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Hausfassade am Ludwigkirchplatz.

© Thilo Rückeis

Immobilienmarkt: Im Westen was Neues

Stadtteile im Westen erleben eine Renaissance, die Entwicklung bisher vernachlässigter Kieze in Wedding und Tiergarten zieht nach. Dahlem bleibt begehrt und wird schnell teurer.

Wohnen im Berliner Westen? Weitab von hippen Straßencafés in Prenzlauer Berg, Friedrichshainer Szenebars und den Touristen-Hotspots in Mitte? Was für viele Berliner, Alteingesessene wie Zugezogene, lange Zeit undenkbar war, beginnt für andere offenbar interessant zu werden.

„Der alte Berliner Westen erlebt ganz klar eine Renaissance“, sagt Katja Giller, Gutachterin für Immobilienwertermittlung beim Immobilienverband Berlin-Brandenburg (IVD). Wer auf exklusives Wohnen Wert lege, orientiere sich nicht unbedingt an Szenebezirken wie Prenzlauer Berg oder Friedrichshain. „Da stehen Charlottenburg und Wilmersdorf ganz klar an der Spitze, mit Abstand gefolgt von Schmargendorf oder auch Dahlem.“

Auch Cindy aus Marzahn wohnt hier

Dass Charlottenburg für gut betuchte Eigentümer interessant geworden ist, zeigt die Dichte der Prominenz, die sich hier weit ab vom Trubel der Szenebezirke niedergelassen hat: Schauspieler wie Jürgen Vogel oder Alexandra Maria Lara hat es nach Charlottenburg gezogen, Spieler und Trainer von Hertha BSC haben dank der Nähe zum Olympiastadion eine Vorliebe für den Bezirk. Der Nationaltorwart Manuel Neuer soll sich in Charlottenburg eine Dachgeschosswohnung für drei Millionen Euro geleistet haben. Und in Wilmersdorf residieren unter anderem die „Super Nanny“ Katharina Saalfrank oder auch Ilka Bessin, besser bekannt als „Cindy aus Marzahn“.

Was die Menschen an dem Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf mit seinem bislang eher etwas angestaubtem Image vielleicht am meisten fasziniert, sind nach Meinung der Expertin neben der guten Anbindung zum Stadtzentrum wohl die Altbauten: „Hier gibt es eine Menge überalterter Wohnungen, die saniert wurden“, erklärt Katja Giller. „Wo man selber etwas realisieren und an der Wertsteigerung mitwirken kann – da geht der Wind hin.“

Wer auf der Suche nach Neubauten ist, muss sich jedoch wohl erst einmal im Osten der Stadt orientieren, wo mehr Grundstücke frei sind und immer noch Baulücken geschlossen werden können. Am meisten neu gebautes Wohneigentum registrierte das Landesamt für Statistik 2015 im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg. Knapp 1200 Eigentumswohnungen wurden dort im vergangenen Jahr fertiggestellt.

An zweiter Stelle folgt Pankow mit 825 Neubauten, danach die Bezirke Mitte und Treptow-Köpenick mit jeweils etwa 500 Eigentumswohnungen. Schlusslichter bilden Marzahn-Hellersdorf und Reinickendorf. Hier kamen 2015 nur neun neue Eigentumswohnungen hinzu. Doch auch der Berliner Westen birgt offenbar immer noch Potenzial. In Schöneberg starteten jüngst die Bauarbeiten für eine Wohnanlage mit 127 Eigentumswohnungen im Luxusbereich. In einer Gegend, die bisher eher für Möbelhäuser und den Straßenstrich auf der Kurfürstenstraße bekannt war, soll das Carré Voltaire nach Angaben des Bauträgers „gehobenen Wohnstandard“ bieten mit Quadratmeterpreisen zwischen 4400 und 7400 Euro.

Spandau wird wohl weiter außen vor bleiben

Dem Immobilienberater CBRE zufolge befinden sich in Charlottenburg-Wilmersdorf vierzig Prozent aller Bauprojekte, in denen mindestens eine Wohneinheit zu einem Quadratmeterpreis oberhalb von 6000 Euro angeboten wird, 29 Prozent gibt es davon in Mitte und 15 Prozent im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg.

Im Bezirk Mitte wurden im letzten Jahr Baugenehmigungen für mehr als 1500 Eigentumswohnungen vergeben, gut 1300 Bauvorhaben sind es in Treptow-Köpenick. Auf Platz drei folgt der Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf mit rund 1100 genehmigten Neubauten.

Katja Giller ist davon überzeugt, dass sich Menschen auf der Suche nach Wohneigentum künftig noch mehr von Wedding und Tiergarten anziehen lassen – beides Teile des Berliner Westens, die bislang eher gemieden wurden: „Hier zieht die bauliche Entwicklung nach, die Gegend hat einiges zu bieten und entwickelt sich.“ In Moabit zum Beispiel sind noch Anderthalb-Zimmer-Wohnungen für 120 000 Euro zu haben.

Auch der Süden Neuköllns mit seinen Stadtteilen Rudow und Buckow hat durch seine Nähe zum neuen Flughafen für Wohnungskäufer nach Einschätzung der Gutachterin Potenzial. Immerhin wurde hier im vergangenen Jahr der Bau von knapp 500 weiteren Eigentumswohnungen genehmigt.

Spandau als Bezirk im tiefsten Westen wird hingegen wohl auch in nächster Zeit außen vor bleiben. „In Spandau baut kaum jemand“, so Giller. Zu weit ab sei der Stadtteil, um wirklich attraktiv zu werden, obwohl gerade schöne Ecken am Wasser oft unterschätzt würden.

In Dahlem entstehen heute vor allem Mehrfamilienhäuser

Dahlem wie es leibt und lebt: die Dienstvilla des Bundespräsidenten.
Dahlem wie es leibt und lebt: die Dienstvilla des Bundespräsidenten.

© Jörg Carstensen/dpa

Der Südwesten Berlins gehört schon seit Längerem zu den Toplagen der Stadt. 2015 kostete Wohneigentum in Grunewald durchschnittlich 1200 bis 5200 Euro pro Quadratmeter, in Dahlem stiegen die Preise auf bis zu 6200 Euro.

Gegenüber 2012 haben sich die Grundstückpreise in Dahlem etwa verdoppelt. Die raren verfügbaren Grundstücke werden nun nicht mehr mit Villen bebaut, wie sie den Stadtteil seit seiner Erschließung um 1900 prägten. Heute geht der Trend Richtung Mehrfamilienhaus. Das sei für die Bauherren viel attraktiver, als eine einzelne Villa zu errichten, sagt Thomas Sandner, Mitglied des Gutachterausschusses für Grundstückswerte in Berlin.. „Wer mehrere hochwertige Eigentumswohnungen in einem großen Garten baut, kann für das Grundstück auch ein deutlich höheres Angebot machen.“

Der Experte glaubt aber nicht, dass sich der Charakter Dahlems dadurch wesentlich verändern wird: „Auch eine Stadtvilla ist nur zwei- oder maximal dreigeschossig. Der Bezirk wird es planungsrechtlich nicht dulden, dass sich das Bild sehr verändert.“

Am teuersten mit 1800 Euro pro Quadratmeter ist die Gegend um den Thielpark zwischen Löhleinstraße, Bitterstraße, Föhrenweg und Gelfertstraße. Das Gebiet wird umschlossen von der Bodenrichtwertzone zwischen Königin-Luise-Straße und Clayallee, wo die Preise bei 1400 Euro pro Quadratmeter liegen.

Wesentlich billiger ist es auf der anderen Seite der Löhleinstraße Richtung Freie Universität. Für 840 Euro ist der Quadratmeter hier zu haben. Noch weiter runter gehen die Kosten im Winkel zwischen Argentinischer Allee und Clayallee mit 640 Euro pro Quadratmeter. Richtig saftig werden die Preise noch einmal nördlich der Königin-Luise-Straße zwischen Pacelliallee und Pücklerstraße mit 1700 Euro pro Quadratmeter. Mehr Informationen zu den Berliner Bodenrichtwerten gibt es beim Portal BORIS Berlin.

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