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Handwerk: Wann Schluss ist mit der Toleranz

Unsere neuen Fliesen haben Absätze und die Fugen sind ungleichmäßig. Wurden sie falsch verlegt? Stephen-M. Dworok, Bausachverständiger, antwortet.

WAS STEHT INS HAUS?

Eine Fachfirma hat auf unserer Terrasse Fliesen aus hochwertigem Feinsteinzeug verlegt. Das Fliesenformat beträgt 60 x 30 Zentimeter. Die Fugen sind nicht immer gleichmäßig breit und die Fliesen haben zum Teil Absätze. Der Handwerksmeister erklärte hierzu, dass solche Toleranzen herstellungsbedingt erlaubt wären, da sich die Fliese während des Brennvorganges verwölben würde. Wenn das so ist, müsste dann nicht der Fliesenleger beim Verlegen diese Toleranz ausgleichen, um eine wirklich ebene Fläche herzustellen, bei der keine Ecken und keine Längskanten überstehen?

WAS STEHT IM GESETZ?

Für die Qualität des Feinsteinzeugs gilt die Norm EN 14411, da es sich um trockengepresste, keramische Fliesen handelt. Auf Grund der Fläche Ihres Fliesenformats darf die Dicke der Fliese bis zu fünf Prozent und die Verwölbungen in der Diagonale und der Seitenkante dürfen bis zu 0,5 Prozent variieren. Abhängig vom Fliesenformat können so materialspezifische Abweichungen bis zu circa ein Millimeter entstehen. Die handwerkliche Toleranz regelt sich nach DIN 18352, in der Fugenbreiten angegeben sind, ohne deren Toleranzen in der Breite und der Ebenheit der Fliesenfläche zu benennen. Da baupraktisch eine Verlegetoleranz von einem Millimeter zu berücksichtigen ist, kann die Fläche nebeneinander verlegter Fliesen in Abhängigkeit vom Fliesenformat bis circa zwei Millimeter betragen. Diese Differenz heißt Überzahn. Je größer die Fliese, desto größer die zulässige Toleranz, die zwei Millimeter nicht überschreiten soll. Nach DIN 18352 sollten Ihre Fliesen mit einer Fugenbreite von mindestens zehn Millimetern verlegt werden. Die Fugenbreite sollte gleichmäßig auch an Fugenkreuzen verlaufen. Die Breite von benachbarten Fugen kann geringfügig variieren. Wird aus gestalterischer Absicht ein zu geringes Fugenmaß gewählt, müssen zwangsläufig optische Beeinträchtigungen auftreten, da größere Formate dann größere Absolutwerte der Toleranzen haben. In einem solchen Fall wäre die handwerkliche Leistung mangelhaft und die Ursache wahrscheinlich eine falsche Beratung.

UND WIE STEHEN SIE DAZU?

Überzähne und Abweichungen in der Fugenbreite bei Fliesenverlegungen sind auf Grund der Materialeigenschaften aus dem Brennvorgang bei der Herstellung der Fliesen und der handwerklichen Verlegung unvermeidbar. Durch eine sehr sorgfältige handwerkliche Leistung und Auswahl von Verlegemustern und Fugenbreiten lässt sich das Arbeitsergebnis positiv beeinflussen. Auch der Materialkauf kann schon für den Erfolg entscheidend sein. Da Fliesen in unterschiedlichen Sortierklassen angeboten werden, dürfte man mit einer niedrigen Sortierklassenqualität auch bei bester handwerklicher Ausführungsqualität nur schwerlich die empfohlenen Toleranzen einhalten können. Baupraktisch kann ein Überzahn durch Auflegen eines Zwei-Cent-Stücks kontrolliert werden. Es ist 1,5 Millimeter hoch und unsere Währung ist zumindest formstabil.

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