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Fassadenmuster - Musterfassaden: Alles nur Fassade

„Mock-Ups“ zeigen, wie ein Gebäude später aussehen wird – in Originalgröße und mit echten Materialien

Wer sich als Bauherr oder Architekt fragt, wie das fertige Gebäude denn nun genau aussehen wird – noch bevor überhaupt ein Stein gebrochen und ein Glasteil montiert ist – muss sich nicht mehr nur mit Konstruktionsplänen und virtuellen Projektionen am Bildschirm begnügen. Heutzutage können Eigentümer und Investoren schon vorab die künftige Außenhülle in Realgröße besichtigen – und anfassen. Mittels einer Musterfassade im Maßstab 1:1 ist es möglich, direkt vor Ort das Fassadenkonzept zu begutachten und gegebenenfalls noch zu ändern. Und zwar noch während des Planungsstadiums, weit vor der Fertigstellung des Gebäudes.

Andreas Beccard vom Ingenieurbüro Priedemann Fassadenberatung/Facade Lab berät Investoren und Architekten aus dem In- und Ausland: „Das Thema Musterfassaden ist insgesamt zwar nicht neu. Der Gedanke, es vor die Auftragsvergabe vorzuziehen, hingegen schon“. Vorteil: Im Unterschied zu 1:100-Modellen oder digitalen Zeichnungen ist das Design des 1:1-Fassadenprototyps begehbar und verfügt über exakt die gleichen Baumaterialien wie das zukünftige Gebäude. Es lässt sich anfassen und sieht genau so aus wie die spätere Fassade.

Dabei muss das Modell nicht unbedingt auf dem zukünftigen Bauort errichtet werden. Aus Platzgründen kann dies auch auf einem neutralen Gelände geschehen. Regine Leibinger, Professorin im Fachgebiet Baukonstruktion und Entwerfen an der Technischen Universität Berlin (TU) beurteilt den Einsatz der Fassadenprototypen durchweg positiv: „Architekten und Bauherren bietet es große Vorteile, da die Bewertbarkeit durch das 1:1-Modell extrem verbessert und Details und Materialien noch verändert werden können.“

Herzstück der gesamten Fassadenentwicklung ist ein virtuelles 3-D-Fassadenmodell, das alle wichtigen Informationen für Planung, Ausführung und den späteren Unterhalt der Konstruktion enthält. Neben der Geometrie der einzelnen Bauteile sind das zum Beispiel auch Angaben zu Kosten und Energiebedarf. Alle Planungsbeteiligten – neben dem Entwurfsarchitekten beispielsweise auch der Statiker und andere Fachplaner – können Planungsänderungen für alle sichtbar direkt an dem 3-D-Modell vornehmen. Aus diesem lassen sich dann Daten zur Ansteuerung computerisierter Fräsmaschinen erzeugen, die die virtuellen Bauteile unmittelbar in Echtgröße herstellen.

Aus diesen Bauteilen entstehen anschließend die Fassadenmuster, auch „Mock-Ups“ genannte Prototypen der künftigen Gebäudehülle. Anhand dieser maßstabsgetreuen „Mock-Ups“ lassen sich schon während der Planungsphase der optische Eindruck, die Funktionalität und die entstehenden Kosten überprüfen und optimieren.

Der Effekt: Die Ausschreibung lässt sich präziser formulieren und birgt durch die eindeutige „Vorlage“ keinen Interpretationsspielraum mehr. Der Bauherr oder Investor hat damit ein Instrument zur Qualitätssicherung in der Hand, indem er mit dem „Mock up“ ein präzises Muster mit all seinen Funktionen, Formen, Oberflächen, Materialien und sämtlichen technischen Kennwerten vorgegeben hat. Außerdem bietet es die Möglichkeit zur frühzeitigen Vermarktung der geplanten Immobilie. So lässt es sich etwa auf dem Bauplatz potenziellen Käufern präsentieren. Für den Architekten bietet sich der Vorteil, dass er seine Planung vor Auftragsvergabe optimieren kann.

Die Kosten für das Fassadenmuster (Beispiel: bei einer 25 000 Quadratmeter großen Fassade kostet ein „Mock-Up“ je nach Beschaffenheit und Komplexität etwa 95 000 Euro) übernimmt der Bauherr oder Investor. Besonders bei größeren Projekten wie etwa dem Hochhaus „Zoofenster“ in Berlin kann sich diese Investition durchaus lohnen. Maximilian von Demandowsky

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