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Unten schlängelt sich die Spree, oben glänzen Solarpaneele in der Sonne. Der GSG-Hof in der Reuchlinstraße ist einer von 28, die mit Photovoltaik auf dem Dach ausgestattet wurden.

© GSG/David von Becker

Gewerbeimmobilien: Photovoltaik für Pfennigfuchser

Der Eigenverbrauch von Sonnenstrom lohnt sich. Investoren sollten auf gute Installateure bauen.

Sebastian Blecke und Oliver Schlink haben es geschafft. Die beiden Geschäftsführer der GSG Berlin (früher Orco GSG) sind jetzt Stromversorger. Gerade haben sie die Erlaubnis dafür vom Hauptzollamt Berlin und der Bundesnetzagentur erhalten. Damit kommen die beiden mit ihrem Lieblingsprojekt von einer ersten holprigen Wegstrecke in ruhigeres Fahrwasser.

Die Solarstrominitiative der GSG stellte sich nämlich als anspruchsvolle Managementaufgabe heraus. Blecke und Schlink haben 28 Berliner Gewerbehöfe mit Solardächern ausgestattet. Auf 140 Dächern stehen Solarmodule mit einer Leistung von 6,24 Megawatt. Sie können jährlich rund 5,5 Millionen Kilowattstunden Strom erzeugen.

„Jetzt gehen wir erste Schritte im Sinne der Vermarktung“, sagt Sebastian Blecke. Bevor die GSG die Erlaubnis zum Stromverkauf bekam, durfte sie die Energie nämlich nur für den Eigenverbrauch nutzen, hauptsächlich für die Fahrstühle und die Treppenhausbeleuchtung. „Damit ersetzen wir Braunkohlestrom von Vattenfall durch lokal erzeugten grünen Strom“, sagt Sebastian Blecke.

Inzwischen hat die GSG den ersten Versorgungsvertrag mit einem ihrer Mieter geschlossen. Es ist ein Biosupermarkt, der den gesamten Strom vom Dach kauft. „Dieser Strom sieht nie das öffentliche Netz. Deshalb fallen auch keine Netzentgelte an“, erklärt Sebastian Blecke.

Die Netzentgelte erheben die Stromversorger für die Nutzung ihrer Leitungen. Nach der EEG-Umlage sind die Entgelte der größte Posten unter den Abgaben auf den Strompreis. „Bei unserer Preisgestaltung fallen sie weg“, sagt Sebastian Blecke. Der Supermarkt werde seinen Strom künftig zu einem Preis von einem Cent unter dem regulären Preis beziehen.

Als innovatives Unternehmen wahrgenommen werden

Für die GSG sei dieses Modell finanziell interessanter, als die Einspeisevergütung aus dem Erneuerbare Energien Gesetz von zurzeit zwölf Cent zu kassieren, sagt Oliver Schlink. „Es ist für uns gut, es ist gut für die Mieter und es ist gut für die Umwelt“, sagt Schlink. Für die GSG liege der Vorteil zudem darin, am Markt als innovativ handelndes Unternehmen wahrgenommen zu werden. „Das ist absolut gut fürs Image und wirkt auch nach innen.“

Ein großes Hindernis bei der Entwicklung des neuen Geschäftsmodells war die Einstellung der Banken. Der Knackpunkt lag beim Grundbucheintrag in der Abteilung II. Hier werden sogenannte Dienstbarkeiten vermerkt. Für eine PV-Anlage wird eingetragen, wer sie warten und ihren Ertrag verwerten darf.

In der Abteilung III werden die Hypotheken eingetragen. Die Banken, die hier verzeichnet sind, müssen einer Eintragung in der Abteilung II zustimmen. Das wollten sie auch nach langen Verhandlungen mit der GSG nicht tun. „Es ist ein Fall von Marktversagen“, sagt Oliver Schlink. „Wir hätten in Deutschland viel mehr Solaranlagen auf den Dächern, wenn die Banken da eine Lösung finden würden.“

Viel gelernt fürs nächste Projekt

Schließlich wählte die GSG folgendes Konstrukt: Die Muttergesellschaft GSG gab eine Garantie für ihre Tochtergesellschaft GSG Solar ab, die die PV-Anlagen installierte. Das Darlehen für den Bau gab die Investitionsbank Berlin. Durch die Garantie konnte die IBB auf eine Eintragung in Abteilung II verzichten.

„Lösungen wie diese zu finden, war nicht trivial“, sagt Oliver Schlink. Doch die Mühen hätten sich gelohnt, auch wenn die Zeit, die das Topmanagement bisher investiert habe, nicht im Verhältnis zur Größe des Projekts stand. „Die Begeisterung und der Glaube, dass die Welt dadurch ein bisschen besser wird – wenn man so pathetisch werden darf – haben uns durch alle Schwierigkeiten getragen“, sagt Oliver Schlink.

Durch das komplexe Projekt habe die GSG viel gelernt, sagt Blecke. „Das können wir nun für weitere eigene Projekte nutzen. Auch andere Unternehmen kommen auf uns zu und zeigen Interesse an unserer Lösung.“

Aldi-Süd rüstet hunderte Supermarktdächer mit Photovoltaik aus

Unten schlängelt sich die Spree, oben glänzen Solarpaneele in der Sonne. Der GSG-Hof in der Reuchlinstraße ist einer von 28, die mit Photovoltaik auf dem Dach ausgestattet wurden.
Unten schlängelt sich die Spree, oben glänzen Solarpaneele in der Sonne. Der GSG-Hof in der Reuchlinstraße ist einer von 28, die mit Photovoltaik auf dem Dach ausgestattet wurden.

© GSG/David von Becker

„Photovoltaik lohnt sich besonders dann, wenn man möglichst viel Strom selbst verbraucht“, sagt der Experte Thomas Seltmann. Anders als Privatleute könnten Gewerbebetriebe das meist sehr gut: „Tagsüber fallen Erzeugung und Verbrauch oft direkt zusammen.“

Erkannt haben das auch die Pfennigfuchser von Aldi. Sie haben gerade wieder einen Vertrag über weitere Photovoltaikflächen auf ihren Supermärkten abgeschlossen. An 250 Standorten von Aldi Süd sollen rund 140 000 PV-Module installiert werden.

„Insbesondere bei kleinen und mittleren Unternehmen sind die Vorteile aber noch zu wenig bekannt“, bedauert Seltmann. Was sich für verschiedene Gruppen von Gewerbetreibenden lohnt, hat der Hersteller von Solarmodulen REC in einer Studie ermitteln lassen.

Strom vom Dach ist deutlich billiger als aus dem Netz

Wer eine Solaranlage auf seinem Betrieb errichten möchte, sollte sich einen unabhängigen Berater der Deutschen Gesellschaft für Sonnenenergie suchen, empfiehlt Thomas Seltmann. Diese Experten könnten Verbrauch und Tarife vergleichen und errechnen, wie groß die Anlage sein muss. „Die Kosten pro Kilowattstunde für den Strom vom Dach sind auf jeden Fall deutlich günstiger als der Strom aus dem Netz“, sagt Seltmann. Es sei denn, das Unternehmen bekomme Sondertarife als Großverbraucher. Abwägungssache sei die Form der Finanzierung.

Ganz wichtig sei, sorgfältig nach einem wirklich guten Fachbetrieb für die Montage zu suchen, sagt Seltmann. Der Preis pro Kilowattstunde hänge eben auch davon ab, wie viel Ertrag die Anlage über 20 Jahre liefere und wie oft sie gewartet werden müsse.

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