zum Hauptinhalt

Immobilien: „In Berlin ist definitiv Platz für zwei Top-Lagen“

Eurohypo-Vorstandsmitglied Joachim Plesser über die Konkurrenz von Kurfürstendamm und Friedrichstraße, über die Großinvestoren in Berliner Wohnungsbaugesellschaften – und über die Zukunft des Häuschens im Grünen

Herr Plesser, wenn Sie wählen müssten zwischen Kurfürstendamm und Friedrichstraße, wo würden Sie ivestieren?

Ich würde mir das Objekt und die Mieter sehr gut ansehen und beide Lagen prüfen. In Berlin gibt es definitiv genug Platz für zwei Toplagen im Einzelhandel, und ich sehe auch noch Raum für die Einkaufszentren, die zur Zeit im Bau sind.

Täuscht denn der Eindruck, dass die Friedrichstraße dem Kudamm die Schau stiehlt?

Ja. Sehen Sie sich den mittleren Teil des Kurfürstendamms an, oder den Tauentzien, und gucken Sie auf die Enden der Friedrichstraße. Sie sehen überall denselben Trend: Die absoluten Toplagen funktionieren prima, an den Enden bröckelt es schon deutlich, die Seitenstraßen sterben. Das ist in der City West genau so wie in der City Ost, etwa jenseits der Leipziger Straße oder den Linden. Diesen Trend finden Sie in Düsseldorf auch wieder, oder in München oder Köln.

Und wie heißt der Trend?

Bei Einzelhandelsimmobilien haben nur die Straßen eine Chance, die für die großen Filialisten taugen. Das sind nur erste Adressen oder Einkaufscenter.

Und die kleinen Geschäfte, auf die es ankommt, wo bleiben die?

Das ist eine gefühlte Situation, die der Realität nicht mehr Stand hält. Auf die kleinen Geschäfte kommt es schon lange nicht mehr an. Jedenfalls machen sie keinen Standort aus. In den inhabergeführten Fachgeschäften und kleinen Läden, die die Leute angeblich so mögen, kaufen sie leider nicht ein.

Und wo ist dann noch der Unterschied, ob ich in Berlin oder Köln, auf dem Kudamm oder in der Friedrichstraße einkaufe?

Den Unterschied machen Sie selbst. Wo gehen Sie lieber hin?

Also müssen wir uns um die Fasanenstraße und die Charlottenstraße sorgen?

Genau. Schon 200 Meter von der Hauptstraße entfernt werden Sie mehr und mehr Probleme bekommen.

Auch an den Hauptstraßen Berlins gibt es ziemliche Leerstände.

Der Markt ist noch nicht in Ordnung, das stimmt. Aber das gilt vor allem für die Büroimmobilien, weniger für Einzelhandelsobjekte.

Tut sich denn bei den Büros etwas?

Ja, aber sehr langsam. Es wird kaum noch etwas neu gebaut, aber die bestehenden Leerstände sind so groß, dass es noch drei bis vier Jahre dauern wird, bis es eine erträgliche Leerstandsquote geben wird.Wir werden uns auf eine zunehmende Fluktuation und dauerhafte Leerstände von bis zu zehn Prozent einrichten müssen, auch weil ältere Objekte in einem Mietermarkt nur noch bedingt auf Nachfrage treffen.

Wenn man sich den Markt für Wohnungen anguckt: Warum gehen da die schlechten Lagen am besten?

Sie fragen nach den Portfoliokäufen, über die seit ein, zwei Jahren berichtet wird. Gekauft werden hier in erster Linie stabile Cash flows. Die Lagequalität spielt da allenfalls indirekt, nämlich über die Höhe der Miete eine Rolle. Das Angebot trifft auf eine überaus große Nachfrage, vor allem aus dem Ausland. Auf der einen Seite stehen Industrieunternehmen und kommunale Wohnungsbaugesellschaften, die ihre Wohnungsbestände privatisieren wollen, auf der anderen Seite Investoren, die die konjunkturelle Entwicklung in Deutschland positiver einschätzen als wir selbst.

Ist es günstig, diesen Investoren die eigene Mietwohnung abzukaufen?

Das muss man sich in jedem Einzelfall genau ansehen. Das hängt neben dem Objekt vor allem von den persönlichen Lebensumständen ab. Die Verunsicherung der Bewohner kann ich bis zu einem gewissen Grad verstehen. Schließlich macht es einen Unterschied, ob man einer städtischen Wohnungsbaugesellschaft oder einem privaten Investor gegenübersteht, dessen legitimes Ziel es ist, eine möglichst hohe Rendite mit seinem Wohnungsinvestment zu erzielen.

Sie trauen den Investoren nicht?

Das kann man nicht verallgemeinern. Ich kenne Investoren, die ihre Wohnungsbestände deutlich besser managen, als es die Voreigentümer je getan haben. Wie generell im Wirtschaftsleben begegnet man solchen und solchen. Ganz allgemein gilt: Die Entwicklung ist noch zu jung, um eine verlässliche Beurteilung treffen zu können.

Was heißt das?

Vor allem wird es darauf ankommen, ob die Käufer eine angemessene Bestandserhaltung betreiben und die dafür notwendige Liquidität zur Verfügung stellen.

Und, tun sie das?

Bisher ist mir nichts Gegenteiliges bekannt. Ich hoffe, dass es so bleibt.

Wo liegen die Risiken?

In der Zinsentwicklung. Die Geschäftsmodelle der Wohnungsinvestoren basieren maßgeblich auf dem niedrigen Zinsniveau. Wenn die Zinsen steigen, wächst der Druck, insbesondere das Interesse an neuen Käufen wird zurück gehen.

Aber diese Investoren sind die Einzigen, die den Städten und Gemeinden ihre unrentablen Wohnungsbestände abkaufen.

Die Bestände an sich sind nicht unrentabel, das sieht man doch an dem Interesse der Käufer. Sie werden oftmals nur schlecht gemanagt. Ich halte es für nicht sinnvoll, dass die Städte ihre Bestände aus der Hand geben. Einen gewissen Teil sollten sie im Rahmen ihrer Sozialpolitik oder aus städtebaulichen Gründen verfügbar halten.

Ist es Ihnen denn lieber, dass die Bestände das letzte Geld der Städte verbrauchen?

Wenn man handlungsfähig bleiben will, muss man eine Doppelstrategie fahren. Das, was jahrelang versäumt wurde, macht man nicht gut, in dem man jetzt zu Radikallösungen greift.

Sie würden die Wohnungsbaugesellschaft Mitte nicht verkaufen?

Hier geht es nicht um eine Wohnungsbaugesellschaft, sondern um eine schlüssige Gesamtpolitik.

Würden Sie eine Eigentumswohnung oder ein Haus im Grünen kaufen?

Gute Objekte in guten Lagen werden auch in Zukunft ihre Käufer finden. Die Preise werden eher wieder anziehen. Immobilien im unteren Marktsegment werden dagegen Schwierigkeiten haben.

Was ist eine Immobilie im unteren Marktsegment?

Reihenhäuser in ländlichen Regionen, Eigentumswohnungen in eher einfachen Stadtteillagen oder an der Peripherie ohne ausreichende Verkehrsanbindung.

Also das, was sich die meisten Menschen leisten können.

Verstehen Sie mich bitte nicht falsch. Es ist überhaupt nichts dagegen zu sagen, ein solches Haus oder eine solche Wohnung zu kaufen und darin zu wohnen. Mit Blick auf die künftige Wertentwicklung ist das aber möglicherweise problematisch. Hier sind städtische Lagen in den gesuchten Wohnvierteln deutlich besser. Im Zuge der demographischen Entwicklung der deutschen Bevölkerung werden die innerstädtischen Wohnquartiere einen verstärkten Zuspruch erleben. Das wird sich auch auf die Preise auswirken.

-

Zur Startseite