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Immobilien: Fertighäuser haben Konjunktur

Das Geschäft von Fertighaus-Anbietern wächst, trotz der Rezession in der Bauwirtschaft. Im Angebot sind Öko- oder Passivhäuser. Und dem Gestaltungswillen sind keine Grenzen mehr gesetzt

Ein halbes Jahr lang haben Gudrun und Patrice Petermann nach dem passenden Haus gesucht. Fast jedes Wochenende besichtigte die Familie aus Wilmersdorf die Musterhausparks bekannter Fertighaushersteller. Abends wälzten sie Kataloge, verglichen Preise und Angebote. „Die Planungsphase war die schwierigste“, erinnert sich Gudrun Petermann heute. Denn schließlich bedeute der Kauf eines Fertighauses längst nicht mehr, dass man sich für ein bestimmtes Modell entscheiden müsse. Stattdessen werden lediglich die einzelnen Teile industriell vorgefertigt, daraus entsteht dann ein individuelles Haus. „Am Ende haben wir gemeinsam mit dem Hersteller und einem von uns beauftragten Architekten das Haus geplant“, sagt Gudrun Petermann.

Heute steht auf dem Grundstück in der Nähe von Königs Wusterhausen ein 180 Quadratmeter großer, fast quadratischer Bungalow mit vielen Fenstern und Glastüren sowie einer Solaranlage auf dem Dach. Ein modernes, aber unauffälliges Haus. Innen ist noch nicht alles fertig, doch spätestens in diesem Monat will die Familie einziehen. Neun Monate sind dann vergangen seit dem Kauf des Grundstücks. Der Hausbau selbst allerdings hat nur zwei Tage gedauert. „An einem Montag Anfang August kam der erste LKW“, sagt Gudrun Petermann. „Am Dienstag konnten wir dann schon durch die Zimmer laufen.“

Etwa jedes siebte Haus, das in Deutschland gebaut wird, ist ein Fertighaus. In Berlin und Brandenburg liegt der Anteil derzeit sogar bei fast 18 Prozent. Das ist etwas weniger als in Baden-Württemberg, wo sich jeder fünfte Häuslebauer für ein Fertighaus entscheidet. „Seit 1996 steigt der Marktanteil kontinuierlich“, sagt Joachim Hörrmann, Geschäftsführer des Deutschen Fertighausverbandes (DFV). Besonders das erste Halbjahr 2005 sei für die Fertighaus-Hersteller besser gewesen als für den Rest der Baubranche. Schon 2004 verzeichneten die Firmen ein Umsatzplus von vier Prozent – gegen den Trend in der Baubranche, die mit sinkenden Umsätzen kämpft.

Die Gründe sind vielfältig: Zum einen reagiere die Branche auf Grund der kurzen Planungs-und Bauzeit der Häuser antizyklisch, sagt Ursula Geismann Sprecherin beim Bundesverband Deutscher Fertigbau (BDF). Zum anderen setzen die Hersteller immer stärker auf ökologisch orientierte Kunden, indem sie vermehrt Passiv- oder „Drei-Liter-Häuser“ anbieten und Naturbaustoffe wie zum Beispiel Hanf- oder Holzfaser-Dämmstoffe verwenden. Diese zusätzlichen Kosten für Niedrigenergiehäuser hätten sich nicht nur in zwei bis fünf Jahren amortisiert, sie könnten zudem über die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) gefördert werden, so Ursula Geismann.

„Die ökologische Denkweise steht bei vielen Fertighaus-Käufern im Vordergrund“, weiß auch Hörrmann. So sollen Schimmelpilze durch feuchte Wände oder Allergien auslösende Stoffe in den Holzhäusern nicht vorkommen können. Und die Firma Baufritz zum Beispiel hat eine patentierte Wärmedämmung aus Hobelspänen entwickelt. Zur Ausstattung der als „Gesundheits-Häuser“ vermarkteten Objekte gehören außerdem ein Solarbalkon, Dreifachverglasung, Energie-Holzwände sowie eine Schutzplatte gegen Strahlungen und Elektrosmog. Damit erfülle man nicht nur den Wunsch vieler Bauherren, in einem Naturhaus zu leben, heißt es bei Baufritz. Die Innovationen erhöhten zugleich den Wiederverkaufswert der Häuser.

Aber Hersteller wie Okal oder Haacke setzen auf Niedrigenergiehäuser: Okal-Häuser seien mit Wärmerückgewinnung oder Solaranlagen ausgestattet und kämen mit 500 bis 600 Euro Heizkosten im Jahr aus, verspricht die Firma, die nach eigenen Angaben in den vergangenen 80 Jahren über 83000 Häuser verkauft hat. Und Haacke hat ein „Drei-Liter-Haus“ entwickelt, das zwei Jahre lang von Forschern des Stuttgarter Fraunhofer-Instituts für Bauphysik in der Praxis getestet wurde. Bei Okal im Angebot: Ein „Aqua-Safe-Keller“, der auch bei Hochwasser dicht bleiben soll.

Die Attraktivität der Fertigbauten steigt aber auch, weil dank computergesteuerter Produktionsmaschinen heute fast kein Haus mehr wie das andere aussieht. „Der Begriff Fertighaus ist eigentlich irreführend“, sagt Ursula Geismann. Ein Fertighaus sei kein „Haus von der Stange“. Mehr als 60 Prozent der Häuser werden individuell angefertigt. Beim Entwurf hilft entweder ein Architekt oder der Bauberater des Herstellers. Oder der Bauherr zeichnet sein Traumhaus selbst am Computer zu Hause.

Gefragt seien vor allem preisgünstige „Ausbauhäuser“, bei denen der Bauherr einen Teil der Innenarbeiten wie das Verspachteln und Streichen der Wände, den Einbau von Türen oder Sanitärobjekten oder das Legen des Fußbodens selbst übernimmt, sowie relativ teure Häuser, die schlüsselfertig geliefert werden. Zur Zielgruppe zählen neben Familien häufig berufstätige Ehepaare ohne Kinder oder Senioren. Für diese sei neben der Festpreisgarantie die kürzere Bauzeit und ein fester Einzugstermin besonders wichtig.

Ein preisgünstiges Ausbauhaus ist schon für weniger als 100000 Euro zu haben. Hinzu kommen jedoch Nebenkosten für Genehmigungen, Gutachten, Wasser und Baustrom. Einen Komplettpreis von 99000 Euro, mit dem manche Hersteller werben, hält Hörrmann für wenig realistisch. Allerdings lassen sich bei Firmen wie Massa oder Allkauf durch Eigenleistungen bis zu 30 Prozent der Hauskosten sparen. Geliefert wird dann aber nicht mehr als die Hülle des Hauses. Eine schlüsselfertige Immobilie kostet dagegen zwischen 220000 und 250000 Euro. „Ein gutes Fertighaus ist genauso teurer oder billig wie ein vergleichbares Massivhaus“, sagt Ursula Geismann.

Jutta Burmeister

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