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Immobilien: In der Not braucht der Kaufmann gute Freunde

Warum die leeren Büropaläste ihren Eigentümern noch nicht das wirtschaftliche Rückgrat gebrochen habenVON RALF SCHÖNBALL Wahre Freunde erkennt man in der Not.Das gilt für Kaufleute allemal.

Warum die leeren Büropaläste ihren Eigentümern noch nicht das wirtschaftliche Rückgrat gebrochen habenVON RALF SCHÖNBALL Wahre Freunde erkennt man in der Not.Das gilt für Kaufleute allemal.Schwer sind die Zeiten derzeit vor allem für Entwickler von Bürohäusern - dennoch kam es bisher "nur" zu Rückstellungen bei Banken und Investoren.Auch wer in der Nachwendezeit "ein großes Rad" drehte, hat sich daran noch nicht überhoben.Ein Schulterschluß zwischen finanzierenden Instituten und ihren Kunden verhindert das.Dabei ist Tricksen nicht nur erlaubt, sondern auch erwünscht.An Beispielen mangelt es nicht. "Berlin ist wie Leipzig und Dresden ein künstlich hochgezüchteter Markt.Aufgrund der steuerlichen Anreize setzten bei den meisten Beteiligten die intellektuellen Fähigkeiten aus", sagt Peter Rösler, Chef vom Maklerunternehmen Müller International.Dennoch belegte die Hauptstadt im deutschen Wettbewerb der Immobilienhochburgen mit 395.000 vermieteten Quadratmetern immerhin den zweiten Rang nach Frankfurt/Main (510.000).Allerdings hinkt der Vergleich.In Berlin stehen vor allem neuste Bürotürme leer: Von den 1.098.000 Quadratmeter, die bis heute keine Mieter fanden, entfallen 783.000 auf Neubauten - in Franfurt/Main warten "nur" 292.000 Quadratmeter modernste Büros auf Nutzer, bei insgesamt 979.000 Quadratmeter leere Immobilien.Daß überhaupt so viel vermietet wurde, ist für Eigentümer kein Grund zur Entwarnung: "Es wird alt gegen neu getauscht", sagt Rösler - und die neuen Büros sind moderner, besser ausgestattet, liegen in zentraleren Stadtteilen und bringen Eigentümern dennoch weniger Miete ein. "In die Kaiserin-Augusta-Allee zog die Telekom in ein Gebäude das ein Jahr leer stand und bezahlt etwas über 20 DM pro Quadratmeter", sagt Jörg Nehls, Leiter der Berlin-Niederlassung von Müller.Zwanzig DM für einen Neubau - für diesen Preis gab es Anfang der Neunziger nicht einmal Altbauten.Die Wirtschaftlichkeitsrechnung auch dieser Immobilie wurde aber zu besseren Zeiten gemacht: Vom Bauantrag bis zum Einzug der Mieter vergehen rund zweieinhalb Jahre.Auch Entwickler, die konservativ rechneten, konnten einen derartigen Einbruch der Preise kaum voraussehen: Allein im letzten Jahr gingen in den zehn größten Städten Deutschlands die höchsten erzielbaren Mietpreise im Mittel um 7,3 Prozent zurück.Aufgrund des großen Angebots geben die Makler abgelegenen Bürohäusern überhaupt keine Chance mehr im Wettbewerb um Mieter: "Es gibt Neubauten, die gar nicht erst bezogen werden", sagt Nehls.Die "Pyramide" von Fundus in der Landsberger Allee sei ein solcher Fall.Zwar seien immerhin 1800 Quadratmeter dort vermietet worden, "bei 30.000 Quadratmeter ist das aber ein Tropfen auf den heißen Stein", so Nehls. Auch hier schneidet Frankfurt/Main besser ab als Berlin: In der Mainmetropole sind vor allem Immobilien in Randbezirken vom Leerstand betroffen.Weil Büros in der Stadt wegen des großen Angebots wieder bezahlbar sind, zieht es die Mieter ins Zentrum.Im Bankenviertel gebe es bereits ein "Verknappung von Mietflächen", so Rösler.Er beschwört für 1997 sogar einen Preisanstieg, weil auch die neuen Hochhäuser der Skyline "Mainhattans" - etwa von Commerzbank oder Helaba - zu großen Teilen von den Bauherren selbst genutzt würden.Ganz anders ist die Lage in Berlin, wo vorwiegend ohne Nutzer "spekulativ" gebaut wurde. Besonders betroffen vom Leerstand sind drei voluminöse Blöcke in der Berliner Mitte.Den Friedrichstadtpassagen attestieren Experten zu allem Überfluß "Planungsfehler": Im Inneren des Quartiers 207 von Stararchitekt Jean Nouvell ist es düster, weil das Gebäude viel zu tiefe Räume hat.Die sogenannten Lichtkegel versagen ihren Dienst.Schlecht konzipiert und erschlossen sind auch die Nachbarhäuser.Fachleute gehen davon aus, daß sie auf lange Zeit hin kaum Mieter finden.Dafür ist die Konkurrenz in der unmittelbaren Nachbarschaft zu groß: Am "Checkpoint" ködern die Investoren Mieter mit umfassenden Dienstleistungen, die die Nebenkosten senken sollen.Am Potsdamer Platz wachsen die Türme der Konzerne debis, sony und ABB.Als Bauherren und "Ankermieter" zugleich empfehlen sie sich Dienstleistern von Wirtschaftsunternehmen als repräsentative Adresse.Bleiben die Passagen aber zu über die Hälfte leer, obgleich sie 10.000 DM und mehr pro Quadratmeter Nutzfläche kosteten, brechen sie dann nicht ihren Eigentümern das wirtschaftliche Rückgrat? Beim Quartier 207 wendeten die Eigentümer diese Gefahr trickreich ab: Verkauft ist das Quartier an die Allgemeine Leasing.Das ist eine Tochter der Dresdner Bank, die neben Roland Ernst und dem französischen Baukonzern SGE Eigentümerin war.Ernst und die Dresdner Bank verbindet eine langjährige Partnerschaft und derzeit einige gemeinsame Projekte.Da eine Hand die andere wäscht, dürfte die Bank "ihren" Entwickler ohne Verlust aus dem riskanten Unternehmen herausgelotst haben.Das wäre auch möglich gewesen, denn auf dem Papier wurde das Gebäude Branchenkennern zufolge für 400 Mill.DM Eigentum der Allgemeinen Leasing - auf dem echten Markt betrug das höchste Angebot für den leeren Glaspalast nur 300 Mill.DM.Hat die Dresdner Bank so drohende Rückstellungen auf den Rücken einer Beteiligungsgesellschaft umgeschichtet? Nein, denn die Bank gewinnt bekanntlich immer, und das Spiel geht so: Mit der Leasinggesellschaft schließt sie einen "Abführungsvertrag" über die steuerliche Abschreibung.Die beträgt in dem Fall noch 50 Prozent der Erwerbskoten, also 200 Mill.DM.Abschreibungsbedarf hat die Bank genug: Sie verdiente im Wertpapiergeschäft bestens und braucht diese Summen dadurch nicht zu versteuern.Die Leasing-Gesellschaft kassiert also die volle Summe, die aber zu weiten Teilen aus Steuergeldern besteht.Nun kann sie sich in aller Ruhe auf Mietersuche begeben. Ist sie dabei erfolgreich, dann wird die Immobilie an einen Offenen Immobilienfonds weiterverkauft.Der übernimmt das Gebäude dann zum "Ertragswert", der aus einem Vielfachen der Mieteinnahmen errechnet wird.Dann verdienen die Bank und ihre Tochter ein zweites Mal.Zwei Verlierer gibt es in diesem Spiel: Der Steuerzahler, weil die Bank sich durch das Geschäft um die Versteuerung ihrer Gewinne drückt.Schlecht abgeschnitten hat außerdem der "ausgezahlte" Dritte im Bunde: der Französiche Konzern SGE.Er wurde vor dem "Leasing-Deal" mit der Konzerntochter von der Dresdner Bank ausgezahlt - da das Gebäude nur zur Hälfte und weit billiger als prognostiziert vermietet wurde, dürfte die "Entschädigung" weit unter dem "offiziellen" Preis gelegen haben.

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