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Der Kälte einen Korb geben. Durch sogenannte Wärmekörbe lässt sich – wie hier in Stuttgart Bad Cannstatt – geothermische Energie gewinnen. Damit die Rechnung am Ende wirklich positiv ist, darf die Wärmepumpe aber nicht zu viel Strom verbrauchen. Foto: Imago

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Erdwärme: Je länger die Leitung, desto kürzer die Rechnung

Um mit Geothermie Geld zu sparen, müssen Bauherren nicht zum Erdkern vorstoßen. Aber tief bohren sollten sie schon.

Erdwärme, auch als Geothermie bezeichnet, gehört wie Sonnen- und Windenergie zu den erneuerbaren Energiequellen. Sie lässt sich nach Angaben des Bundesverbandes Erneuerbare Energien (BEE) in Berlin an fast jedem Standort ohne großen baulichen Aufwand nutzen. Mit einer Wärmepumpe wird über im Erdreich versenkte Sonden die im Erdinneren vorhandene Wärme zutage gefördert und für die Gebäude-Wärmeversorgung genutzt.

Nach Zahlen des Bundesverbandes Geothermie (GtV) in Berlin gab es in Deutschland 2009 etwa 230 000 Immobilien, die über Wärmepumpen mit oberflächennaher Geothermie versorgt wurden. „Nach unseren Schätzungen kann davon ausgegangen werden, dass mehr als 80 Prozent der Anlagen im privaten Wohnbereich eingesetzt werden“, sagt GtV-Vorstandsmitglied Burkhard Sanner. Die übrigen Anlagen versorgten größere Wohnanlagen und Gewerbeimmobilien.

Bei der oberflächennahen Geothermie wird Erdwärme aus Tiefen bis 400 Metern genutzt. Je tiefer gebohrt wird, desto wärmer wird es: Laut GtV nimmt die Temperatur in Mitteleuropa um etwa drei Grad pro 100 Meter Tiefe zu. Doch extrem tief zu bohren ist bei Geothermie zum Heizen gar nicht nötig. Bei 100 Metern ist der Untergrund etwa elf bis zwölf Grad warm. Das reiche, um im Winter Gebäude über eine Wärmepumpe zu heizen. In 400 Metern Tiefe herrschen etwa 25 Grad, im Erdkern bis 6000 Grad. Die Wärme wird ständig an die Erdoberfläche transportiert.

„Diese in der Erde gespeicherte Energie ist nach menschlichen Maßstäben unerschöpflich“, so der GtV. Das meiste davon entweicht ungenutzt: „Die Erde strahlt täglich etwa viermal mehr Energie in den sie umgebenden Weltraum ab, als wir Menschen derzeit verbrauchen“, rechnet der Verband vor. Eine erschreckende Vorstellung, wenn man bedenkt, dass die Kosten für Wärme aus Gas und Öl unentwegt steigen.

Um die Erdwärme zutage zu fördern, kommen nach GtV-Angaben verschiedene Verfahren in Betracht. Zum Beispiel wird aus bis zu 20 Meter tiefen Brunnen Grundwasser nach oben gepumpt, um ihm Wärme zu entziehen. Eine andere Methode arbeitet mit Erdwärmekollektoren, die auf größeren Flächen in 1,5 Metern Tiefe verlegt sind. Dabei wird dem Erdreich mit einer Wärmepumpe und einer zirkulierenden Flüssigkeit Wärme entnommen. „Energiepfähle“ mit integrierten Wärmetauschrohren wiederum werden bei Neubauten gleich als Teile des Gebäudefundamentes im Boden platziert.

Als häufigster Anlagentyp haben sich jedoch in Mittel- und Nordeuropa Erdwärmesonden durchgesetzt, erklärt der Verband. Sie werden per senkrechter Bohrung in Tiefen von 50 bis 160 Metern in den Boden eingebracht. Die Sonden bestehen aus Doppel-U-Rohren aus Kunststoff, die mit einer Wärmeträgerflüssigkeit gefüllt sind. Sie nimmt die Wärme aus dem Erdreich auf, eine Wärmepumpe pumpt die erwärmte Flüssigkeit nach oben in einen Wärmetauscher. Er gibt die Wärme an das Heizsystem ab. Die abgekühlte Trägerflüssigkeit wird dann wieder in die Erde geleitet, und der Kreislauf beginnt von vorn.

Weitere Verfahren verwenden in den Erdwärmesonden statt Flüssigkeit Gas, oder die Sonden werden schräg ins Erdreich getrieben. Ohne eine Wärmepumpe würde die Heizung per Geothermie aber nicht funktionieren. Sie arbeitet wie ein Kühlschrank, nur umgekehrt, erläutert der Bundesverband Wärmepumpe (bwp) in Berlin. Da sie elektrisch angetrieben wird, ist für die Kalkulation der Kosten entscheidend, wie groß die Wärmeausbeute der Pumpe im Verhältnis zum eingesetzten Strom ist. Denn der muss ja in der Regel vom Versorger dazugekauft werden. Nach bwp-Angaben macht der Energiebedarf moderner Wärmepumpen etwa 25 Prozent der Gesamtheizleistung aus.

Bei der Kalkulation der Kosten in Neubauten ist auch zu beachten, dass die Investitionen durch die teuren Erdwärmesonden und den Kauf der Wärmepumpe höher sind als für einen herkömmlichen Heizkessel. Weil jedoch im Betrieb nur ein kleiner Teil als Strom für den Pumpenbetrieb dazugekauft werden muss und der größte Teil der Energie umsonst aus dem Untergrund gewonnen wird, „rechnen sich die Anlagen nach einigen Jahren“, so der GtV. Und mit zunehmendem Anstieg der Öl- und Gaspreise werde der wirtschaftliche Vorteil immer größer.

Soll eine Bestandsimmobilie auf Geothermie-Heizung umgerüstet werden, sollte das Vorhaben immer in ein Gebäudesanierungskonzept eingebunden sein, empfiehlt Christian Stolte von der Deutschen Energie-Agentur (dena) in Berlin. „Entscheidend bei einer Wärmepumpe ist, dass das Gebäude gedämmt ist.“ Denn das Ziel sollte sein, möglichst wenig kostenverursachenden Strom einsetzen zu müssen, um über die Wärmepumpe die Wohnräume zu erwärmen. Je weniger die Wärmepumpe arbeiten muss, desto günstiger ist die Wärmeerzeugung.

Lässt sich das Haus nicht vernünftig dämmen, kann das Geld vielleicht sinnvoller eingesetzt werden. Immerhin gibt es für die Nachrüstung noch Geld vom Staat: Bei elektrisch betriebenen Wärmepumpen gibt es laut Stolte bei Einfamilienhäusern 20 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche an Förderung, höchstens jedoch 2400 Euro. Wer neu baut, geht dagegen leer aus. (dpa)

Fexix Rehwald

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