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Immobilien: Handarbeit – vom Boden bis zum Dach

Ein Berliner Ingenieur hat ein Holzhaus mit Niedrigenergiestandard entworfen und innerhalb von drei Jahren selbst errichtet

In dem Neubau von Ehepaar Fussan fällt man buchstäblich mit der Tür ins Haus: es gibt nur einen winzigen Flur, einige Meter hinter der Schwelle stehen Küchentisch und Kochzeilen. Der Wohnraum schließt unmittelbar an, so dass das Erdgeschoss fast nur aus einem einzigen großen Raum besteht. Dadurch wirkt das Haus größer, als es in Wirklichkeit ist. Das ist clever geplant, ebenso wie viele andere liebevolle Details an dem Holzhaus. Ein Haus, das der pensionierte Chef des Berliner Bildungsträgers Stiftung Lette-Verein, selbst entworfen und von der Bodenplatte bis zum Dachfirst mit den eigenen Händen erbaut hat.

Nur wenige Bauherren dürften wie Fussan alles in eigener Regie übernehmen. Doch Holzhäuser in Tafelbauweise – dazu zählen auch industriell hergestellte Fertigbauten – sind besonders in den Neuen Ländern immer beliebter. Der wichtigste Vorzug von Baustoff und Konstruktion: Sie ermöglichen eine ausgezeichnete Dämmung, so dass sie ohne große Zusatzkosten Niedrigenergiestandard erreichen. An vielen Details des Hauses am Lärchenweg lässt sich außerdem zeigen, welche Ausstattung sinnvoll ist, und wo häufig Baumängel drohen.

Wichtigste Voraussetzung für die Planung des Hauses war natürlich das Grundstück. Die Fussans mussten sich gar nicht erst auf die Suche machen, denn sie hatten bereits 1972 ein 460 Quadratmeter großes Grundstück mit einem Altbau am Lärchenweg 14 erworben. Das neue Haus sollte vis-a-vis auf dem selben Bauland entstehen. Das wollte gut durchdacht sein, weil die Bauvorschriften für den Neubau nur eine Grundfläche von 66 Quadratmetern zuließen.

Die Wahl des Baustoffes hat Fussan nicht bereut: „Weil ich die Behaglichkeit unseres Holzhauses kennen gelernt habe, würde ich nie mehr in ein Steinhaus ziehen“, sagt der Bauherr. Und Fussan ist überzeugt, dass dieser Bauweise angesichts der neuen Energieeinsparverordnung die Zukunft gehört. Die Bauten seien einfacher zu dämmen und so langlebig und stabil wie gemauerte Gebäude. Die statische Auslegung des Hauses ermittelte Fussan selbst und ließ sie dann vom Statiker durchrechnen. Ergebnis: „Ein kleiner Fehler war drin“, sagt Fussan. Danach wurde der Bauantrag eingereicht.

Präzise Arbeit am Fundament

Besondere Vorsicht ist bei Holzbauten ohne Keller beim Anlegen der Bodenplatte geboten: Das aus Beton gegossene Fundament muss auf der gesamten Grundfläche weniger als fünf Millimeter Niveauunterschied haben; dagegen sind bei massiven Häusern Unterschiede von bis zu drei Zentimetern kein Problem, weil das Gefälle beim Mauern durch verschieden dick aufgetragenen Mörtel ausgeglichen werden kann. Bodenplatten für Holzbauten verlangen dagegen eine genaue Einschalung der Fläche, bevor der LKW mit dem Beton vorfährt. Nach der Lieferung muss der flüssige Baustoff sorgfältig geglättet werden. „Zum Glück hatten wir einen steifen Träger aus geleimten Holzschichten, denn mit unserem ursprünglichen Werkzeug gelang das nicht“, so Fussan.

Kein Keller? „Selbstverständlich nicht“ sagt der Bauherr, „ein Keller kostet etwa 20000 Euro, ein Werkzeugschuppen mit vier mal sechs Metern Grundfläche nur 6000.“ Ein zusätzlicher Vorzug des Schuppens: Werkzeuge, Fahrräder und Rasenmäher sind einfacher zu erreichen. Ein Vorzug besonders im fortgeschrittenen Alter.

Nachdem die Bodenplatte gegossen war, musste der Bauherr tief in die Tasche greifen: Ein Gerüst mit Regendach über den Bauplatz, höher als der Dachfirst. Das sollte später die kleine private Baukolonne vor Wind und Wetter schützen. Die ganze Konstruktion kostete 10000 Euro, war allerdings auch notwendig. Denn die Bauzeit für das kleine Haus betrug insgesamt drei Jahre, und Spanplatten sowie unbehandeltes Holz verziehen sich und verlieren nass ihre Tragfähigkeit. Deshalb werden die wohl bekanntesten Holzbauten, die Fertighäuser, nahezu vollständig in der Fabrik montiert und dann in Tiefladern zur Baustelle gefahren. Dort werden dann komplette Hausfassaden vorgefahren, die innerhalb kürzester Zeit montiert und durch ein Dach geschützt sind.

Das Sandwich-Prinzip

„Unsere Konstruktion ähnelt der von Fertighäusern“, sagt Fussan , „ich wollte aber beweisen, dass man diese nicht nur in Fabriken bauen kann.“ Die Wände bestehen wie ein Clubsandwich aus vielen Schichten: Außen Profilholz auf Latten geschraubt, dann eine bituminierte Weichfaserplatte, gefolgt von Ständern mit Mineralwolle ausgefacht, anschließend dicke Spanplatten, dann eine sechs Zentimeter dicke Installationsschale, in der die Leitungen für Wasser, Strom und Gas gelegt sind und schließlich eine 12,5 Millimeter dicke Gipsfaserplatte.

Stabil ist das Gebäude durch sechs mal 16 Zentimeter starke Holzständer, die mit 19 Millimeter starken Spanplatten beplankt sind. Diese Verbindung ist stärker als traditionelle Fachwerkbauten; sie trägt Lasten wie das Dach. Anders als bei Holzbauten üblich verschraubte der Bauherr die Bauteile, „weil mir sonst der Arm abgefallen wäre, wenn ich den ganzen Tag den Hammer geschwungen hätte, um Nägel einzuschlagen.“

Die größte Sorgfalt war bei der Dämmung der Holzkonstruktion und deren Schutz vor Feuchtigkeit erforderlich. Der Bauherr musste verhindern, dass Kälte und Wasser von Außen nach Innen dringen und auch ausschließen, dass Wärme und Wasserdampf von Innen in die Dämmung zwischen den Ständern einsickert. Der Vorzug seiner Wandkonstruktion liegt darin, dass die Dämmung nicht durch die Luftfeuchtigkeit feucht werden kann, das macht den Einbau einer Dampfbremsfolie überflüssig.

„Im Grunde müsste man das Haus so abdichten, dass man es komplett mit Wasser füllen könnte ohne dass ein Tropfen nach außen dringt“, so Fussan. Dieses Ziel ist natürlich nicht erreichbar, weil die Versorgungsleitungen für Gas, Strom und Brauchwasser hinein- und für Abwasser herausgeführt werden müssen. Und auch wenn die dabei entstehenden Löcher rund um die Rohre ausgeschäumt werden, bleibt ein kleiner Wärmeverlust. Auch dort, wo die Veranda an die Fassade angebaut wird, drohen Wärmeverluste, zumindest wenn der äußere Bauteil, der Wind und Wetter ausgesetzt ist, direkt an innere Bauteile anschließt. Doch solche Kältebrücken, die ähnlich wie Rippen am Zylinderkopf eines Motorrads den Innenraum kühlen würden, hat der Ingenieur vermieden.

Das lässt sich nach gut einem Jahr Betriebszeit ohne Zweifel sagen. Denn Fussan zahlt rund 33 Euro im Monat an die Gasag, damit die Heizung warm und die Kochstelle heiß sind. Das entspricht einem Energieverbrauch von 50 Kilowattstunden pro Quadratmeter im Jahr, das liegt noch unter dem Niedrigenergiehausstandard. Den geringen Energieverbrauch belohnt die Kfw-Bank mit einem zinsgünstigen Kredit. Auch wenn das billige Baugeld nicht leicht zu kriegen war: „Meine Hausbank wollte den Antrag nicht annehmen“, sagt Fussan. Er musste zu einem anderen Geldhaus. Dort erfüllten die Banker seinen Wunsch; die billigen KfW-Kredite sind nur über Geschäftsbanken zu beantragen, die die Anträge aber häufig ablehnen, weil sie daran zu wenig verdienen.

Wäre es möglich, den Energiebedarf noch weiter zu senken? „Ja, aber das rechnet sich nicht.“ sagt der Bauherr. So verfügt dessen Eigenheim zwar über eine mechanische Be- und Entlüftung, Fenster muss man also nie öffnen. Die ergänzende Rückgewinnung der Wärme aus der verbrauchten Luft installierte Fussan nicht. „Das hätte etwa 6000 Euro mehr gekostet, und dieses Geld bekommt man durch die so einzusparende Wärme nie wieder ’rein“, so der Bauherr. Aus dem selben Grund verzichtete der Ingenieur auch auf den Einbau von Solarzellen zur Erzeugung von Wärme und Strom. Während der Bauherr bei Planung, Kalkulation und Bau des Eigenheims höchste Vernunft walten ließ, ging die Leidenschaft mit ihm durch bei der Beleuchtung. „Ich bin ein Lichtfetischist“, sagt er mit Augenzwinkern. Diese Diagnose soll schon mancher Besucher gestellt haben, als er die 16 Schalter hinter der Eingangstür des Gebäudes entdeckte. Das sind nur die Schalter für die Lampen im Erdgeschoss des Gebäudes. Eine davon beleuchtet den Innenraum des Herdes.

Mit dem Ergebnis der dreijährigen Bauzeit ist auch Ehefrau Ewa zufrieden. „Wir haben das Haus gebaut für denjenigen von uns beiden, der übrig bleibt, wenn der andere stirbt“, sagt sie, „und das bin ich, denn ich werde 110 Jahre alt.“ Altersgerecht ist das Haus jedenfalls. Besonders wichtig dabei, die Treppe zum Obergeschoss: Die Stufen sind nicht hoch und sehr breit, es gibt Podeste zum Ausruhen, zwei Geländer zum Festhalten, und es ist keine Wendeltreppe.

Und der Preis neben dem vielen Fleiß? 100000 Euro haben die Baustoffe gekostet. „Die Profis arbeiten eben viel effizienter und kaufen billiger ein“, sagt Fussan.

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