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Immobilien: Es gibt kein Entrinnen

Nun sind sie Recht und Gesetz: die neuen Vorschriften zur Verrechnung von Verlusten.Die neuen "Abschreibungsparagraphen" wurden ins Einkommensteuergesetz (EstG) eingelassen und zwingen Verkäufer oder Entwickler von Immobilien sowie Investoren zu einer scharfen Korrektur ihrer Anlagestrategie.

Nun sind sie Recht und Gesetz: die neuen Vorschriften zur Verrechnung von Verlusten.Die neuen "Abschreibungsparagraphen" wurden ins Einkommensteuergesetz (EstG) eingelassen und zwingen Verkäufer oder Entwickler von Immobilien sowie Investoren zu einer scharfen Korrektur ihrer Anlagestrategie.Diese Einschätzung vertrat Rechtsanwalt und Wirtschaftsprüfer Detlef Haritz von der Kanzlei Pünder, Volhard, Weber & Axster im Gespräch mit dieser Zeitung.

Die neuen Gesetze wirken den umstrittenen, nun abgelösten Regelungen entgegen: Bisher erwarben Anleger Immobilien insbesondre in Fondsmodellen, obwohl diese über viele Jahre hohe Verluste verursachten - denn diese "negativen Einkünfte" konnten die Käufer oft zu großen Teilen durch die Steuererstattungen des Finanzamtes ausgleichen.Dagegen dürften Anleger künftig nur noch dann Wohnungen oder Häuser erwerben wollen, wenn deren Mieten ausreichen, um eine vernünftige "Verzinsung" des eingesetzten Kapitals zu erwirtschaften - ohne Rücksicht auf die nunmehr stark zurückgefahrenen Steuervorteile.

Indem der Gesetzgeber mit seinen Vorschriften die Anleger zu diesem veränderten Verhalten zwingt, unternimmt er zugleich tiefe Einschnitte in den (über-)regulierten Immobilienmarkt.Wirtschaftsprüfer Haritz schließt nicht aus, daß dies zu einem drastischen Einbruch des Bauvolumens führt, obwohl es Übergangsregelungen für sogenannte Konservierungsmodelle gibt.Diese Fristen arbeitete die Regierung nach heftigen Protesten der Bauverbände noch in das Gesetz ein, kurz vor dessen Verabschiedung.

Was aber ändert sich im einzelnen? Vor allem zwei neue Abschnitte des EStG sind von großer Bedeutung: die sogenannten Vorschriften gegen die Verlustzuweisungsmodelle nach Paragraph 2b EStG mit der Anwendungsregelung des Paragraphen 52 Absatz 4 EstG; sowie der neue Paragraph 2 Absatz 3 EStG.

Der Gesetzgeber, so Rechtsanwalt Haritz weiter, beschränkte die Verrechnung von Verlusten einerseits in ihrer Höhe und andererseits ihrer Herkunft nach.Maßgeblich ist hier der Paragraph 2b EstG, wonach seit März "Verluste aus Verlustzuweisungsmodellen ausschließlich mit Gewinnen aus Verlustzuweisungsmodellen verrechnet" werden dürfen.Im Klartext, der Käufer von Anteilen eines geschlossenen Immobilienfonds kann diese Verluste nur unter einer Voraussetzung zur Senkung seiner Steuern brauchen: Wenn er andere Fondsbeteiligungen sein eigen nennt, bei denen Gewinne fließen.Diese Regelung ist ganz und gar neu.Zuvor konnte ein Steuerbürger solche Verluste aus Immobilienfonds von beliebigen anderen positiven Einnahmen - beispielsweise von seinem Gehalt als Angestellter - abziehen; nur den Restbetrag mußte der Abschreibungsfreudige noch versteuern.Für Detlef Haritz steht außer Zweifel, daß dadurch "steueroptimierte" Fonds ihren Reiz völlig verlieren - mit diesen Fonds wurden so gut wie alle Immobilieninvestitionen im Osten des Landes losgetreten, begünstigt durch Sonder-Afa nach Fördergebietsgesetz.

Ausnahmen von dieser neuen Regel läßt der Gesetzgeber zu: Mit einer "Karenzzeit" für Konservierungsmodelle, fing er die heftigsten Proteste gegen die neuen Regelungen (Immobilienspiegel vom 21.Februar 1999) ab.Nun bleiben vom Zugriff des Paragraphen 2b Immobilienfonds verschont, sofern die Initiatoren sie vor Ende 1998 gründeten und Anzahlungen auf Anschaffungskosten leisteten.Ist dies der Fall, können Anleger bis zum 1.Januar 2001 solchen Fonds beitreten und die hohen Sonderabschreibungen in Anspruch nehmen: durch den Einkauf in eine Fondsgesellschaft an deren Verlusten teilhaben, diese dann vom Einkommen abziehen - und so Steuern sparen.

Obwohl diese neuen Regelungen einen sanften Übergang versprechen, versäumte der Gesetzgeber es nicht, ein Kuriosum in seinen Gesetzestext einzustricken.So gilt künftig ein besonderes Augenmerk der Gretchenfrage: Ist das Anlageprodukt ein Verlustzuweisungsmodell oder nicht? Wenn diese Frage zu bejahen ist, dann sind die entstehenden Verluste nur noch mit Gewinnen aus vergleichbaren Modellen verrechenbar.Ob gewitzte Gestalter da nicht einfach aus dem Vertriebsprospekt alle Hinweise auf die Steuervorteile streichen? Sie erwiesen sich damit einen Bärendienst! Denn die Rechtsprechung verlangt es, daß in Verkaufsprospekten unmißverständlich auf die steuerlichen Vor- und Nachteile einer Kapitalanlage hingewiesen wird.Versäumt ein Bauträger oder eine am Verkauf beteiligte Bank das Angemahnte, dann haften alle Beteiligten und zwar sowohl aus zivilrechtlicher als auch aus strafrechtlicher Sicht.

Durch die neuen Regelungen droht der Gesetzgeber nun aber mit steuerlichen Sanktionen für den Fall, daß Verlustzuweisungen in Aussicht gestellt werden.Unklar ist zwar noch, so Haritz weiter, ob bereits die Auflistung von Verlusten die steuerlichen Sanktionen nach sich ziehen - oder ob erst agressives Werben mit Verlustvorteilen dazu führt.Der Rechtsanwalt vermutet aber, daß die Finanzämter die neuen Regelungen restriktiv handhaben werden.

Ganz ohne Übergangsregelung gilt für alle Steuerbürger fortan Paragraph 2 Absatz 3 EStG.Danach kann der Steuerpflichtige seine Verluste nur noch teilweise mit seinen Einnahmen verrechnen.Ein Beispiel: Wer Einkünfte von 500 000 DM hat und "negative Einkünfte" (Verluste) von 450 000 DM, zieht zunächst pauschal 100 000 DM Verluste ab.Bleiben 400 000 DM positive Einkünfte.Davon kann der Steuerzahler nun höchstens 50 Prozent, also 200 000 DM, mit weiteren Verlusten verrechnen.Bleiben 200 000 DM positive Einkünfte.Diesen Betrag muß der Abgabenpflichtige versteuern.Was aber geschieht mit den nicht verrechneten Verlusten von 150 000 DM? Die kann der Steuerzahler im folgenden Jahr wieder nach demselben Verfahren verrechnen.

Die verbleibenden Verlustvorträge - in unserem Fall: 150 000 DM - können im Folgejahr aber auch nur begrenzt geltend gemacht werden.Zuerst sind die Gewinne und Verluste des Folgejahres nach dem oben vorgestellten Schema miteinander begrenzt zu verrechnen.Im zweiten Schritt kann der Steuerbürger die Verlustvorträge mit Gewinnen des Folgejahres aus derselben Einkunftsart ausgleichen.Erst im dritten Schritt kommt eine Verrechnung des Verlustvortrags mit Gewinnen aus anderen Einkunftsarten in Betracht - doch auch dies wiederum begrenzt nach dem vorgestellten Verfahren (Erstens: 100 000 DM; zweitens: 50 Prozent der verbleibenden positiven Einkünften).

Diese ganze Konstruktion ist aus Sicht von Wirtschaftsprüfer Haritz insbesondre dann problematisch, wenn der Betroffene eine größere Anzahl langfristig auf "Verlustmaximierung" angelegte Sonder-Afa-Immobilien erworben hatte.Positiv wirkt sich der Verrechnungsmodus dagegen bei Gewerbebetrieben aus.Hier entstünden oft hohe Verluste in einem Jahr - etwa durch Anlaufkosten neuer Produkte -, die hohe Gewinne in folgenden Jahren nach sich ziehen (sollten).Wie auch immer die individuelle Situation des Steuerbürgers sein mag, diese neue Art der Verlustverrechnung "gilt für alle von diesem Jahr an," sagt Haritz: "Hier gibt es kein Entrinnen mehr."

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