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Immobilien: Im Westen (fast) nichts Neues

Die lange Suche der Familie Beyer nach einem bezahlbaren EigenheimVON DANIELA VON TREUENFELSAm Anfang war Frust.Mutter, Vater und die beiden Kleinen hatten die Nase voll von Neukölln: vom dunklen Hinterhof, wo auch angeschlossene Fahrräder immer wieder wegkamen.

Die lange Suche der Familie Beyer nach einem bezahlbaren EigenheimVON DANIELA VON TREUENFELSAm Anfang war Frust.Mutter, Vater und die beiden Kleinen hatten die Nase voll von Neukölln: vom dunklen Hinterhof, wo auch angeschlossene Fahrräder immer wieder wegkamen.Leid waren sie auch die Hundeexkremente auf dem Gehweg sowie deren Verursacher auf dem Spielplatz - nicht gerade ein kinderfreundliches Umfeld.Die zweijährige Josefine mußte früh lernen aufzupassen: Die Glasscherben aus dem Buddelkasten auch mal selbst zum stets überquellenden Mülleimer tragen - eine Sisyphusarbeit.Eine Wohnung mußte her, Eigentum wenn möglich.In Berlin kein Kinderspiel.Eine Epopoe begann. Denn Wohnungen und Häuser sind teuer.Die Idee: Die Investitionsbank Berlin (IBB) greift Häuslekäufern mit kleinerem Budget doch finanziell unter die Arme.Die Statistik verrät: 85 Prozent aller IBB-Mittel flossen in den vergangenen Jahren in Neubauprojekte im Ostteil der Stadt; der kleine Rest geht in die westlichen Bezirke."Geförderte Haushalte erwerben aber nur ganz wenige Grundstücke am Markt", sagt Mathias Kämmer, bei der IBB zuständig für Wohneigentum.Der Grund: Für die Mehrzahl der Berliner ist der Grund und Boden unerschwinglich - obgleich er bereits im Wert gefallen ist.Familie Beyer (Name geändert) will dennoch das scheinbar Unmögliche: eigene vier Wände auf eigenem Grundeigentum. Denn zuvor war die Suche nach einer Mietwohnung enttäuschend verlaufen.Bezahlbare Adressen sind schon vor dem Besichtigungstermin "unter der Hand" vergeben oder wechseln nur mit schwindelerregenden Abstandsforderungen den Mieter.Eingeschrchränkt ist die Angebotspalette außerdem durch Beyers Grundsatz: "Keine Mark den Maklern".Auch vor einem Wohnungskauf lag die Latte hoch: Die Banken verlangen 20 Prozent Eigenkapital; auch wenn der junge Haushalt die aufbrächte, bei einem Zinssatz von 6 Prozent plus ein Prozent Tilgung könnte er höchstens 300 000 DM finanzieren.Damit kommt die Familie in Berlin nicht weit.Außerdem bände sie sich so über Jahrzehnte eine hohe monatliche Belastung ans Bein. Erst das Beratungsgespräch bei der IBB sollte die Zweifel zerschlagen - und für manche Überraschungen sorgen.Familie Beyer kommt mit ihrem anrechenbaren Einkommen von rund 50 000 DM netto in die günstigste "Förderklasse 1".Das heißt: Sie braucht nur 10 Prozent Eigenkapital - in anderen Förderklassen verlangt das Bankhaus 15 Prozent.Mit drei Kindern - das Ungeborene dürfen die Berliner mitzählen, da Mutter Beyer bereits jenseits der 16.Woche schwanger ist - errechnet der Berater einen Kreditrahmen von 580 000 DM.Pluspunkt auch: Für das IBB-Darlehen zahlt die fünfköpfige Familie in den ersten vier Jahren nur 0,6 Prozent Zinsen.Zusammen mit dem erforderlichen Zusatzkredit bleibt die monatliche Zinsbelastung bezahlbar: rund 1200 DM.Das kostet ja schon die Kaltmiete einer Sozialwohnung mit fünf Zimmern - Beyers "Alternative". Flugs legt sie den Rechenstift zur Seite und öffnet den Immobilienspiegel dieser Zeitung.Erwartungsgemäß werden die meisten IBB-geförderten Eigenheime in den östlichen Außenbezirken angeboten.Warum auch nicht, die Beyers bestellen Prospekte.Bald sind die Grundrisse und Baubeschreibungen studiert und erste Musterwohnungen besichtigt.Das Passende ist aber nicht dabei: Fünf Zimmer sind für die kinderreiche Familie erforderlich - solche Wohnungen haben Seltenheitswert.Die Beyers weichen aus auf kleine Reihenhäuser mit Ausbaureserven in Dach und Keller. Auch im Westteil der Stadt bieten fast allein Bauträger solche Wohnungen an, die mit IBB-Mitteln zu erwerben sind.Während aber in Karow Reihenhäuser 400 000 DM bis 550 000 DM kosten, sind im Westen für ähnliche Immobilien mindestens 600 000 DM zu berappen.Nur in Randlagen gehts auch billiger.Allerdings haben die Beyers auch eine gewisse Vorstellung der bevorzugten Wohnlagen: Das Umfeld sollte vernüftig erschlossen sein und per Bahn oder Auto gut erreichbar sein.Wenn es dann noch ein grünes Fleckchen für die Kinder hätte, es wäre perfekt.Die Einzigen mit diesen Vorstellungen sind sie aber bei weitem nicht.Und solvente Familien haben den Vorzug: In Steglitz entstehen ab März 33 Reihenhäuser in der Brahmsstraße am Rand des Bäkeparks. Das preiswerteste wurde vom Bauträger für 580 000 DM angeboten, das teuerste für 750 000 DM.Alle Einheiten waren bereits Ende vergangenen Jahres verkauft - innerhalb weniger Monate.Für Familie Beyer war das Angebot zwar verlckkend, aber nicht finanzierbar.Die Preise enthielten nämlich keine Nebenkosten.Dies ist bei fast allen Bauträgerangeboten so.Nebenkosten sind Gebühren für Notar, für Zwischenfinanzierung und andere den Immobilienerwerb begleitende "Kleinigkeiten".Sie summieren sich leicht auf etwa 10 Prozent des Kaufpreises. Enttäuscht, aber nicht verbittert, prüft die Familie Beyer eine weitere Alternative: selbst bauen.Hier muß sie einige Vorgaben der IBB beachten.Der Preis des Grundstücks darf den Bodenrichtwert nicht überschreiten, außerdem gelten Obergrenzen für die Baukosten.Zudem dürfen einige, ökologisch bedenkliche Baumaterialien nicht verwendet werden, Tropenholz zum Beispiel.Die Beyers stehen nun aber erneut vor einem Problem und "das kann auch von der IBB nicht gelöst werden", wie Mathias Kämmer sagt: Es gibt keine bezahlbare Grundstücke.Kämmer verweist auf die Eigenheiminitiative des Berliner Senats mit dem geplanten 300 000 Mark-Haus."Das ist vernünftig, muß aber erst einmal umgesetzt werden." Auch beim Thema Landesentwicklungsgesellschaft zuckt Kämmer nur mit den Schultern."Die BLEG arbeitet seit über einem Jahr ohne verbindliche Richtlinien." Zuvor konnten Familien über die BLEG billige, landeseigene Grundstücke erwerben.Das ware lange nicht mehr möglich.Immerhin liegt aber im Hause der Finanzsenatorin die Vorlage für eine neue Richtlinie.Sie soll diesen "Familienbonus" wieder herstellen. Eigeninitiative ist also gefragt.Eine Nachfrage beim Bezirksamt des Wunschbezirkes nach freien Grundstücken in Kommunaleigentum, trifft auf offene Ohren.Und: Behörden sind gesetzlich daran gehalten, Grundstücke nur zum Verkehrswert zu verkaufen.Der ist auch nicht verhandelbar.Über zahlreiche Liegenschaften verfügen auch das Bundesvermögensamt, die Kirchen oder die großen Gesellschaften wie Gasag, BSR oder Bewag.Wäre es nicht vielleicht möglich, ein altes Umspannwerk der Bewag zum Wohngebäude umzubauen? Die IBB würde ein solches Unterfangen fördern.Wer ein größeres Grundstück findet, kann sich auch zu einer Bauherrengemeinschaft zusammenschließen und eine Reihenhausanlage errichten. Noch ist Familie Beyer nicht am Ziel.Doch die die lange Suche hat sich für sie gelohnt.Wo genau sie mit IBB-Hilfe ihr Geld investieren wird, will sie nicht abgedruckt wissen.Ein Stück Aberglaube ist dabei - und "Geschäftspolitik": "Über laufende Verhandlungen spricht man nicht". Wen die IBB wie fördert - und geplante Änderungen Wen die IBB wie fördert - und geplante ÄnderungenPolitiker jeglicher Couleur klagen über hohe Grundstückspreise und den Wegzug zahlungskräftiger Steuerbürger ins Umland.Seit Jahren kündigen sie eine Eigenheiminitiative an - in dieser Woche kam sie endlich.Nun sollen sich die IBB-Richtlinien ändern und auch solvente Familien billiges IBB-Baugeld bekommen."Halteprämie für Besserverdienende", sagen Spötter.Bislang gab es elf Förderklassen.Dabei durften Haushalte die Einkommensgrenzen, die zum Bezug einer Sozialbauwohnung berechtigen, um bis zu 100 Prozent überschreiten - künftig wären es bis zu 200 Prozent.Sicher ist, es gibt weniger Fördermittel als 1997 (660 Mill.DM): 1998 sind es nur noch 430 Mill.DM.Dennoch sollen mehr private Haushalte Wohneigentum erwerben: 3000 statt 2500 (1997).Außerdem geplant: Alle Bautypen fördert die IBB mit derselben Kreditsumme von 4000 DM - bisher waren es pro Quadratmeter 4500 DM für Einfamilienhäuser, 4250 DM für Reihenhäuser und 4000 DM für Eigentumswohnungen.Die höchste, förderfähige Wohnfläche ändert sich wohl nicht: 2 Personen 60 Quadratmeter, 3 Personen 80 Quadratmeter und 10 Quadratmeter für jedes weitere Haushaltsmitglied.Diskutiert wird aber, daß die IBB auch Paare mit Kindern, aber ohne Trauschein fördert.Bisher war Ehe Voraussetzung oder aber ein gemeinsames Kind.Über die neuen Billigzinsen der IBB-Kredite war nichts zu erfahren.Sie betragen bisher zwischen 2,1 und 4,4 Prozent; pro Kind zieht die IBB weitere 0,5 Prozentpunkte ab. DvT

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