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Aufbruch ins Ungewisse. Das wissenschaftliche Institut der AOK (Wido) fragte Menschen ab 50 Jahren, wie sie im Alter leben möchten. Die Pflege zu Hause ist dabei mit Abstand der Favorit.

© Ole Spata/dpa

Generationenhäuser: Zusammen wohnt man weniger allein

Betreute WGs und Generationenhäuser: Senioren sind offen für alternative Wohnformen. Viele verbinden damit eine professionelle Pflege und gute medizinische Versorgung.

Viele ältere Menschen wünschen sich im Pflegefall ein Leben in alternativen Wohnformen. Mehr als die Hälfte der 50- bis 80-Jährigen steht betreutem Wohnen oder dem Leben in einem Mehrgenerationenhaus aufgeschlossen gegenüber. Das ergab eine Umfrage des wissenschaftlichen Instituts der AOK (Wido). Zwei von fünf Befragten sehen demnach eine attraktive Perspektive in einer Senioren-WG oder in einer 24-Stunden-Pflege, bei der eine Pflegekraft im eigenen Haushalt wohnt.

„Die mit Abstand bevorzugte Versorgungsform bleibt weiterhin die häusliche Pflege in der angestammten Wohnumgebung durch vertraute Angehörige“, sagte Adelheid Kuhlmey, Mitherausgeberin der Studie. In der Generation „50 plus“ wachse aber die Offenheit für neue Formen der Betreuung und des Zusammenlebens, die sich an den Bedürfnissen der Pflegebedürftigen orientieren. Wido-Geschäftsführer Klaus Jacobs erwartet, dass sich dieser Trend durch die allgemeine Zunahme der Pflegebedürftigkeit verstärken wird.

Mit dem betreuten Wohnen, das für 54 Prozent der Generation „50 plus“ attraktiv ist, werden der Studie zufolge eine professionelle Pflege und gute medizinische Versorgung verbunden. Eine 24-Stunden-Pflege findet bei 41 Prozent Zustimmung. Sie verbinden damit eine professionelle pflegerische und medizinische Betreuung in den eigenen vier Wänden. Der Preis sei allerdings das ständige Zusammenleben mit wechselnden Fremden. Eine Alten-WG finden 39 Prozent der Befragten attraktiv. Sie erhoffen sich dort den Erhalt sozialer Kontakte und das Zusammenleben von Menschen in ähnlicher Lebenslage. Negativ wird bemerkt, dass die Gemeinschaft mit anderen alten Menschen „alt machen könne“.

Pflegebedürftige sind häufiger im Krankenhaus

Am stärksten ausgeprägt ist die Sympathie für neue Wohn- und Versorgungsformen bei den jüngeren Menschen der Generation „50 plus“. „Während Politik und Pflegewirtschaft oft noch in den Grenzen herkömmlicher Pflegearrangements denken, sind die über 50-Jährigen weiter. Sie wünschen sich mehr Wohn- und Versorgungsformen zwischen Heim und Häuslichkeit“, sagt der Chef des AOK-Bundesverbandes, Jürgen Graalmann. Dies müsse aufgegriffen werden.

Aus dem 265 Seiten umfassenden „Pflege-Report“ – die erste AOK-Studie dieser Art – geht auch hervor, dass Pflegebedürftige häufiger im Krankenhaus sind und mehr Medikamente einnehmen als Gleichaltrige, die nicht pflegebedürftig sind. So ist von den 60- bis 90-jährigen Pflegebedürftigen rund jeder Vierte mindestens einmal im Quartal im Krankenhaus. Von den 60- bis 70-jährigen Pflegebedürftigen bekommen 60 Prozent mindestens fünf Arzneimittelwirkstoffe gleichzeitig verschrieben.

In einem Mehrgenerationenhaus sehen 52 Prozent einen attraktiven sozialen Rahmen der gegenseitigen Unterstützung von Jung und Alt. Der Begriff Mehrgenerationenhaus bezeichnet ein Gebäude, das zum Wohnen oder als offener Treff genutzt wird. Berliner Beispiele sind das Kreativhaus in Mitte, das Nachbarschaftshaus Centrum in Kreuzberg, die Kiezoase in Schöneberg und das Mehrgenerationenhaus Phoenix in Zehlendorf.

Die "Großfamilie von heute" sieht sich im Kieztreff

In einem entsprechenden Aktionsprogramm fördert die Bundesregierung aktuell 450 dieser sozialen Treffpunkte mit Zuschüssen. Gemeinsam mit den Ländern will das Bundesfamilienministerium die Mehrgenerationenhäuser langfristig sogar ausbauen. Eine entsprechende Vereinbarung unterzeichneten Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) und die Vorsitzende der Jugend- und Familienministerkonferenz (JFMK), Monika Bachmann (CDU), kürzlich beim FMK-Treffen im saarländischen Perl.

Schwesig sagte, dass es ein Mehr an gesellschaftlichem Miteinander brauche. „Mehrgenerationenhäuser sind Orte, an denen Gemeinschaften entstehen – zwischen Alt und Jung und oft auch zwischen den Nationen.“ Zwei Drittel der Häuser engagieren sich nach Aussage der Ministerin auch für Flüchtlinge. Die saarländische Familienministerin Bachmann fügte hinzu, dass Mehrgenerationenhäuser die „Großfamilie von heute“ seien.

(epd/dpa)

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