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Fröhliche Gesichter beim Richtfest für das neue Hochhaus "Upper West" an der Gedächtniskirche. "Der Kurfürstendamm erfindet sich immer wieder neu", sagt Baustadtrat Marc Schulte.

© Cay Dobberke

Interview mit Baustadtrat Marc Schulte: "Gut wäre eine Mindestquote für Mietwohnungen"

Herr Schulte, früher bestimmten die „Wilmersdorfer Witwen“ und die Studenten in Charlottenburg das Bild vom „alten Westen“. Wer wohnt heute links und rechts vom Kurfürstendamm?

Herr Schulte, früher bestimmten die „Wilmersdorfer Witwen“ und die Studenten in Charlottenburg das Bild vom „alten Westen“. Wer wohnt heute links und rechts vom Kurfürstendamm?

Der Kurfürstendamm vom Breitscheidplatz bis zum Rathenauplatz mit einer Länge von 3,5 Kilometern ist so vielfältig, dass diese Frage unmöglich zu beantworten ist. Und weder fehlt es im alten Westen an älteren Frauen und Männern noch an Studierenden: Über 30.000 Studierende kommen jeden Tag in die TU und UdK und damit in unseren Bezirk.

Seit einiger Zeit wird wieder gebaut im Doppelbezirk – hauptsächlich Eigentumswohnungen. Und die Mietwohnungen?

Das ist in der Tat ein riesiges Problem. Um hier Lösungen zu schaffen, müsste auf Bundesebene das Baugesetzbuch radikal geändert werden. Gerne würde ich für alle Baugenehmigungen für Wohnungsbau eine Mindestquote von Mietwohnungen festlegen. Das kann ich derzeit aber nur bei Bebauungsplänen, für die das Modell der kooperativen Baulandentwicklung angewandt werden darf. In einem aufwendigen Berechnungsverfahren wird ermittelt, ob es angemessen ist, einem Investor eine Quote von 25 Prozent an bezahlbarem Wohnraum aufzuerlegen. Das passiert natürlich auch bei uns.

Leider ist zur Umsetzung vieler Wohnungsbauvorhaben häufig kein Bebauungsplan erforderlich, oder eine Angemessenheit ist rechtlich leider nicht gegeben. Daher sind die Berliner Wohnungsbaugesellschaften gefordert, ihre Bestände durch Zukauf oder Neubau zu erweitern.

Marc Schulte (SPD), Baustadtrat in Charlottenburg-Wilmersdorf.
Marc Schulte (SPD), Baustadtrat in Charlottenburg-Wilmersdorf.

© Martin Schmidtner

Charlottenburg und Wilmersdorf galten früher als Wohnbezirke. Jetzt kommen internationale Firmen, Anwaltskanzleien und Immobilien-Agenturen. Und abends werden die Bürgersteige hochgeklappt?

Natürlich lebt der Ku’damm auch abends. Gehen Sie zur Schaubühne, in die Restaurants, ins Cinema Paris, auf den Breitscheidplatz oder ins Hard Rock Café. Und die Schaufenster laden auch nach Geschäftsschluss zum Bummeln ein. Gerade an lauen Sommerabenden besteht keine Gefahr des Hochklappens von Bürgersteigen.

Wie kann der Mix von Wohnen, Leben und Arbeiten für breite Schichten der Bevölkerung im „alten Westen“ überleben?

Die Rechte für Mieterinnen und Mieter müssen weiter gestärkt werden. Das geht nur auf Bundesebene. Mietpreisspiegel und Mietpreisbremse sind als Instrumente weiter auszubauen. Die Zweckentfremdung durch Ferienwohnungen und freie Berufe wird durch das neue Berliner Zweckentfremdungsverbotsgesetz zukünftig konsequent unterbunden.

Ist der Ku’damm in zehn Jahren Shopping- und Amüsiermeile, Business District oder gar eine Fußgängerzone? Was denken Sie?

Der Westen Berlins entwickelt sich weiter und erfindet sich immer wieder neu. Und in der Tat könnte ein autofreier Ku’damm, auf dem nur Elektrobusse verkehren, mit vielen künstlerisch und gärtnerisch gestalteten Ruheinseln, auf denen man verweilen kann, eine Zukunftsvision sein.

Ich glaube aber, solch eine Veränderung umsetzen zu wollen, würde sofort einen Bürgerentscheid hervorrufen und die Idee würde krachend abgelehnt werden. Deswegen gilt es, das Miteinander der Verkehre am Kurfürstendamm auch weiter voranzubringen.

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