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Sicherer Hafen. Griechenland prüft laut Regierungskreisen nun doch den Verkauf seiner beiden größten Häfen von Piräus und Thessaloniki.

©  Imago/Jochen Tack

Gewerbeimmobilien in Griechenland: Enges Fahrwasser

Griechische Gewerbeimmobilien sind durch die Krise spottbillig geworden – das ruft nun Finanzinvestoren auf den Plan.

Griechenlands Wirtschaft liegt am Boden. Die Staatspleite droht, wenn sich die Regierung in Athen nicht bald mit den übrigen Mitgliedsländern der Europäischen Union über ein neues Hilfsprogramm einigt. Doch angelsächsische Immobilien- und Finanzunternehmen wähnen im Hellenenstaat das Glas nicht halb leer, sondern halb voll.

Scheuten Investoren bis Mitte 2013 vor griechischen Immobilien zurück, haben in den vergangenen 18 Monaten Gesellschaften wie Colony Capital aus Los Angeles, Fairfax Financial Holdings aus Toronto und die britische Invel Real Estate Partners für insgesamt 1,2 Milliarden Euro Büro- und Einzelhandelsgebäude in Athen, Patras, Thessaloniki und anderen griechischen Städten erworben, zeigt eine Studie der internationalen Maklergesellschaft Cushman & Wakefield.

„Angelsächsische Investoren sehen den griechischen Immobilienmarkt am Tiefpunkt angekommen und steigen jetzt ein, um beim erhofften Aufschwung in den kommenden Jahren hohe Gewinne zu erzielen“, sagt Günter Vornholz, Professor für Immobilienökonomie an der EBZ Business School, einer der führenden deutschen Fachhochschulen für Immobilienwirtschaft, die vom GdW Bundesverband Deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen und dem BFW Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen getragen wird. „Für opportunistische Investoren, die bereit sind, ein hohes Risiko in Erwartung hoher Renditen einzugehen, ist Griechenland jetzt sehr attraktiv“, sagt Vornholz.

Fraport will 14 griechische Flughäfen übernehmen

Griechenland sei derzeit zwar kein einfacher Markt, sagte Michael Topham, Europachef des US-Immobilienkonzerns Hines, jüngst dem „Wallstreet Journal“. „Wir glauben aber, dass es dort lohnende Anlagechancen gibt.“ Die Gesellschaft, die weltweit ein Immobilienportfolio im Gesamtwert von rund 25 Milliarden Euro verwaltet, sieht sich in Athen ebenfalls nach Investmentmöglichkeiten um.

Aus Deutschland ist bislang nur ein Unternehmen in Griechenland auf Einkaufstour: Die Frankfurter Flughafengesellschaft Fraport verhandelt mit der Regierung in Athen um eine Konzession für den Betrieb von 14 Regionalflughäfen – darunter in Thessaloniki, auf Kreta, Korfu und Rhodos – für 40 Jahre.

Der 1,2 Milliarden Euro schwere Deal schien im November 2014 unter Dach und Fach, wurde aber von der neuen Linksregierung unter Alexis Tsipras zunächst auf Eis gelegt. Nach massivem Druck der übrigen EU-Staaten erklärte sich Athen zuletzt aber wieder bereit, staatliche Infrastruktureinrichtungen zu privatisieren, um Einnahmen zur Tilgung der Staatsschulden zu generieren.

Zu einem ersten großen Deal ist es bereits 2009 gekommen. Damals verpachtete die griechische Regierung einen Teil des Hafens von Piräus an das chinesische Staatsunternehmen Cosco Pacific – und hatte dabei dem neuen Hafenbetreiber besondere Steuervergünstigungen gewährt. Nun verlangt die Europäische Kommission von der griechischen Regierung, die illegalen Beihilfen von dem begünstigten Unternehmen Cosco zurückzufordern. Das Fachmagazin Schifffahrt und Technik berichtet in seiner aktuellen Ausgabe, die Kommission habe im März nach einer mehrjährigen Prüfung erklärt, die Steuervorteile würden andere Wettbewerber benachteiligen und EU-Recht verletzen.

Die EU drängt Athen, Anteile am Hafen von Piräus zu verkaufen

Jetzt drängt die EU Athen, zwei Drittel der Anteile am Hafen zu verkaufen. Dies könnte der Staatskasse mehrere Milliarden Euro bescheren. Piräus ist mit jährlich 17,6 Millionen Fahrgästen der größte Passagierhafen Europas und mit einem Umschlag von 3,16 Millionen Standardcontainern pro Jahr der neuntgrößte Frachthafen des Kontinents. Cosco erklärte bereits, es sei an einem Kauf der Anteile interessiert.

Die Chinesen würden mit der Zweidrittelmehrheit am Hafen ein Tor für den Export ihrer Waren nach Europa gewinnen. Sie werben damit, dass ein Ausbau von Piräus mehr Unternehmen in die Athen vorgelagerte Hafenstadt locken und damit Arbeitsplätze schaffen würde. Das würden auch die angelsächsischen Investoren begrüßen, die jetzt in den griechischen Immobilienmarkt einsteigen.

Die kanadische Finanzgesellschaft Fairfax hat für 210 Millionen Euro den Mehrheitsanteil an Eurobank Properties erworben. Zum Portfolio der bisherigen Immobilientochter der drittgrößten griechischen Bank Eurobank Ergasias zählen neben Bürogebäuden auch Logistikobjekte, deren Auslastung und Marktwert durch einen stärkeren Frachtumschlag in Piräus steigen würde.

Die britische Invel Real Estate Partners wiederum hat für 653 Millionen Euro 66 Prozent der Anteile an Pangaea von der National Bank of Greece (NBG) übernommen. Die NBG ist mit einer Bilanzsumme von 76,7 Milliarden Euro das größte Kreditinstitut Griechenlands, jedoch nicht die Zentralbank des Landes. Das Pangaea-Portfolio umfasst 251 Büroimmobilien, die unter anderem an Banken und Staatseinrichtungen vermietet sind.

Seit der Wirtschaftskrise stehen viele Büroflächen leer

Die Wirtschaftskrise hat viele griechische Unternehmen zu Sparmaßnahmen gezwungen. Zahlreiche Mietverträge für Bürogebäude wurden in den vergangenen Jahren nicht verlängert. Mehr als 15 Prozent der Flächen stehen leer. „Mit einem Spitzenmietpreis von nur rund 17 Euro pro Quadratmeter und Monat rangiert Athen auf dem letzten Platz der europäischen Bürostandorte“, sagt Hela Hinrichs, Europa-Researcherin der Immobilienberatungsgesellschaft JLL.

„Im ersten Quartal 2009 hatte die Spitzenmiete in Athen noch 30 Euro pro Quadratmeter und Monat betragen.“ Wie sehr sich die Büromieten in Griechenland durch die Krise vom Rest Europas abgekoppelt haben, zeigt ein Blick in andere Länder: In Frankfurt ist die Spitzenmiete heute mit 35 Euro pro Quadratmeter und Monat mehr als doppelt so hoch wie in der Hauptstadt von Hellas. In London müssen Unternehmen für Toplagen sogar umgerechnet 75 Euro zahlen.

Die Käufer von heute hoffen auf hohe Gewinne

Mit den schrumpfenden Mieten sind auch die Immobilienpreise in Athen in den vergangenen Jahren massiv gesunken. Nach einer Studie der griechischen Zentralbank haben Bürogebäude in der Hauptstadt seit 2008 stattliche 38 Prozent ihres Wertes verloren. In Thessaloniki fielen die Preise um fast 40 Prozent. Etwas geringer fielen die Wertverluste bei Shoppingcentern aus. In Athen sanken deren Preise um 35 Prozent, in Thessaloniki um knapp 34 Prozent.

Sollte sich Griechenland in den kommenden Jahren erholen und die Mieten und die Immobilienpreise wieder auf das Vorkrisenniveau steigen, „könnten jene Investoren, die nun in den Markt einsteigen, hohe Gewinne erzielen“, sagt Immobilienökonom Vornholz. Auf dem aktuellen Preis- und Mietniveau werfen nach Berechnungen von Cushman & Wakefield Bürogebäude in Athen Spitzenrenditen von 8,3 Prozent und mehr pro Jahr ab, Einkaufscenter von bis zu 7,8 Prozent.

Erreichen die Mieten wieder frühere Höhen, würden die Renditen auf mehr als 14 Prozent steigen, rechnet Vornholz vor. „Das würde auch die Marktwerte der Immobilien so weit in die Höhe treiben, dass die Käufer von heute dann ihre Objekte mit mehr als 100 Prozent Gewinn losschlagen könnten.“

Richard Haimann

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