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Franz-Georg Rips

© dpa

Interview: "Immer mehr Wohnkaufkraft geht an die Versorger"

Franz-Georg Rips, Präsident des Deutschen Mieterbundes, über steigende Betriebskosten und Klimaschutz

Das Thema Energiekosten wird aus Mietersicht eins der großen des gerade begonnenen Jahres 2008. Und auch im Bereich Wohngeld und Hartz IV gibt es für die Bundesregierung einiges zu tun. Das findet Franz-Georg Rips, Präsident des Deutschen Mieterbunds. Im Interview blickt er zurück auf 2007 und formuliert seine Erwartungen für die Zukunft.

Herr Rips, fangen wir erst einmal mit der Vergangenheit an. Wie ist das vergangene Jahr verlaufen – aus Ihrer Sicht und der der Mieter?

Durchwachsen, weil sich die Grundmieten im Prinzip stabil gehalten haben, aber die Betriebskosten explodiert sind – vor allem die Energiekosten. Wir haben unterm Strich eine deutliche Mehrbelastung der Mieterhaushalte. Außerdem gehen bedauerlicherweise immer mehr preiswerte und bezahlbare Wohnungen verloren, weil die Kommunen Wohnungen verkauft haben.

Also eine Preistreiberei ohne Ende?

Es wird immer mehr Wohnkaufkraft zu den Energieversorgern fließen. Das führt nicht nur dazu, dass die vier Monopolisten in Deutschland immer reicher werden, sondern auch dazu, dass auch die Wohnungsunternehmen weniger Geld einnehmen. Der Mieter kann das Geld nur einmal ausgeben. Sollte sich der Prozess fortsetzen, wird schlicht weniger Geld für die Wohnung selbst und damit weniger Geld übrig bleiben, um Wohnungen instand zu halten.

Klimaschutz ist und bleibt ein Dauerbrenner – welchen Einsatz darf man von den Mietern erwarten?

Wir bekennen uns zur Mitverantwortung zum Klimaschutz. Das funktioniert nur, wenn die Energieeffizienz erhöht wird, ist aber auch eine zwiespältige Geschichte. Denn die Mieten werden vordergründig wegen nötiger Modernisierungsmaßnahmen steigen. Wir erwarten natürlich, dass Energiebedarf und -verbrauch mittelfristig auch sinken. Wenn man auf die zu erwartenden Energiepreise von morgen blickt, kann man nur zu dem Schluss kommen, dass sich dann die Energiesanierung auch für die Mieter rechnet.

Noch einmal zu den Kosten: Nicht jeder Mieter wird mögliche Erhöhungen ohne Murren hinnehmen ...

Es stimmt, wir haben in Deutschland ein Mietrecht, das die Möglichkeit schafft, elf Prozent der Modernisierungsmaßnahmen und Energieeinsparungskosten auf die Jahresmiete aufzuschlagen. Ein Beispiel: Eine solche Maßnahme mit Dämmung, neuer Technik und neuen Fenstern kann rasch 30 000 Euro kosten. Dann würde sich die Jahresmiete um 3 300 Euro erhöhen. Daran sieht man, wer den Hauptteil dieser Kosten trägt. Wichtig ist aber, dass diese Investitionen auch im eigenen Interesse der Vermieter erforderlich sind. In zehn Jahren werden sie auf dem deutschen Markt keine Wohnungen mehr vermieten oder verkaufen können, die sich nicht in einem guten energetischen Zustand befinden.

Kann der neue Energiegebäudepass Licht ins Dunkel bringen?

Er ist ein Instrument für mehr Transparenz und schafft Orientierung auf dem Markt für Anbieter und Nachfrager. Aber er ist ein sehr weiches Instrument, da den Eigentümern erlaubt worden ist, den Pass auch auf der Grundlage des Verbrauchs und nicht des Bedarfes zu erstellen. Verbrauchsausweise sind nicht sehr viel wert, weil sie auf das Verhalten der Nutzer abstellen und das kann sehr unterschiedlich sein – je nach Lebenssituation.

Blicken wir nach Karlsruhe – der Bundesgerichtshof hat auch im letzten Jahr wichtige Grundsatzurteile gefällt. Welche stechen besonders hervor?

Dass die Zahl der Mietrechtsprozesse leicht rückläufig ist, zeigt, dass die BGH-Rechtsprechung dabei hilft, Streit zu vermeiden. Trotzdem ist 2007 ein sehr durchwachsenes Ergebnis aus unserer Sicht. Im Bereich der Schönheitsreparaturen, zu denen viele Mieter auf Grund allgemein formulierter Vertragsklauseln verpflichtet werden, hat es eine für Mieter sehr positive Rechtsprechung gegeben. Immer dann wenn ein Vertrag mehr verlangt, als der Mieter selbst an Abnutzung zu verantworten hat, sind solche Klauseln unwirksam, und man muss gar keine Schönheitsreparaturen vornehmen. Daneben waren Urteile zur Wohnfläche – wenn also beispielsweise die Wohnung kleiner ist, als im Mietvertrag beschrieben –, zur Tierhaltung oder zu Betriebskosten für uns sehr wichtig.

In welchen Fällen schlugen sich die Bundesrichter denn auf die Seite der Vermieter?

Ein Beispiel wäre ein Urteil, wonach der Einbau eines Fahrstuhls auf alle Mieter umgelegt werden kann, auch wenn die Bewohner des Erdgeschosses diesen gar nicht benutzen. Außerdem ist es rechtens, dass die Wartung von Elektroanlagen als sonstige Betriebskosten an die Mieter weitergegeben werden kann. Und der Vermieter kann die Miete nach einer durchgeführten Modernisierung erhöhen, selbst wenn er die Erhöhung vorher nicht angekündigt hat.

Wo ist denn die Bundesregierung gefragt?

Wir wollen eine Wohngeldreform, die nicht nur Bürokratie abbaut. Wir brauchen eine deutliche Erhöhung des Wohngeldes und eine Einbeziehung der Heizkosten. Das kostet 300 bis 500 Millionen Euro. Bei den Unterbringungskosten für Hartz-IV-Empfänger haben wir in Deutschland ein solches Durcheinander. Es liegt einiges im Argen bei der Frage nach der Angemessenheit von Leistungen. Und es gibt immer wieder Versuche, bestimmte Teile der Unterbringungskosten – vor allem Heizkosten – als Pauschale festzulegen, unabhängig vom Bedarf. Hier fordern wir Klarstellung.

Und was wird für Mieter am wichtigsten?

Das Thema Energie wird uns natürlich weiter beschäftigen. Vieles wird davon abhängen, wie sich die Preise weiter entwickeln. Die Transparenz im Energiebereich muss sich für die Mieter erhöhen. Das ist mit einem besseren Energieausweis möglich. Außerdem muss dafür gesorgt werden, dass genügend bezahlbarer Wohnraum zur Verfügung steht.

Die Fragen stellte Daniel Rademacher.

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