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Immobilien: „Haus der Offiziere“ bald wieder fest in russischer Hand

Seit dem Abzug der sowjetischen Streitkräfte war die Umnutzung der Anlage in Wünsdorf ungeklärt.

Das kann für die ehemalige sowjetische Garnisonsstadt Wünsdorf 40 km südlich von Berlin der lang erhoffte Durchbruch sein: Für die ehemalige Militärturnanstalt, besser bekannt als „Haus der Offiziere“, gibt es einen ernsthaften Interessenten – der Investor kommt aus Russland. Birgit Flügge, Geschäftsführerin der Entwicklungsgesellschaft Wünsdorf/Zehrensdorf (EWS), bestätigt die Verkaufsverhandlungen, will sich aber zu den Einzelheiten weiter nicht äußern: „Dazu sage ich nichts.“ Investoren seien eben oft sehr eigen, wenn solche Gespräche an die Öffentlichkeit kämen.

Die EWZ ist ein eigens gegründetes Tochterunternehmen der Landesentwicklungsgesellschaft (LEG) Brandenburg. Sie steht am Ende der Verwertungskette der militärisch genutzten Liegenschaften aus der DDR-Zeit. In der Waldstadt Wünsdorf – zu jener Zeit von den Anwohnern „Klein-Moskau“ genannt – war bis zum Abzug 1994 das Oberkommando der Gruppe der Sowjetischen Streitkräfte in Deutschland (GSSD) stationiert. Zwischen 50 000 und 70 000 Menschen lebten hier, zum Teil hatten die Offiziere und Unteroffiziere ihre Angehörigen nachgeholt. Täglich fuhr ein Zug vom Bahnhof Wünsdorf nach Moskau. Es war die größte Garnison der Sowjets außerhalb ihrer Grenzen. Für Deutsche war Wünsdorf eine „Verbotene Stadt“.

Seit dem Abzug ist die Umnutzung der ehemaligen Militäranlage eine Aufgabe mit besonderen Dimensionen. Es ging und geht um 590 Hektar Fläche und 700 Gebäude, die bei der Übergabe – gelinde gesagt – stark sanierungsbedürftig waren. Ein Teil ist inzwischen zu schmucken Wohngebäuden umgebaut worden, auf einem Areal im Süden der Konversionsfläche hat Brandenburg einige Landesbehörden untergebracht.

Jetzt gibt es erstmals gute Aussichten für das Zentrum der Militärstadt an der Hauptallee. Noch müsse, so ist in Wünsdorf zu hören, die Suche nach möglichen Grabstellen rund um die Anlage abgeschlossen und ausgewertet sein; das könnte zu Verzögerungen führen. An den ernsten Absichten des Investors wollen Eingeweihte vor Ort nicht zweifeln.

Lange Zeit schien das „Haus der Offiziere“ mit seinen Begleitgebäuden schlicht unverkäuflich zu sein – allen Bemühungen mit aufwendig gestalteten Exposés und Internetseiten zum Trotz. Noch im Januar hatte die Entwicklungsgesellschaft Wünsdorf mit Inseraten in bundesweit erscheinenden Zeitungen nach „Investoren mit Visionen“ gesucht.

Visionen sind auch in der Tat notwendig, denn die Objekte an der Hauptallee haben ihren eigenen Maßstab: 20 000 qm Bruttogeschossfläche auf 26 Hektar Grund – es geht hier um das Herzstück der ehemaligen Militäranlage in Wünsdorf. Das „Haus der Offiziere“ (militärisch knapp auch „HdO“ genannt) bildet das schlossartige Zentrum eines Ensembles aus sechs neobarocken Gebäuden auf einem Parkgelände, die nur zusammen zum Kauf angeboten werden. Dazu gehören neben dem Offiziersspeisehaus auch das Konzerthaus (vormals als Turnhalle genutzt) mit insgesamt 3000 Plätzen, die Badeanstalt und seitlich dazu das Wohnhaus des Kommandanten. Ein großer Sportplatz rundet das Anwesen südlich der Wünsdorfer Hauptallee ab. Die Gebäude stehen unter Denkmalschutz.

Vor dem „Haus der Offiziere“ wacht mit festem Blick nach Westen eine stattliche Statue von Wladimir Iljitsch Uljanow Lenin, eine Ergänzung der Anlage aus sowjetischer Zeit. Diese Statue, die ebenfalls unter Denkmalschutz steht, ist im Kaufpreis inbegriffen. Und dieser Lenin käme wieder in russische Hände, wenn der Investor zugreifen sollte.

Die Visionen zu „Wjunsdorf“, die einen russischen Investor treiben können, liegen auf der Hand. Für die meisten Soldaten, vor allem für die Offiziere, war der Aufenthalt in der DDR und erst recht in Wünsdorf der angenehmste Abschnitt in ihrer militärischen Laufbahn. Russische Fernsehsender berichten auch heute noch regelmäßig über die Geschichte und die Gegenwart der ehemaligen Militärstadt Wünsdorf. Zahlreiche Besucher, überwiegend ehemalige Angehörige der Streitkräfte, haben sich schon als Touristen durch die frühere Wirkungsstätte führen lassen.

Eine besondere Rolle spielt bei den Erinnerungen an Wünsdorf das „Haus der Offiziere“. In einem runden Anbau war auf einem Diorama die Eroberung des Berliner Reichstages durch sowjetische Soldaten abgebildet; dieses plastische Gemälde ist inzwischen nach Russland gebracht worden. Der Rundbau ist mittlerweile einsturzgefährdet. Im Vorraum zu dem Anbau hängen noch die Karten, die die Truppenbewegungen in der Schlacht um Berlin mit vielen tausend Opfern zeigen – für geschichtsbewusste und patriotische Russen ist der Zustand der Gebäude bedauernswert.

Bisher hatte es immer wieder Kaufinteressenten gegeben, die aber an der puren Größe der Anlage verzweifelt waren. Viele Kasernengebäude sind in einem abrissreifen Zustand. Die Hauptgebäude im südlichen Teil sind inzwischen ebenfalls stark angegriffen. Der Südteil der Anlage ist bisher noch weitgehend so, wie ihn die sowjetischen Streitkräfte verlassen hatten.

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