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Immobilien: "In Bestand investieren"

Der Chef der IBA-Emscher-Park über Bauen und ÖkologieVON RALF KÖPKE Zum 50jährigen Jubiläum des Bundeslandes Nordrhein-Westfalen (NRW) präsentierten die Internationale Bauausstellung Emscher Park (IBA) sowie das Düsseldorfer Ministerium für Bauen und Wohnen die Ausstellung "50 Jahre Bauen und Wohnen in NRW".Mit IBA-Geschäftsführer Professor Karl Ganser sprach Ralf Köpke über die Entwicklung der Bau- und Wohnungspolitik in NRW.

Der Chef der IBA-Emscher-Park über Bauen und ÖkologieVON RALF KÖPKE Zum 50jährigen Jubiläum des Bundeslandes Nordrhein-Westfalen (NRW) präsentierten die Internationale Bauausstellung Emscher Park (IBA) sowie das Düsseldorfer Ministerium für Bauen und Wohnen die Ausstellung "50 Jahre Bauen und Wohnen in NRW".Mit IBA-Geschäftsführer Professor Karl Ganser sprach Ralf Köpke über die Entwicklung der Bau- und Wohnungspolitik in NRW.Ganser war vor seinem IBA-Engagement neun Jahre lang im NRW-Städtebauministerium als Abteilungsleiter für Stadterneuerung, Denkmalschutz, kommunalen Straßenbau und Bauleitplanung zuständig. TAGESSPIEGEL: Sehen Sie Unterschiede in der nordrhein-westfälischen Bau- und Wohnungspolitik im Vergleich zu anderen Bundesländern?GANSER: Es gibt kein anderes Bundesland, daß so konsequent über Jahrzehnte hinweg auf öffentlich geförderten Wohnungsbau gesetzt hat wie Nordrhein-Westfalen - und zwar über den ersten Förderweg.Dennoch lagen die spezifischen Kosten pro erstellter Wohnfläche im öffentlichen Wohnungsbau deutlich niedriger als in anderen Bundesländern, in Berlin wurde doppelt so teuer gebaut.Dieses Land, und das ist sicherlich der gravierendste Unterschied, hat sicherlich mehr Sozialpolitik über den Wohnungsbau gemacht als andere. TAGESSPIEGEL: Warum gibt es dann heute trotz dieser Förderpolitik mehr als 600.000 Obdachlose und einen Fehlbestand von rund 400.000 Wohnungen?GANSER: Absolute Zahlen vermitteln einen falschen Eindruck.Mit über 17 Mill.Einwohnern ist NRW das größte Bundesland.Das Umrechnen auf die Einwohnerzahl wäre die richtige Vorgehensweise, um bei Obdachlosigkeit und Fehlbestand einen Ländervergleich zu machen.Außerdem ist der Wohnungsbedarf, von dem wir so oft sprechen, ein Luxusbedarf.Immer mehr Menschen schaffen sich größeren Wohnraum an, weil es ihre Einkommen erlaubt.Unterstützt wird dieser Trend durch steuerliche Abschreibungsmöglichkeiten.Mit weitaus weniger staatlichen Geldern könnte das soziale Wohnungsbauproblem gelöst werden.Die Gelder müßten konsequent auf Obdachlose, kinderreiche und einkommensschwache Familien getrichtert werden.Hier sehe ich auch einen Nachholbedarf in der NRW-Wohnungsbaupolitik.Die Zeiten, in denen wir hochspezialisierte Neubau-Förderprogramme brauchten, gehen zu Ende.Die Gelder wären besser in die Bestandssicherung investiert.TAGESSPIEGEL: Bei der Städtebaupolitik wurden zwischen Rhein und Weser allerdings die gleichen Fehler gemacht, es wurden riesige Trabantenstädte errichtet...GANSER: Das sehe ich anders, auch wenn sich solche Gewaltsiedlungen in Köln-Chorweiler, Bielefeld-Sennestadt oder Ratingen-Eckkampf finden.Nordrhein-Westfalen hat diese Strömung mitgemacht, aber unterkühlt.Am allerwenigsten finden sich solche Auswüchse im Ruhrgebiet.Nordrhein-Westfalen und das Revier sind in diesen Zeiten nicht so schnell gewachsen wie der Stuttgarter oder Münchner Raum.Dadurch setzte das Ruhrgebiet mit der wehrhaften Erhaltung der Arbeitersiedlungen entscheidende Akzente zur Stadterhaltung und -erneuerung.Wie kein anderes Bundesland steckte Nordrhein-Westfalen über ein Jahrzehnt jährlich bis zu 600 Mill.DM in die Stadterneuerung. TAGESSPIEGEL: Verschlief Nordrhein-Westfalen mit dieser Politik nicht die Wende zum ökologischen Bauen? Dieser Begriff taucht erst mit Beginn der Internationalen Bauausstellung Emscher Park Anfang der neunziger Jahre in NRW auf.GANSER: Den Begriff "Ökologisches Bauen" gab es so vor fünfzehn Jahren gar nicht.Bei einer nüchternen physikalischen Bilanz über die Materialströme und die Energieaufwendungen, lag die Stadterneuerungs- und Wohnungspolitik unter ökologischen Gesichtspunkten mit der Bestandssicherung gar nicht so schlecht.Dabei wurden aber Chancen, die mit modernen Energieversorgungssystemen zum Klimaschutz und zum Energiesparen möglich sind, vernachlässigt.Hier wünsche ich mir eine Offensive, verstärkte Nutzung des Regenwassers, kombiniert mit Selbsthilfe am Bau.Das setzt voraus, daß man die Verfügbarkeit über die Wohnungsbestände hat.Das Land müßte diese Bestände für Mieter oder Bauherren aufkaufen.

RALF KÖPKE

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