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Immobilienmarkt: Bürostadt mit Aussicht

Berlin hinkt bei Vermietungen den anderen Metropolen hinterher. Aber die Zahlen werden besser.

Der Trend geht zum neuen Büro: Unbeeindruckt von der Katerstimmung an den Bau-Kreditmärkten herrscht auf den Mietmärkten eitel Sonnenschein. 30 Prozent mehr Büroflächen als im Vorjahr konnten von Januar bis September in den fünf deutschen Büro-Hochburgen Frankfurt, Berlin, München, Düsseldorf und Hamburg vermietet werden. Insgesamt fanden gut zwei Millionen Quadratmeter neue Mieter, wovon knapp 600 000 auf München, 430 000 auf Frankfurt und etwa 300 000 auf Berlin fallen, rechnet das Immobilien-Beratungsunternehmen DTZ vor. Mit einem Plus von 22 Prozent ist der Aufschwung offenbar nun auch in der Hauptstadt angekommen. Trotzdem ist Berlin, gemessen am Zuwachs, das Schlusslicht unter den fünf Städten.

Auch Atisreal, die Immobilientochter der Großbank BNP Paribas, erwartet für Berlin in diesem Jahr weiterhin ein unbeirrtes Wachstum und neue Rekordumsätze, die schon zwischen Januar und September 27 Prozent über dem Vorjahr lagen. In Städten wie Köln, Düsseldorf und Hamburg war das Interesse allerdings noch größer: Die Umsätze stiegen dort um 48, 45 und 37 Prozent, heißt es bei Atisreal. „Die Zuwächse um etwa ein Viertel in Berlin sind vor allem durch einzelne Großvermietungen zustande gekommen, etwa die Vermietung an die Berliner Verkehrsbetriebe im Bezirk Mitte“, relativiert auch Tanja Schickel vom Makler Dr. Lübke. Dass einzelne Großabschlüsse das Bild verzerren, glaubt auch CB Richard Ellis, nach eigenen Angaben der weltweit größte Immobilienberater. Denn: Vermietungen unter 1000 Quadratmeter Fläche machten in diesem Jahr 76 Prozent aus, nach 59 Prozent im Vorjahr.

Vom Preisboom in Hamburg, München oder Frankfurt, aber auch in Madrid, Warschau und Stockholm blieb Berlin bisher größtenteils ausgeschlossen. Während deutsche oder internationale Firmen in Frankfurt bis zu 39 Euro pro Quadratmeter und damit 16 Prozent mehr als im Vorjahr hinblättern müssen, stiegen die Berliner Spitzenmieten nur geringfügig auf 23 Euro, so DTZ-Sprecherin Christiane Dörr. Aus Sicht von Atisreal liegen die Berliner Höchstmieten Ende September sogar nur bei 21 Euro – im Vergleich zu 20,50 Euro ein Jahr zuvor. Gezahlt werden diese Spitzenpreise meist nur in der City Ost , also den Bereichen Potsdamer Platz, Friedrichstraße, Unter den Linden. Damit ist Berlin nach Köln weiterhin eines der billigsten europäischen Büro-Zentren, es rangiert hinter Brüssel, Manchester oder Barcelona und weit hinter Paris und London, wo Top-Lagen bis zu 70 beziehungsweise über 150 Euro pro Quadratmeter kosten.

Allerdings: Die meisten Immobilien-Experten sehen für Berlin optimistisch in die Zukunft. Während laut Atisreal in vielen anderen deutschen und europäischen Städten wegen des hohen Preis- und Umsatzniveaus eher mit „einer deutlichen Abschwächung“ zu rechnen ist, könnte die Hauptstadt von Zuzügen und neuen Büromietern profitieren. Auch CB Richard Ellis sieht den Büroimmobilien-Markt in der Hauptstadt „für Berliner Verhältnisse auf einem guten Weg“. Das sei auch an den aktuellen Neuanfragen ablesbar, die Ende September knapp 20 Prozent über dem Volumen des Vorjahrs lagen. „Berlin kommt langsam, aber die Stadt kommt“, bestätigt auch Stefan Heerde, Consulting-Chef beim Immobilienmakler Engel & Völkers. Die Stadt biete eine große Auswahl an Flächen in Top-Lage, gelte als hip und werde Anziehungspunkt bleiben. Heerde: „Es gibt kaum eine andere Stadt mit solchem innerstädtischen Entwicklungspotenzial. "

Einer der zentralen und teuersten Standorte könnte in Zukunft beispielsweise das etwa 23 000 Quadratmeter große Areal rund um den Humboldthafen in Mitte werden, das derzeit noch brach liegt. In den kommenden Jahren soll es aber mit Büroflächen, Hotels und Restaurants zu neuem Leben erweckt werden. Heerde erwartet hier wegen der Toplage am Wasser und in unmittelbarer Nähe zu Regierungsviertel und Bahnhof Mietpreise von 20 bis 25 Euro, vereinzelt vielleicht 30 Euro je Quadratmeter. Mit sehr starken Preissteigerungen sei in Berlin nicht zu rechnen. Auch Dr.-Lübke-Experte Schickel ist sich sicher, dass „Berlin auf längere Sicht nicht Frankfurter Verhältnisse bekommt“. Dass nur sehr gute Gegenden überhaupt teurer werden, lässt sich laut Engel & Völkers beispielsweise am Hackeschen Markt ablesen: Kostete der Quadratmeter Büro dort vor Jahresfrist noch zehn Euro, so sei aktuell unter 13 Euro nichts mehr zu haben. In ein bis zwei Jahren sei eine Steigerung bis auf 16 Euro möglich, sagt Engel-&-Völkers-Maklerin Lisa Ebert.

Problembüros bleiben dagegen leer. Wer ein neues Büro suche, so DTZ, richte sein Augenmerk fast ausschließlich auf neue Objekte mit topmoderner Ausstattung. Besonders beliebt seien Büroflächen, die sich noch im Bau befänden und die der spätere Mieter folglich nach eigenen Vorstellungen ausstatten könne. Bei Kleinfirmen, Werbeagenturen und Sozietäten wiederum lägen umgekehrt sehr alte, modernisierte Bestandsgebäude mit charmanter Architektur vorne, sagt Heerde. Für das, was dazwischen liegt, könnte es schwierig werden: „Manches Büro am Potsdamer Platz ist schon veraltet und genügt technisch nicht mehr den aktuellen Anforderungen“. Der Büromarkt sei eben extrem schnelllebig, so dass sich der Leerstand in den deutschen Bürohochburgen zäh halte und trotz Konjunkturhoch zu einem Dauerzustand werde, heißt es auch bei DTZ. Ende September standen in Frankfurt, München, Hamburg, Berlin und Düsseldorf insgesamt knapp sieben Millionen Quadratmeter Büros leer, gerade mal sechs Prozent weniger als ein Jahr zuvor. In Berlin sank die Quote trotz der stärkeren Nachfrage nur minimal von 9,3 auf neun Prozent: 1,6 Millionen Quadratmeter sind hier ohne Mieter. „Viele Mieter nutzen in Berlin noch das günstige Preisniveau, um in modernere Flächen und bessere Lagen zu wechseln“, heißt es bei Atisreal zur Begründung.

Veronika Csizi

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