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Immobilien: "Gewiß gibt es schwarze Schafe unter Verwaltern"

Nicht gerade den besten Ruf hat die Immobilienwirtschaft.Dazu trugen im letzten Jahr Meldungen bei, wonach sich unter Wohnungsverwaltern die schwarzen Schafe vermehrten.

Nicht gerade den besten Ruf hat die Immobilienwirtschaft.Dazu trugen im letzten Jahr Meldungen bei, wonach sich unter Wohnungsverwaltern die schwarzen Schafe vermehrten.Ob dies nur Gerüchte sind, das fragte Ralf Schönball den Professor für Zivilrecht an der Universität Potsdam.Werner Merle ist spezialisiert auf Wohnungseigentumsrecht.

TAGESSPIEGEL: Gerüchten zufolge bietet ein französisches Unternehmen eine Art Versicherung gegen Schäden an, die Wohnungseigentümern durch kriminelle Verwalter drohen.Verrohen die Sitten derart in der Wohnungswirtschaft?

MERLE: Im letzten Jahr wurde in der Presse behauptet, daß durch kriminelle Verwalter Schäden bei Wohnungseigentümern in Höhe von 30 bis 50 Mill.DM jährlich verursacht wurden.Diese Zahlen nannten Teilnehmer einer Veranstaltung des Bundesfachverbandes der Wohnungsverwalter (BfW) in Berlin erstmals.Ich habe versucht, diese Angaben durch Recherchen bei Gerichten, Staatsanwaltschaften, statistischen Ämtern und Gewerbeaufsichtsämtern zu verifizieren.Das Ergebnis, es gibt keine Statistiken über Schäden, die durch Verwalter verursacht werden.

TAGESSPIEGEL: Wenn es keine Statistiken gibt, muß das doch nicht heißen, daß es keine Schäden gibt ...

MERLE: Das ist richtig.Gerade im vergangenen Jahr hat das Oberlandesgericht Düsseldorf einen Fall entschieden, in dem ein krimineller Verwalter einer Wohnungseigentümergemeinschaft durch Veruntreuung von Geldern einen Schaden von über 300 000 DM zugefügt hat.Unbestritten ist, daß es weitere Fälle dieser Art gibt.Aber dieser vom OLG Düsseldorf verhandelte Fall ist der einzige mir bekannte, in dem eine derartige Schadenszufügung durch einen Verwalter gerichtskundig wurde.Selbstverständlich gibt es aber auch unter Verwaltern, wie in jeder anderen Berufsgruppe auch, schwarze Schafe.Aber die genannte Summe von bis zu 50 Mill.DM scheint mir eine reine Fantasiezahl zu sein.

TAGESSPIEGEL: Demnach wäre die von dem französischen Versicherer angebotene Police reine Geschäftemacherei...

MERLE: Genau genommen handelt es sich um ein Sicherungsinstrument, das der BfW anbietet.Damit sollen die von Verwaltern eingesammelten, gemeinschaftlichen Gelder der Hauseigentümer, also beispielsweise Instandhaltungsrücklagen, gesichert werden.Das ist übrigens für die in Frankreich ansässigen Wohnungsverwalter obligatorisch.Dort müssen die Verwalter einer Garantiekasse angehören, die im Falle einer Veruntreuung von Geldern den Wohnungseigentümern ihre Rücklagen erstatten.Allerdings ist die Situation in Deutschland eine andere.Das Wohnungseigentumsgesetz hierzulande enthält bereits ein Instrumentarium, mit dessen Hilfe sich die Wohnungseigentümer gegen kriminelle Verwalter absichern können.Sie brauchen nur die Verfügungsbefugnis des Verwalters über gemeinschaftliche Gelder an ihre Zustimmung zu binden.Das bedeutet, daß der Verwalter nur dann das Rücklagenkonto antasten kann, wenn ein von den Eigentümern beauftragter der Abhebung von Geldern zustimmt.

TAGESSPIEGEL: Führt das nicht dazu, daß der Verwalter wegen jeder Kleinigkeit eine Eigentümerversammlung einberufen muß und der Aufwand ins Unermeßliche steigt?

MERLE: Nein, denn die Wohnungseigentümer können dieses Recht, und so geschieht das auch in der Praxis, auf eine Person ihres Vertrauens übertragen.Das ist etwa der Vorsitzende des Verwaltungsbeirats.Diese Person wird schon im eigenen Interesse nur solchen Kontobewegungen zustimmen, die der Erhaltung des Gebäudes förderlich sind.Er ist ja selbst Eigentümer.Andernfalls läuft er Gefahr, selbst auf Schadensersatz von den Wohnungseigentümern in Anspruch genommen zu werden.Dies geschah im Fall des OLG Düsseldorfs.

TAGESSPIEGEL: Nun könnte aber auch der Verwaltungsbeirat mit dem Verwalter unter einer Decke stecken und damit den anderen Eigentümern übel zuspielen...

MERLE: Das ist richtig.Wenn sich die Wohnungseigentümer auch vor einem kriminellen Zusammenspiel zwischen den genannten Parteien schützen wollen, dann wäre dieses französische Instrument auch in Deutschland sinnvoll.Sinnvoll wäre die Garantie auch, wenn sich keiner der Wohnungseigentümer bereitfindet, die Kontrolle des Verwalters zu übernehmen.Allerdings kostet die Absicherung Geld.Denn die Garantie wird nur solchen Wohnungseigentümern gewährt, deren Verwalter Mitglied im BfW ist.Dann kostet eine Garantiesumme von einer Mill.DM eine Prämie von 6200 DM im ersten Jahr, danach von 4200 DM jährlich.Die Verwalter werden natürlich versuchen, diese Kosten an den Wohnungseigentümer weiterzugeben, weil die Mitgliedschaft an der Garantiekasse ja auch den Eigentümern zugute kommen.

TAGESSPIEGEL: Was sind weitere wichtige Neuerungen und Änderungen im Wohnungseigentumsrecht in jüngster Zeit?

MERLE: Im vergangenen Jahr etablierte sich in Leipzig das deutsche Schiedsgericht für Streitigkeiten unter Wohnungseigentümern und mit Verwaltern.Diese Einrichtung entscheidet an Stelle der staatlichen Gerichte Rechtsstreitigkeiten.Die Entscheidung gilt dann unter Ausschluß eines weiteren Rechtsmittels endgültig.Der Vorteil wird darin gesehen, daß erfahrene Spezialisten im Wohnungseigentumsrecht diesen Gerichten vorstehen.Das sind beispielsweise Juristen, die jahrelang in diesem Bereich gearbeitet haben und die die notwendigen Fachkenntnisse mitbringen.Ein weiterer Vorteil ist, daß es keine Rechtsmittel gegen die Entscheidungen gibt.Dadurch ist das Verfahren schnell abgeschlossen und auch die Kosten sind im Verhältnis zum üblichen Gerichtsweg mit drei Instanzen geringer.

TAGESSPIEGEL: Allerdings setzt das einen neutralen Richter voraus.Ist das denn zu gewährleisten?

MERLE: Selbstverständlich.Das Schiedsverfahren ist in der Zivilprozeßordnung ausdrücklich vorgesehen, und die Einsetzung eines Schiedsgerichtes ist nur zulässig, wenn die in der Zivilprozeßordnung vorgesehenen Voraussetzungen erfüllt sind.Außerdem müssen die Wohnungseigentümer ohnedies vorher gemeinsam vereinbaren, daß bei Zwistigkeiten das Schiedsgericht und kein gewöhnliches Gericht angerufen wird.Der Schiedsrichter wird aus einer Liste verfügbarer Juristen von den Streitenden ausgewählt, und die Kosten für das Verfahren haben die Beteiligten zu tragen.Bis heute wurdezwar noch kein Fall vom Schiedsgericht entschieden, aber das Interesse in der Wohnungswirtschaft ist groß.Das zeigen zahlreiche Anfragen bei dem Leipziger Gericht.Allerdings wird sich die ganze Leistungsfähigkeit dieser neuen Einrichtung in Zukunft noch erweisen.Denn es ist in der Regel sehr schwierig, bei bereits bestehenden Gemeinschaften die Zuständigkeit des Schiedsgerichts zu vereinbaren.Hierzu ist ja die Zustimmung jedes einzelnen Wohnungseigentümers erforderlich.Das ist einfacher bei neu entstehenden Gemeinschaften zu verwirklichen.Aus diesem Kreis kommen auch die meisten Anfragen, insbesondre aus den neuen Bundesländern, wo ja gerade viel Wohneigentum entsteht.

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