ein Heim ziehen muss, kann die Selbstnutzung aufgeben, ohne dass nachversteuert wird.

Bei einer Schenkung kann der Freibetrag alle zehn Jahre erneut genutzt werden

„Wer ein größeres Vermögen hat, sollte über eine Schenkung nachdenken“, sagt Sophie Mecchia. Zwar gelten für den Beschenkten dieselben Freibeträge und Steuersätze wie für den Erben. Doch: „Der Vorteil einer Schenkung ist, dass der Beschenkte seinen Freibetrag mehrfach ausnutzen kann.“ Der Freibetrag steht ihm alle zehn Jahre erneut zur Verfügung. „Das heißt, größeres Vermögen kann in ‘Raten’ steuerfrei übertragen werden“, sagt Klocke.

Eine Schenkung bietet weitere Vorteile: Wer ein geerbtes Haus nach dem Tod seiner Eltern verkaufen will, muss auf die Testamentseröffnung warten. „Das kann teilweise Monate dauern. Bei einer Schenkung kann der Beschenkte die Immobilie sofort weiterverkaufen und umgeht damit viel Bürokratie“, sagt Mecchia.

Wenn der Schenker bis zum Lebensende die Immobilie bewohnen oder von den Mieteinnahmen profitieren will, kann er sich absichern, indem er sich ein Nießbrauchrecht oder ein Wohnrecht vorbehält. Diese Rechte werden ins Grundbuch eingetragen. Was sinnvoller ist, hinge vom Einzelfall ab, sagt Dominik Hüren, Pressesprecher der Bundesnotarkammer. Ein Wohnungsrecht könnte unter bestimmten Voraussetzungen von Vorteil sein, da Gläubiger des Schenkers darauf im Gegensatz zum Nießbrauchsrecht grundsätzlich nicht zugreifen könnten, sagt Hüren. Mit einem Nießbrauchrecht sichert sich der Schenker aber mehr Möglichkeiten. „Er kann dann beispielsweise die Immobilie bewohnen, vermieten oder auch gewerblich nutzen“, sagt Hüren.

Hauseigentümer sollten sich für den Notfall absichern

Zusätzlich sollte man immer ein Übergabevertrag aufsetzen, sagt Jan Bittler. Der Vertrag regelt beispielsweise, wer die Kosten für Reparaturen oder eine Instandhaltung übernehmen muss, oder, dass das Haus wieder an den Schenker zurückfällt, wenn der Beschenkte beispielsweise stirbt oder insolvent wird. Bittler rät, selbst genutzte Immobilien in der Regel bis zum Schluss zu behalten, um sich alle Rechte zu sichern. „Einmal verschenkt, kann man sie nur noch in Absprache mit dem Beschenkten veräußern, trotz Nießbrauchrecht.“

Hauseigentümer sollten eine notariell beglaubigte Vorsorgevollmacht abschließen, um sich für den Notfall abzusichern. „Der Bevollmächtigte darf dann das Haus schon zu Lebzeiten verkaufen, wenn der ursprüngliche Eigentümer sich nicht mehr äußern kann, aber das Geld beispielsweise für die Pflege gebraucht wird“, erklärt Bittler. Sonst könne man den Verkauf nur über ein Betreuungsgericht abwickeln, und das könne Monate dauern.

Eine wichtige Voraussetzung für eine Schenkung sei auch, dass die Vermögens- und Familienverhältnisse geklärt sind. „Das Haus sollte den Eigentümern nicht zur Altersvorsorge dienen, und die Familie sollte nicht heillos zerstritten sein“, sagt Mecchia. Außerdem mache eine Schenkung auch dann keinen Sinn, wenn das Haus noch nicht abbezahlt ist.

(dpa)

Isabelle Modler

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