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Immobilienmarkt: Wohnen, wo Joachim Gauck einst wirkte

Neben der Komischen Oper entstehen in Mitte weitere Luxuswohnungen. In einem der Häuser wirkte kurz nach dem Fall der Mauer Joachim Gauck als Chef der Stasi-Unterlagenbehörde.

Die meisten Berliner dürften sich einig sein: An der Ecke der Behren- zur Glinkastraße in Mitte möchte man nicht unbedingt wohnen. Die Straße ist viel befahren und laut, der Blick geht auf ein großes Verwaltungsgebäude und den Aeroflot- Plattenbau – da kommt höchstens der passionierte Operngänger ins Schwärmen, der nur die Straße überqueren muss, um in die Komische Oper zu gelangen.

Genau an dieser unwirtlichen Ecke aber entstehen jetzt 29 Luxuswohnungen. Die Frankonia Eurobau AG, einer der großen Bauträger in Deutschland mit Sitz in Nettetal, investiert 76 Millionen Euro, um drei Gebäude mit den klangvollen Namen Palais Behrens, Palais Theising und Theising Residences zu errichten. Als Voraussetzung dafür haben jetzt die Abbrucharbeiten am Parkhaus gegenüber der Komischen Oper begonnen; an seiner Stelle werden zwei Neubauten (Palais Behrens und Theising Residences) entstehen. Beim Palais Theising hingegen handelt es sich um das 1898 errichtete, heute unter Denkmalschutz stehende Eckhaus, in dem kurz nach dem Fall der Mauer Joachim Gauck als Chef der Stasi-Unterlagenbehörde wirkte und in dem zuletzt der „Fundus“-Markt Trödel aller Art verkaufte.

Eigentlich müssten die Bauarbeiten schon weit fortgeschritten sein. Denn bereits im Sommer 2010 kündigte Frankonia den baldigen Baubeginn an. Die Verzögerung erklärt Hanns Kastner, Regionalleiter Berlin von Frankonia, mit der unsicheren wirtschaftlichen Lage. Das Gesamtprojekt umfasst neben den Wohnungen nämlich auch 12 000 Quadratmeter Bürofläche. Für diese gibt es noch keine Mieter, so dass den Investor zwischenzeitlich erhebliche Zweifel beschlichen, ob es klug sei, angesichts von Euro-Krise und Rezessionsangst mit so viel Bürofläche auf den Markt zu gehen. Mittlerweile aber, so Kastner, rechne die Frankonia nicht mehr mit einem Wirtschaftseinbruch. Wenn die Büros im Palais Behrens 2014 fertig würden, werde die Nachfrage groß sein – zumal in der Nähe des Regierungsviertels ansonsten keine zusammenhängenden Büroflächen von 10 000 Quadratmeter zur Verfügung stünden.

Keine Vermarktungsschwierigkeiten gibt es laut Frankonia dagegen bei den Wohnungen. Diese umfassen zwischen 80 und 230 Quadratmeter Wohnfläche, wobei die meisten Einheiten um die 100 Quadratmeter groß sind. Im Durchschnitt müssen Käufer dafür 6000 Euro pro Quadratmeter bezahlen – mit einer Spanne von 3500 bis 12 000 Euro. So viel kosten die Penthouses, die damit zu den teuersten Wohnungen Berlins überhaupt gehören.

Zumindest wohlhabende Ausländer lassen sich nach Angaben von Markus Feldt, dem Vertriebskoordinator des Maklerunternehmens Berlin Capital Investments, von den stolzen Preisen nicht abschrecken. Ganz im Gegenteil: Interessenten aus Paris, sagt Feldt, könnten es gar nicht fassen, dass man schon für diesen Preis eine Wohnung in der Nähe des Pariser Platzes und des Boulevards Unter den Linden bekomme. Für ein Appartement in der Avenue des Champs Elysées oder der Avenue Montaigne in Paris müssten sie nämlich nach Angaben des Maklerhauses Engel & Völkers bis zu 50 000 Euro pro Quadratmeter hinblättern.

Feldt zufolge sind bisher 17 der 29 Wohnungen – zwölf im Altbau des Palais Theising, 17 im Neubau der Theising Residences – verkauft. Unter den bisherigen Käufern sind allerdings nur wenige Berliner. Das gelte für alle exklusiven Projekte, sagt Feldt: Erfahrungsgemäß hätten nur etwa zehn Prozent der Kunden ihren Wohnsitz in Berlin, 30 Prozent im Bundesgebiet und 60 Prozent im Ausland.

Wenn sich die Wohnungen so gut verkaufen – warum errichtet die Frankonia dann nicht einfach mehr Wohnungen und weniger Bürofläche? Man habe das geprüft, antwortet Frankonia-Vertreter Kastner, dann aber davon Abstand genommen, da in diesem Fall eine neue Baugenehmigung nötig geworden und weiterer Zeitverzug entstanden wäre. Vermarktungsspezialist Feldt hätte eine andere Entscheidung begrüßt. Denn nach seiner Einschätzung ist die Nachfrage nach solchen Luxuswohnungen – Frankonia spricht allerdings lieber vom „Premium- Segment“ – in Berlin-Mitte derzeit ausgesprochen hoch. Und auch bei den Preisen sieht Feldt den Höhepunkt noch lange nicht erreicht: „Da ist noch ganz viel Platz nach oben.“

Tatsächlich sind Luxuswohnungen in Berlin günstiger als in anderen Städten. Das zeigt der Blick auf ein anderes Projekt der Frankonia, nämlich die Lenbach-Gärten in München. Als diese im Jahr 2007 fertiggestellt wurden, bezahlten die Käufer in der Spitze ebenfalls über 10 000 Euro. Seither habe es jedoch eine Wertsteigerung von über fünfzig Prozent gegeben, sagt Frankonia-Vorstand Georg Reul. In den Lenbach-Gärten wohnen unter anderem wohlhabende Menschen, die sich nur eine gewisse Zeit des Jahres in Deutschland aufhalten. „Erste Entwicklungen in diese Richtung“, so Reul, seien mittlerweile auch in Berlin festzustellen. Allerdings scheinen die Münchner Käufer ganz besonders anspruchsvoll zu sein. Jedenfalls baute Frankonia in den Lenbach-Gärten im Keller eine Hundedusche ein …

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