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Steigende Grundstückspreise führen zum Bau von Mehrfamilienhäusern. Wie etwa an der Wangenheimstraße Nr. 20, Ecke Caspar-Theyß-Straße. Ehemals wohnte hier der weltberühmte Kameramann Michael Ballhaus.

© imago/Stefan Zeitz

Grundstücke in Dahlem und Grunewald: Grüner wird’s nicht

Der Südwesten Berlins punktet mit hohen Preisen und hoher Lebensqualität. Baugrundstücke sind allerdings rar.

Wer den grünen Südwesten Berlins mehr bevorzugt als die trendigen multikulturellen Kieze der Stadt, der wäre hier gerne zu Hause. Und deshalb suchen Bauträger derzeit händeringend nach freien Grundstücken in Dahlem und Grunewald. Im Wochentakt finden sich Werbebroschüren kleiner und großer Maklerfirmen mit Suchanfragen nach Grundstücken in den Briefkästen der bereits Ansässigen: Der Nachfrage gutverdienender Neu-und Alt- Berliner konnte das Angebot in den vergangenen Jahren nicht folgen.

On Market, also öffentlich zugänglich, finden sich auf den großen Internet-Immobilienportalen in Dahlem und in Grunewald oft nur eine Handvoll Baugrundstücke je Ortsteil. „Die Zahl der Grundstücke, die nicht öffentlich angeboten werden, dürfte auch nicht höher sein“, sagt dazu Magnus Strümpfel von Engel & Völkers. Wie sich Grundstückpreise in jüngster Vergangenheit in den hier genannten Nobelwohngebieten entwickelten, erlebte Horst Edelmann (Name von der Redaktion geändert) aus Bayern.

Er erwarb mit seiner Familie 2009 ein 1200 Quadratmeter großes Grundstück. Wegen einiger Scherereien mit der Baubehörde verwarf Edelmann sein Bauvorhaben – eine kleine Villa – und verkaufte das Grundstück nach nur 18 Monaten zum Preis von 1,1 Millionen Euro. Das Grundstück war kürzlich noch zu haben zu einem Angebotspreis von mehr als 1,5 Millionen Euro. Edelmanns bauten ihr Traumhaus dann nahe des Grunewalds. „Wir empfinden keine Reue, denn heute, nach knapp vier Jahren hat sich auch hier der Grundstückspreis mehr als verdreifacht“, sagt der Bauherr.

Nur wenige können solch ein Investment stemmen

Bei Grundstückspreisen ab zirka 1100 Euro aufwärts – der Bodenrichtwert des Gutachterausschusses liegt bei 950 Euro pro Quadratmeter – verteuern sich natürlich auch neugeschaffene Eigentumswohnungen. Bei Angebotspreisen von 6500 bis 11000 Euro pro Quadratmeter ist der Preis des Grund und Bodens ein wichtiger Aspekt der Preisfindung. Da werden dann für eine 150 Quadratmeter-Komfort-Wohnung mit Top-Ausstattung und Tiefgarage schnell einmal mehr als eine Million Euro fällig.

Hinzu kommen noch Grunderwerbsteuer, Makler und weitere Kaufnebenkosten. Solch ein Investment zu stemmen, dazu fühlen sich nur sehr begüterte Personen in der Lage. Selbst bei derzeit historisch niedrigen Hypothekenzinsen und adäquatem Eigenkapital werden pro Jahr für den Kapitaldienst locker noch einmal 50 000 Euro netto fällig – plus Nebenkosten. In Dahlem oder Grunewald zu wohnen war teuer, ist teuer und wird es bleiben.

Hier, in diesen beiden Ortsteilen mit der geringsten Bevölkerungsdichte Berlins, liegen Seen und Wälder vor der Haustüre. Und doch sind es nur wenige Minuten zu den Zentren der Hauptstadt. Diese Lage hat einen Preis, den sich wohlhabende Manager, Ärzte, Rechtsanwälte, einige Politiker, erfolgreiche Schauspieler und Einkommensmillionäre aller Couleur aus dem In- und zunehmend aus dem Ausland leisten können. Die „richtige“ Postleitzahl auf der Visitenkarte spielt bei mancher Kaufentscheidung auch eine Rolle.

Die Preise werden weiter steigen

Im Luxussegment bringt die Lage allein das Betongold allerdings noch nicht zum Glänzen. Nach Einschätzung des Immobilienvermittlers eigenwert GmbH kommt es zusätzlich auf das Potenzial und die emotionale Rendite des Objektes an. „Die neuen Eigentümer investieren hohe Beträge, um ihre ganz persönlichen Vorstellungen im Objekt realisieren zu können“, sagt Michael Ostermaier, Immobilienberater bei eigenwert. Was darf künftig in Berlins feinsten Lagen erwartet werden?

Die wenigen freiwerdenden Grundstücke, mit oder ohne Abrisshaus, dürften noch teurer werden. Zwar wirken sich steigende Grundstückspreise bei einer effizient ausgenutzten Mehrfamilienhausbebauung weniger preistreibend aus als bei Einfamilienhäusern. „Aber Käufer werden auch künftig weiter steigende Preise akzeptieren“, sagt die Immobilienmaklerin Petra Craatz aus Schmargendorf. Der Trend zu Mehrfamilienhäusern wird durch die Zahl der in den Jahren 2011 bis 2013 erteilten Baugenehmigungen bestätigt.

In Berlin-Grunewald wurden in dieser Zeit laut Baustadtrat Marc Schulte 37 Genehmigungen für Einfamilienhäuser – nach Abzug der Einfamilienhäuser im Sondergebiet des ehemaligen Güterbahnhofs Grunewald – erteilt. Mit 45 Genehmigungen für Mehrfamilienhäuser liegen diese aber in der Statistik schon heute vorne. Dieser Trend wird noch eine Weile anhalten; die Grundstückspreise werden weiter ansteigen. „Davon gehe ich aus“, sagt Marc Schulte.

Mehrfamilienhäuser liegen im Trend

Auch in Berlin-Dahlem ist der Trend erkennbar. Auf Nachfrage beim zuständigen Bezirksamt ist aus den amtlichen Unterlagen zu entnehmen, dass sich das Verhältnis der Baugenehmigungen für Einfamilienhäuser vs. Mehrfamilienhäuser von 2011 bis 2013 deutlich zugunsten der letzteren Gebäudekategorie entwickelt hat. So wurden in 2013 von neun Genehmigungen allein sechs für Mehrfamiliengebäude ausgestellt. Die schon hohen Grundstückspreise dort sind laut Norbert Schmidt, Baustadtrat Steglitz- Zehlendorf, „noch nicht am Ende angekommen, weil gute Lagen weitgehend ausverkauft sind“.

Magnus Strümpfel sieht die Entwicklung ähnlich. Er ist seit mehr als 25 Jahren für Engel & Völkers tätig und leitet seit 11 Jahren die Dependance des Unternehmens in Grunewald. Aber Obacht: Der Verdichtung durch wuchtige Mehrfamilienhäuser kann hier und da mit der Erhaltungssatzung Einhalt geboten werden, sagt Strümpfel. Diese könnte die so wichtige Grundflächenzahl (GRZ) reduzieren. Die GRZ bestimmt die prozentuale Fläche des Gesamtgrundstückes, die mit einem Gebäude überbaut werden darf.

Die Folge: möglicherweise eine diametrale Wertentwicklung. Die eventuell weniger werdenden Grundstücke für Mehrfamilienhausbauten in Berlin-Dahlem werden vermutlich weiter im Preis steigen. Wo sich nur Einfamilienhäuser auf den Grundstücken realisieren lassen, könnten diese im Preis verlieren. Der aktuelle Wohnungsneubau in Berlin – zumeist im hochpreisigen Segment angelegt – findet noch seine Nachfrage. Bei weiter steigenden Neubauzahlen, die sich auf den teuren Bereich konzentrieren, dürfte sich aber eine Tendenz zur Stagnation verstärken; Rückgänge bei hohen Preisen und Mieten sind dann in zwei bis drei Jahren nicht mehr auszuschließen.

Peter Sissovics

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