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Immobilien: In Neubauten muß bald jede Wohnung einen Wasserzähler haben

Bestandsschutz für alte Mehrfamilienhäuser / Verursachergerechte Abrechnung bei Abfallgebühren nicht praktikabelVON ANDREAS LOHSE Die Kommunen benutzen die Vermieter als Inkassogehilfen." Solcherart klagte jüngst der Präsident des Zentralverbandes der deutschen Haus-, Wohnungs- und Grundstückseigentümer, Friedrich-Adolf Jahn.

Bestandsschutz für alte Mehrfamilienhäuser / Verursachergerechte Abrechnung bei Abfallgebühren nicht praktikabelVON ANDREAS LOHSE Die Kommunen benutzen die Vermieter als Inkassogehilfen." Solcherart klagte jüngst der Präsident des Zentralverbandes der deutschen Haus-, Wohnungs- und Grundstückseigentümer, Friedrich-Adolf Jahn.Er forderte, daß die städtischen Versorgungsbetriebe den Mietern künftig die Gebühren direkt in Rechnung stellen sollten."Schließlich werden die Telefonkosten auch nicht über die Vermieter abgerechnet." Ähnlich sieht es der Sprecher des Berliner Haus- und Grundbesitzervereins, Dieter Blümmel."Man versucht, alles über die Hauseigentümer reinzuholen", die ihrerseits den Aufwand des Inkassos trügen.Jahns Vorschlag erscheint zwar vordergründig als der eines Verbandsfunktionärs, welcher allein die Vermieter erfreute.Doch könnte es auch für Mieter von Vorteil sein, wenn kommunale Großbetriebe ihre Gebühren - wie es bei Strom und Gas im übrigen ja geschieht - vom Hausbewohner selbst einforderten.Vorausgesetzt, man nutzt diesen Schritt als Chance, einer "verbrauchsabhängigen Abrechnung" näher zu kommen und damit als Potential, Betriebskosten zu sparen.Immerhin stiegen gerade die kommunalen Gebühren in den letzten Jahren exorbitant. Einsparung gewinnt an Reiz, wenn man daraus einen erkennbaren monetären Vorteil zieht.Doch was nützt es dem Mieter, wenn er statt täglich zu baden nur duscht, während gleichzeitig die Nachbarn das kostbare Naß gedankenlos in den Gully spülen? Nach dem bisherigen Abrechnungsmodus werden beispielsweise Wasser- und Abfallgebühren gleichermaßen auf alle Mietparteien eines Mehrfamilienhauses umgelegt, unabhängig davon, wieviel der einzelne tatsächlich zur Kostenexplosion beiträgt.Das kann dazu führen, daß ein Single mehr zahlen muß als ein Drei-Personen-Haushalt. Bei den Müllgebühren, so meinen unisono die Vertreter sowohl von Hausbesitzern als auch Mietern, sei eine verursachergerechte Abrechnung durch die Berliner Stadtreinigung allerdings bislang kaum praktikabel.Man könnte den Mietern allenfalls eine Rechnung auf gleicher pauschaler Basis schicken, wie sie die Vermieter derzeit in die Betriebskostenabrechnungen aufnehmen.Der Grund: Es gibt noch keine einfache und zugleich verläßliche Technik, seien es komplizierte Wiegesysteme, Mengenerfassung oder Chipkarte, mittels derer die Abfallkosten flächendeckend den einzelnen Verursachern zugeordnet werden könnte.Denn was beim Eigenheim funktioniert, läßt sich kaum auf eine Großsiedlung übertragen.So werde eine Umstellung von der pauschalen Abrechnung des Mülls auf Einzelabrechnung "in diesem Jahrhundert wohl nicht mehr zu realisieren sein", meint Dieter Blümmel. Anders könnte es beim Wasserverbrauch aussehen.Das sei "relativ unkompliziert", konstatiert der Geschäftsführer des Berliner Mietervereins, Reiner Wild.Denn ein Betrieb wie die Wasserwerke könne weit besser in Zähler investieren als beispielsweise ein privater Vermieter mit nur wenigen Wohnungen.Selbst wenn er die Investition als Modernisierungsumlage auf die Miete aufschlüge, fehle es oftmals an Motivation, diesen Aufwand zu leisten.Und somit bleibt es in der Regel bei dem bisherigen Abrechnungsmodus, der eher die Gedankenlosigkeit fördert als die Sparwilligen zu unterstützen. Zwingen kann man einen Hausbesitzer nicht, seine bestehenden Gebäude mit Wasserzählern nachzurüsten.Aus gutem Grund: In vielen Altbauten gibt es unterschiedliche Wasserentnahmestellen für Küche, Bad und Toilette.Es müßten also - mit großem Aufwand - ebenso viele Zähler installiert werden. Allerdings wird die Berliner Bauordnung derzeit novelliert und um den schlichten aber effektiven Satz ergänzt: "Jede Wohnung muß einen Wasserzähler haben".Das gilt indes nur bei Neubauten.Für alle anderen gebe es Bestandsschutz, erklärt man in der Senatsbauverwaltung.Bei genehmigungspflichtigen Nutzungsänderungen allerdings, beispielsweise dann, wenn Wohnräume zur Arztpraxis umgewandet werden, müsse man im Einzelfall prüfen, ob der Aufwand für den Einbau eines Zählers in einem angemessenen Verhältnis zum Nutzen steht.Laut Zeitplan soll das Abgeordnetenhaus die Novelle im Juni verabschieden. Die Bauordnung sagt nichts darüber, wer künftig abrechnen soll.Bei den Berliner Wasserbetrieben immerhin kann man sich - eine entsprechende Verordnung vorausgesetzt - "durchaus vorstellen", die Abrechnung zu übernehmen, schränkt allerdings ein, daß es "mit dem derzeitigen Personalstand undenkbar" sei. Kostenexplosion Die Kosten für Müllabfuhr in den alten Ländern haben sich von 1991 bis 1996 mit 98,2 Prozent nahezu verdoppelt.Für Abwasserbeseitigung müssen heute fast 60 Prozent mehr gezahlt werden als noch vor sechs Jahren, die Preise der Wasserversorgung stiegen im gleichen Zeitraum um 30,9 Prozent.Auch in den neuen Ländern langten die Kommunen kräftig zu: Die Müllabfuhr stieg um 81,6 Prozent, Abwasserbeseitigung gar um 97,8 und die Wasserversorgung um 75,2Prozent.

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