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Erbschaft: Vererbt an die Geliebte

Muss die Ehefrau ausziehen, wenn der Ehemann stirbt – und sein Vermögen einer anderen vermacht?

WAS STEHT INS HAUS?

Vor kurzem starb mein Ehemann. Wir haben vor dreißig Jahren bei null angefangen und lebten in einer Zugewinngemeinschaft. Mein Mann war wirtschaftlich sehr erfolgreich und hatte während unserer Ehe mehrere Immobilien angeschafft, unter anderem ein Einfamilienhaus. Als das Testament eröffnet wurde, stellte sich heraus, dass mein Mann zehn Jahre eine Geliebte hatte. Diese hat er zur Alleinerbin eingesetzt. Sein Vermögen beträgt etwa eine Million Euro. Unsere beiden Kinder und ich sind enterbt worden. Was kann ich dagegen tun? Muss ich aus dem Haus ausziehen?

WAS STEHT IM GESETZ?

In Ihrem Fall könnte man an ein sogenanntes „Geliebtentestament“ denken. Dieses würde zu Sittenwidrigkeit und damit Unwirksamkeit führen, wenn die „Hergabe für die Hingabe“ erfolgte. Mit Blick auf die Dauer der Zweitbeziehung dürfte dies aber nicht zutreffen. Hätte Ihr Mann kein Testament hinterlassen, so wäre die gesetzliche Erbfolge eingetreten. Sie hätten dann einen Erbanteil von einem Viertel und ein weiteres Viertel als pauschalierten Zugewinn erhalten. Ihre zwei Kinder hätten ebenfalls je ein Viertel geerbt. Der Zugewinn wird an sich, zum Beispiel bei einer Scheidung, wie folgt berechnet. Vom Endvermögen jedes Ehepartners wird dessen Anfangsvermögen abgezogen (Ehemann: eine Million Euro minus null Euro gleich eine Million Euro; Ehefrau null Euro minus null Euro gleich null Euro) Ausgleichsanspruch besteht dann in Höhe der Hälfte der Differenz beider Zugewinne (in Ihrem Fall 500.000 Euro). Da Sie und Ihre Kinder von der Erbfolge ausgeschlossen sind, erhalten Sie lediglich einen Pflichtteil in Höhe der Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Hierbei handelt es sich um einen Anspruch auf Geld gegen die Geliebte. Sie erhalten einen Zahlungsanspruch in Höhe von einem Viertel, also 250.000 Euro, und Ihre Kinder von je einem Achtel, je 125.000 Euro. Die Geliebte wird Eigentümerin aller Immobilien, auch des Einfamilienhauses und könnte somit in das Haus einziehen. Sie muss aber aus dem Nachlass die Geldansprüche der Ehefrau, also Ihre und die der Kinder, auszahlen.

UND WIE STEHEN SIE DAZU?

Hier ist es ratsam, die Erbschaft auszuschlagen. Dann können Sie den tatsächlichen Zugewinn und den kleinen Pflichtteil verlangen. Der Zugewinn beträgt dann 500.000 Euro. Der kleine Pflichtteil beträgt ein Achtel des Nachlasses (Vermögen minus Zugewinn), also 62.500. Insgesamt erhalten Sie damit 562.500 Euro. Ihre Kinder erhalten jeweils nur ein Achtel des Nachlasses, also 62.500 Euro. Die Geliebte erhält den Rest und wird Eigentümerin der Immobilien. Sie wird wohl das Immobilienvermögen veräußern müssen, um alle Geldansprüche erfüllen zu können. Beachten Sie aber, dass die Ausschlagungsfrist für die Erbschaft nur sechs Wochen beträgt. Sie hätten sich diese Überraschung ersparen können, wenn Sie zum Beispiel einen Erbvertrag geschlossen oder besser noch einen Zugewinnausgleich zu Lebzeiten Ihres Mannes vorgenommen hätten.

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