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So schön könnte das Neubauareal einmal aussehen. Bisher ragen dort aber nur graue Rohbauten in die Höhe.

© LOOMILUX

Genossenschaft in Kapitalnot: Möckernkiez droht das Ende

Gibt es bis Ende September keine weiteren Kredite, steht das Genossenschafts-Projekt vor dem Aus. Plan Z sieht die geordnete Abwicklung vor.

Für das genossenschaftliche Wohnungsprojekt Möckernkiez ist es nach fast einjährigem Baustopp nun fünf vor Zwölf. Bis Ende September soll Klarheit über eine weitere Finanzierung herrschen. Gelingt es nicht, bis dahin Bankkredite für einen Weiterbau zu aktivieren, droht dem ambitionierten Vorhaben das Aus.

Auf einem drei Hektar großen Teil des ehemaligen Bahngeländes zwischen Möckernstraße und Yorckbrücken sollen am Gleisdreieck-Park 464 Genossenschaftswohnungen entstehen – barrierefrei und mit hohen Ökostandards. Als im Herbst 2014 das von den Mitgliedern eingebrachte Kapital aufgebraucht war, kam es zum Baustopp, weil die erhofften Bankkredite nicht zur Verfügung standen. Zurück blieben vier Rohbaublöcke, Gerüste und ein verwaistes Gelände, auf dem in der Folgezeit das Unkraut wucherte.

Seit Monaten bemüht sich die Genossenschaft, eine Finanzierungslücke beim Eigenkapital zu schließen, um Vorgaben der Banken zu erfüllen. Wie Vorstand Frank Nitzsche auf Anfrage sagte, fehle noch ein Betrag „im mittleren einstelligen Millionenbereich“. Der könne durch eine weitere Erhöhung der Mieten und Darlehen der Genossen, sogenanntes Bürgerkapital, aufgebracht werden.

Teilverkäufe des Geländes sind nicht mehr ausgeschlossen

Schon Mitte August hatten die Genossen beschlossen, die Erstbezugsmiete um durchschnittlich einen Euro pro Quadratmeter anzuheben – für viele eine bittere Pille, denn die Kaltmieten lagen bereits zwischen sieben und elf Euro. So wollte man den Anforderungen der Banken entgegenkommen. Dies habe bei möglichen Finanzierungspartnern Wirkung gezeigt, berichtete Nitzsche.

Teilverkäufe des Geländes sind auch nicht mehr ausgeschlossen. Von einem einst geplanten barrierefreien Hotelprojekt hat die Genossenschaft inzwischen Abstand genommen. Man könne auch weitere Erwartungen möglicher Geldgeber erfüllen, signalisierte der Vorstand. Damit kommt nun eine weitere Mieterhöhung in Betracht.

Nach dem monatelangen Stillstand auf der Baustelle wollen Aufsichtsrat und Vorstand der Möckernkiez eG jetzt eine Entscheidung über die Zukunft des Projekts, „denn jeden Tag fallen Kosten an, denen keine Einnahmen gegenüberstehen“ – im Monat etwa 45 000 Euro.

Es gibt aber Hoffnung. „Im Moment befinden wir uns in Verhandlungen mit einem Finanzierungspartner, die uns verhalten optimistisch in die Zukunft blicken lassen“, sagt Vorstandsmitglied Nitzsche. Ähnlich äußerte sich Werner Landwehr, der Vorsitzende des Aufsichtsrats: „Angesichts der laufenden Bankverhandlungen sind wir zuversichtlich, das Projekt zu einem erfolgreichen Abschluss zu bringen.“

Das Ende des Projekt wäre eine herbe Enttäuschung

Viel Zeit bleibt indes nicht mehr. Sollten alle Bemühungen scheitern, wäre tatsächlich das Ende der Genossenschaft eine Option. Landwehr: „Sollte zum Quartalsende keine Klarheit bestehen, wird es zu Alternativszenarien wie einer Liquidation kommen.“ Für diesen Fall gibt es in der Möckernkiez eG einen „Plan Z“, der eine geordnete Abwicklung vorsieht. Bestandteil dieses Plans, so Vorstand Nitzsche, wäre die Veräußerung des Grundstücks mit den der vier Rohbauten.

Bei der für den 24. September angesetzten Mitgliederversammlung dürfte es also heiß hergehen. Unter den knapp 1400 Genossen gibt es sehr unterschiedliche Ansichten. Manche befürchten, dass ein weiteres Entgegenkommen gegenüber Finanzierungspartnern die Substanz des Modellprojekts verwässern könnte. Andere sind in Sorge um ihre schon geleisteten Einlagen in Höhe von 920 Euro pro Quadratmeter. Für eine dritte Gruppe wäre es eine herbe Enttäuschung, wenn das jahrelange Engagement für das Kiezwohnen in Kreuzberg am Ende vergeblich gewesen wäre.

Eva Maria Hässler gehörte von Beginn an zur Möckernkiez-Genossenschaft und hat viel Engagement für die Siedlung aufgebracht: „Es ist kein beliebiges Projekt, das man mal so anfängt, und wenn es mühsam wird, wieder kippt.“ Sie glaubt an ein gutes Ende, „wenn auch in veränderter Form“.

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