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Wie es weitergeht mit der Grundsteuerreform soll im September im Bundesrat verhandelt werden.

© Frank Rumpenhorst/dpa

Grundsteuerreform: Bodenlos ungerecht

Die Grundsteuerreform bleibt in der Kritik. Sie sei zu kompliziert und nicht zeitgemäß, findet ein Bündnis von Verbänden und Bürgermeistern.

In die längst überfällige Reform der Grundsteuer ist Bewegung gekommen. Wie berichtet, haben die Länder Hessen und Niedersachsen einen Gesetzentwurf vorgelegt, der unter den Bundesländern Konsens ist – mit Ausnahme Bayerns und Hamburgs. Möglicherweise wird der Bundesrat bereits im September darüber entscheiden. 35 Millionen Grundstücke stehen dann in Deutschland vor der Neubewertung. Die Grundsteuer ist eine der Haupteinnahmequellen der Kommunen. Sie bringt ihnen jährlich Einnahmen in Höhe von rund 13 Milliarden Euro. Doch an dem jetzt vorgelegten Entwurf gibt es auch deutliche Kritik.

In ihrer heutigen Form besteuert die Grundsteuer sowohl Grund und Boden als auch das aufstehende Gebäude. Im Vorfeld hatten Initiativen gefordert, die aufstehenden Gebäude bei der Wertermittlung künftig unberücksichtigt zu lassen und nur den Boden zu besteuern. Die Grundsteuer könne so vereinfacht und Bodenspekulation unterbunden werden.

Wertveränderungen seit mehr als fünfzig Jahren ausgeblendet

Doch so ist es nun nicht geplant. Für die Bewertung der Gebäude sollen künftig die Herstellungskosten, die Gebäudeart und das Baujahr maßgebend sein. Das „Liegenlassen“ erschlossener, aber unbebauter und teilbebauter Grundstücke oder das Halten von Leerständen, bliebe somit steuerlich attraktiv, kritisieren die Unterzeichner des bundesweiten Aufrufs „Grundsteuer: Zeitgemäß!“. Würde aber mit Baulücken und Brachen weiter spekuliert, könnten die Mieten in den Großstädten insgesamt weiter steigen, weil Wohnraum in nennenswertem Umfang weiterhin dem Markt vorenthalten würde.

Finanzminister Thomas Schäfer (Hessen/CDU) und Peter-Jürgen Schneider (Niedersachsen/SPD) hatten bei der Vorstellung des Entwurfes darauf hingewiesen, dass bei der Berechnung der Steuer die Wertveränderungen der Immobilien im Westen seit mehr als fünfzig Jahren ausgeblendet würden. Im Osten gehe es gar um Werte aus dem Jahr 1935. Das Bewertungsverfahren müsse so einfach gestaltet werden, dass es in regelmäßigen Abständen neu angepasst werden könne. Es gehe nicht darum, mehr Geld „einzuspielen“, betonten die Minister.

Der Eigentümerverband Haus & Grund (Bundesverband) war aufgrund der urlaubsbedingten Abwesenheit von Sachbearbeitern nicht in der Lage, eine Einordnung des vorliegenden Gesetzentwurfes vorzunehmen. Der Verein hatte es allerdings gegen Ende 2015 begrüßt, „dass Wohngebäude bei der Grundsteuer begünstigt werden sollen“.

Eine reine Bodensteuer wäre einfach umzusetzen

Das sieht das Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW) ganz anders. IW-Immobilienexperte Ralph Henger sagte auf Anfrage dieser Zeitung: „Dieser Entwurf wird vor allem teuer und nutzt nicht die Chance einer guten Steuerreform.“ Die Finanzämter müssten nun bis zum Jahr 2022 alle Grundstücke erfassen und dazu gehörten auch die Gebäude. Damit sei ein gewaltiger Verwaltungsaufwand verbunden. „Die Gebäude müssen in allen Details erfasst werden“, gibt Henger zu bedenken, „sprich: jedes Stockwerk und jeder Quadratmeter.“

Eine Bodensteuer sei dagegen viel einfacher umzusetzen, weil man sich an den bereits erfassten Bodenrichtwerten orientieren könne. Neue Ungerechtigkeiten können zudem darin bestehen, dass ein Neubau höher bewertet werde als ein älteres Gebäude, das renoviert und modernisiert worden sei.

Der Haus- und Grundbesitzerverein Berlin-Ost befürchtet zudem, dass die Gemeinden ihr verfassungsrechtlich verbrieftes Hebesatzrecht neu ausüben werden, wenn auch mit völlig neuen und gänzlich veränderten Ausgangswerten. Diese Hebesätze können aber zu neuen Steuerungerechtigkeiten führen. Sie sind Instrumente, mit dem die Gemeinden in Deutschland die Höhe der ihnen zustehenden Gemeindesteuern beeinflussen können: Der Hebesatz bezeichnet einen Faktor, mit dem der Steuermessbetrag multipliziert wird. Leicht lässt sich ausrechnen, dass Gemeinden diese Schraube wieder nach oben drehen.

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