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Stararchitekt David Chipperfield lieferte die Pläne für den 155 Millionen Euro teuren Umbau des „Tyrol“.

© Robert Parigger/dpa

Kaufhäuser: Schweizer Käse als Blaupause

Kann das umgebaute Kaufhaus „Tyrol“ in Innsbruck zum Vorbild für die Sanierung von Karstadt werden?

Der größte Streitpunkt war die Fassade. Das erste Konzept von René Benko für die Neugestaltung des veralteten Kaufhauses „Tyrol“ in Innsbruck stieß auf heftige Kritik in der Bevölkerung – die Außenwände erinnerten an einen Schweizer Käse, so der Vorwurf. Doch der damals 27-Jährige ließ sich nicht beirren. Mit Hilfe von Investoren und eines Stararchitekten wandelte der heutige Karstadt-Eigner das „Tyrol“ in ein modernes Shoppingcenter um. 2010 öffnete das Luxus-Kaufhaus. Nun könnte das Projekt als Vorbild für den Wandel bei Karstadt dienen.

„Es gab mehrere Eigentümer des alten ,Tyrol‘, die sich nicht über die weitere Nutzung einigen konnten“, erzählt der Leiter des Innsbrucker Stadtmarketings, Bernhard Vettorazzi, der das Projekt seit Beginn im Jahr 2004 verfolgt hat. Das „Tyrol“ – 1908 eröffnet, im Zweiten Weltkrieg zerstört und bis 1954 wieder aufgebaut – sei zum Schluss schon nicht mehr ganz modern gewesen. Zuletzt habe es jahrelang leer gestanden.

Benko hatte damals kaum Erfahrung mit vergleichbaren Projekten. Mit 17 Jahren verließ er das Wirtschaftsgymnasium ohne Abitur, anschließend baute er in seiner Heimatstadt Innsbruck Dachgeschosse aus. Mit Hilfe von Investoren sei es dem heutigen Manager jedoch gelungen, das nötige Geld aufzutreiben, die Eigentümer zufriedenzustellen und sein Konzept umzusetzen, sagt Vettorazzi. Dabei sei er allerdings auf viel Skepsis gestoßen, vor allem bei den Einzelhändlern in der Innsbrucker Innenstadt.

Anders als von diesen befürchtet hätten die Leerflächen in der Stadt jedoch nicht zugenommen, sagt Vettorazzi. Sorgen, dass der neue Shopping-Riese Einzelhändler im Umfeld verdränge, hätten sich ebenfalls nicht bestätigt. Schließlich ließ Benko das „Tyrol“ von Stararchitekt David Chipperfield zu einem Konsumtempel mit 55 Shops umbauen. 155 Millionen Euro habe das Projekt gekostet, berichtete die „Süddeutsche Zeitung“. Das Magazin „Format“ bezeichnete die Aktion als Benkos „ersten Geniestreich“.

Was bedeutet das alles für Karstadt?

„Das ,Tyrol‘ ist heute ein Standortgewinn für Innsbruck“, sagt Vettorazzi. Nach Angaben des Center-Managements verzeichnet das Haus mit einer Verkaufsfläche von insgesamt 33 000 Quadratmetern im Durchschnitt 20 000 Besucher pro Tag. Angaben zum Umsatz macht die Geschäftsführung nicht. Die Maria-Theresien-Straße, an der das Kaufhaus liegt, ist zu einer der am häufigsten frequentierten Einkaufsstraße Österreichs geworden. „Das ist auch ein Verdienst des Kaufhauses ,Tyrol‘ “, sagt Vettorazzi.

Doch was bedeutet das alles für Karstadt? Der neue Vorstandsvorsitzende Stephan Fanderl hatte zuletzt angekündigt, bei den defizitären Warenhäusern bis Mitte 2015 die Wende schaffen zu wollen. „Es ist plausibel, dass Karstadt-Häuser zumindest teilweise in Shoppingcenter umgewandelt werden“, sagt der Handelsexperte Thomas Roeb von der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg. „Die Attraktivität von Shoppingcentern spräche dafür.“ Sie seien professioneller als Kaufhäuser und würden in guten Lagen besser funktionieren.

In einigen Karstadt-Filialen könnten demnach spezialisierte Händler einige Produkte übernehmen. „Andere Warengruppen, bei denen es keine großen Ketten gibt, wie zum Beispiel Reisebedarf und Koffer, könnte das Warenhaus weiter selbst anbieten“, sagt Roeb.

Als Vorbild für sämtliche Häuser der Warenhauskette sei das „Tyrol“ allerdings nur schwer denkbar, sagt er. Der Umbau des Innsbrucker Hauses habe bereits eine dreistellige Millionensumme gekostet – in Deutschland gibt es rund 80 Karstadt-Filialen. „Shoppingcenter sind teuer“, sagt Roeb. Sie bräuchten mehr Platz als klassische Kaufhäuser, in denen jede verfügbare Fläche zum Verkauf genutzt werde. „Am plausibelsten wäre ein Mischkonzept.“ (dpa)

Alkimos Sartoros

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