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Das Strandbad am Weißen See – ein Quell der Freude und der Erholung.

© dpa

Gefragte Wohnlage: Im Aufwind

Hip ist es nicht in Weißensee, doch ruhig und grün. Das schätzen immer mehr Menschen.

Wird Weißensee das neue Prenzlauer Berg? Fast könnte man es vermuten. In der Charlottenburger Straße befindet sich das Café Sabberschnute, das sich, wie dem Namen unschwer zu entnehmen ist, an Eltern mit kleinen Kindern richtet. Und nicht weit davon entfernt, am Mirbachplatz, lädt eine schwäbische Bäckerei zur Stärkung ein – wo doch angeblich die Schwaben in Prenzlauer Berg das Sagen haben.

Doch noch ist es nicht so weit, dass Weißensee Prenzlauer Berg Konkurrenz machen würde. Dafür ist der Ortsteil zu wenig innerstädtisch geprägt, auch wenn man mit der Straßenbahn nur eine gute Viertelstunde bis zum Alexanderplatz braucht. Und auch trendige Restaurants und ausgefallene Klamottenläden, die erlebnishungrige Touristen anlocken könnten, sucht man vergebens. Trotzdem entwickelt sich Weißensee für immer mehr Berliner zu einer attraktiven Wohnadresse.

„Insbesondere das Gründer- und Komponistenviertel sind in den vergangenen Jahren in den Kreis der gefragten Berliner Wohnlagen aufgestiegen“, beobachtet der Makler Nikolaus Ziegert. Im Komponistenviertel – es umfasst die Straßen südlich der Berliner Allee – sind in den vergangenen Jahren mehrere Baugruppenprojekte entstanden. Im nordwestlich der Berliner Allee gelegenen Gründerviertel vermarktet Ziegert gerade einen Neubau in der Jacobsohnstraße, wobei von 20 Eigentumswohnungen nur noch deren zwei zum Verkauf stehen.

Mit Preisen zwischen 2300 und 2650 Euro pro Quadratmeter kosten die Wohnungen in der Jacobsohnstraße deutlich weniger als vergleichbare Projekte innerhalb des S-Bahn-Rings. Auch die Mieten sind günstiger: Laut dem Wohnmarktreport des Beratungsunternehmens CBRE und des Wohnungsunternehmens GSW wurden 2011 bei Neuvermietungen im Komponistenviertel (Postleitzahlbezirk 13088) im Mittel 6,58 Euro pro Quadratmeter verlangt. Rund um die Kastanienallee in Prenzlauer Berg (Postleitzahlbezirk 10435) waren es 10,27 Euro.

Szenelokale seien nicht mehr so wichtig, grüne Umgebung schon

Allerdings gab es schon vor hundert Jahren Bemühungen, Weißensee zu einem gehobenen Wohnort zu machen. Zu jener Zeit entwarf Carl James Bühring, der Baurat der damals noch selbstständigen Gemeinde Weißensee, das Munizipalviertel, das besser situierte Bürger nach Weißensee locken sollte. Zum Munizipalviertel gehört die eindrucksvolle Häuserzeile an der Woelckpromenade. Im Haus Nummer 5 wohnte zu DDR-Zeiten der Verleger Wieland Herzfelde, der Bruder des berühmten Grafikers John Heartfield. Gleich daneben, im Haus Nr. 6, stehen momentan zehn Eigentumswohnungen zum Kauf.

Einen Steinwurf weiter wachsen unter dem Namen „Wohnen am Kreuzpfuhl“ 43 Eigentums- und 54 Mietwohnungen in die Höhe. 2600 bis 3400 Euro pro Quadratmeter kosten die Wohnungen, während die künftigen Mietpreise noch nicht in Erfahrung zu bringen sind. 2013 soll der Neubaukomplex fertig sein. Die Käufer stammen hauptsächlich aus Weißensee und Prenzlauer Berg, sagt Artur Riedl, der beim Investor, der Bayerischen Hausbau, den Vertrieb der Wohnungen leitet. Meist handle es sich um Familien.

Ähnliches berichtet Makler Nikolaus Ziegert: „Die Käufer kommen oftmals aus Mitte oder Prenzlauer Berg, sind um die 40 Jahre alt und haben ihre wilden Jahre hinter sich.“ Szenelokale seien ihnen nicht mehr so wichtig, eine grüne Umgebung dafür schon. Und an Grün herrscht tatsächlich kein Mangel: Bei einem Spaziergang vom Kreuzpfuhl zum Weißen See, vorbei an dem in der Zwischenkriegszeit errichteten Holländerviertel mit seinen Klinkerfassaden, kann man an schönen Herbsttagen fast vergessen, dass man sich in der Metropole Berlin befindet.

So erstaunt es denn auch nicht, dass noch weitere Bauvorhaben in Planung sind. Ein weiterer Neubau nähert sich in der Bizetstraße 19, direkt am Antonplatz, seiner Fertigstellung. Und an der Falkenberger Straße sollen 2013 die Bauarbeiten für die Falkenberger Gärten mit 22 Wohnungen beginnen. „Es ist ein relativ ruhiges Viertel, und der Weiße See mit dem Park ist um die Ecke“, schwärmt der mit dem Vertrieb beauftragte Tommy Lynggaard von Holberg Immobilien.

Ebenfalls nicht weit ist es bis zur wichtigsten Sehenswürdigkeit Weißensees: dem jüdischen Friedhof, einem der größten Europas. Direkt angrenzend entstanden vor einigen Jahren auf dem Areal einer ehemaligen Gummiwarenfabrik die Puccini-Hofgärten, ein edles Ensemble aus Townhouses und Geschosswohnungen. Ein Tor verwehrt dem Passanten den Zutritt. Doch wer sich umdreht, erblickt einen 50er-Jahre-Wohnblock, der wahrscheinlich noch nie einer Sanierung unterzogen wurde. Nein, bis Weißensee so ähnlich wie Prenzlauer Berg ist, wird es wohl doch noch ein Weilchen dauern. ch

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