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Es sind vor allem neue Objekte, die für den Preisschub in Deutschland verantwortlich sind. Neu gebaute Einfamilienhäuser mit hoher energetischer Qualität werden für durchschnittlich 300 000 Euro verkauft.

©  epr/Argisol

Kaufpreise im Auf und Ab: Die Deutschen lassen sich ihr Heim etwas kosten

Immobilien um 6,7 Prozent teurer – Deutschland koppelt sich von der Entwicklung in den meisten Euro-Staaten ab.

Die Preise für Wohnimmobilien sind in den vergangenen zwölf Monaten in Deutschland um stattliche 6,7 Prozent gestiegen – damit grenzt sich die Bundesrepublik deutlich von der Entwicklung der meisten Euro-Staaten ab. Der globale Hauspreis-Index des Londoner Immobilien-Beratungsunternehmens Knight Frank setzt Deutschland in einem internationalen Ranking der Immobilien-Preisentwicklung auf Platz 10. Verglichen wurden die aktuellen Preise aus dem zweiten Quartal 2012 mit dem gleichen Quartal des Vorjahres.

Platz eins in der internationalen Liste hält Brasilien mit einem Anstieg der Hauspreise um 18,4 Prozent. Auf den Rängen zwei und drei folgen Österreich (+ 11,0 Prozent) und die Türkei (+ 10,5 Prozent), was sich am ehesten durch einen starken Kapitalzufluss aus dem Ausland erklären lässt. Deutsche und andere Europäer investieren seit Jahren bevorzugt neben der Schweiz (+ 4,0 Prozent) in österreichische Liegenschaften.

Interessant ist die vehemente Entwicklung der Immobilienpreise in der Türkei. Platz drei im internationalen Ranking wundert Efdal Ayhan nicht, der sein Maklerbüro am Olivaer Platz in Charlottenburg betreibt. Man solle sich nur Istanbul ansehen, wo „die Hochhäuser in den Himmel schießen wie sonst nur in Hongkong“, erklärt er. Und das Geld dafür komme überwiegend aus den arabischen Staaten – „was die türkische Regierung besonders fördert“. Türkischstämmige Berliner und Türken, die in Deutschland leben, schickten ihr Geld nicht dorthin, sondern investierten hingegen fast ausschließlich hierzulande, bemerkt Ayhan.

Während in den meisten Euro-Staaten wegen der schlechten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen Immobilienkredite von den Banken nur noch zögernd ausgegeben werden, zum anderen schlechte Aussichten auf dem Arbeitsmarkt die Nachfrage nachhaltig dämpfen, übersteigt in Deutschland mittlerweile die Nachfrage das Angebot – das führt zu der deutlichen Verteuerung. In der Nahaufnahme spaltet sich der Markt für Wohnimmobilien in Deutschland auf, wie es die Daten der Bausparkasse LBS belegen.

Der Preisabstand zwischen Bestandsbauten und Neubauten ist inzwischen beträchtlich, heißt es im aktuellen Immobilienbericht von LBS Research für das erste Halbjahr 2012. Neu gebaute Einfamilienhäuser mit hoher energetischer Qualität und zeitgemäßem Chic werden inzwischen für durchschnittlich 300 000 Euro verkauft. Die Bestandsbauten – bei den Immobilienverkäufen sind das mehr als zwei Drittel aller Transaktionen – sind zwar etwas teurer als im Vorjahr, aber überraschend preisstabil: durchschnittlich kosten die „gebrauchten“ Eigenheime 158 000 Euro – „und das ist immer noch exakt der Durchschnittspreis des Jahres 2002“, heißt es im LBS-Bericht. Bei Eigentumswohnungen ist die Entwicklung noch dramatischer: 220 000 Euro kostet etwas Neues auf der Etage, die Wohnung aus dem Bestand gerade einmal halb so viel – 105 000 Euro.

In den Niederlanden ist der Immobilienmarkt aus dem Takt geraten

In Frankreich (Rang 22) liegt die Preisentwicklung für Wohnbauten mit einem Anstieg von 2,1 Prozent noch in einem normalen Rahmen, während in den Niederlanden der Immobilienmarkt aus dem Takt geraten ist – die Preise sind in den vergangenen zwölf Monaten quer durch den Bestand um 5,1 Prozent gefallen, das ist Platz 47 auf der internationalen Liste. In Dänemark (Platz 49) ist die Entwicklung deutlich negativ: ein Preisverfall um 7,4 Prozent ist zu verzeichnen.

Die Euro-Delinquenten Portugal ( – 7,9 Prozent), Spanien ( – 8,3 Prozent), Griechenland ( – 10,3 Prozent) sammeln sich am Ende der Skala auf den Rängen 50 bis 52, Irland hat mit Platz 54 und einem Preisabschlag von 14,4 Prozent auf Wohnimmobilien die Rote Laterne. Lediglich Italien kann sich auf Platz 44 mit einem Wertverlust von 3,5 Prozent noch einigermaßen elegant aus der Immobilien-Misere heraushalten.

In den USA scheint hingegen die Trendwende endgültig vollzogen. Nach massiven Preisabschlägen auf Häuser in den Jahren 2007 bis 2012 um rund 35 Prozent hat jetzt das Vorzeichen gewechselt: in den vergangenen zwölf Monaten zogen die Immobilienpreise landesweit um 1,2 Prozent an; gut für Platz 25.

Brasilien als Nummer eins im internationalen Vergleich überrascht nicht: Das Land will 2014 mit der Fußball-Weltmeisterschaft glänzen und 2016 mit den Olympischen Sommerspielen in Rio de Janeiro noch eins draufsetzten – und erlebt derzeit einen Bauboom ohnegleichen. In der mittlerweile sechstgrößten Volkswirtschaft der Welt sind nach einer Studie der Stiftung Getulio Vargas zwischen 2003 und 2011 rund 39,5 Millionen Menschen aus bescheidenen Verhältnissen in die Mittelschicht aufgestiegen und haben ihr Einkommen mehr als vervierfacht. Zudem sinken auch in Brasilien die Leitzinsen stetig, was die Entscheidung für eine Immobilien-Finanzierung erleichtert.

Das britisches Immobilienhaus Knight Frank arbeitet auf sechs Kontinenten mit Büros in 43 Ländern. Seit 2006 wird der „Global House Price Index“ Quartal um Quartal berechnet, um Investoren Daten für sichere Entscheidungen zu geben. Die Erhebungen von Knight Frank stützen sich auf Angaben der staatlichen Statistikbehörden und der Zentralbanken.

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