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Immobilien: Kein Fest der Liebe

Ein Bordell nebenan? Das kann Nachbarn und Behörden auf den Plan rufen

WAS STEHT INS HAUS?

Wir sind ein älteres Ehepaar und bewohnen eine Eigentumswohnung in Charlottenburg. In den letzten beiden Wochen verstärken sich die Anzeichen, dass in der Nachbarwohnung ein Bordell eingerichtet werden soll oder bereits existiert. Entsprechende Werbeanzeigen sind in einschlägigen Blättern zu lesen. Ein Gewerbe ist nicht angemeldet worden. Die Wohnung ist laut Teilungserklärung für gewerbliche Zwecke genehmigt. Vermutlich wird das Bordell jedoch ohne behördliche Genehmigung betrieben. Muss man das Bordell im Hause dulden? Was kann man dagegen unternehmen?

WAS STEHT IM GESETZ?

Baurechtlich ist eine derartige Einrichtung in reinen Wohngebieten unzulässig. Charlottenburg ist jedoch ein Mischgebiet, das sowohl dem Wohnen als auch der Unterbringung von nicht wesentlich störenden Gewerbebetrieben dient. Eine Wohnungsprostitution, die sich auf sexuelle Dienstleistungen des Bewohners in der eigenen Wohnung beschränkt, ist dort in der Regel zulässig, wenn sich das Geschäft diskret vollzieht. Bordelle oder bordellartige Betriebe, die mehreren Prostituierten als Arbeitsstätte dienen und entsprechend professionell organisiert sind, sind in Mischgebieten unzulässig. Die Bauaufsichtsbehörde ist nach pflichtgemäßem Ermessen zum Einschreiten verpflichtet. Schreitet sie nicht ein, so ist gerichtliche Hilfe beim Verwaltungsgericht in Anspruch zu nehmen. Die Einrichtung eines Bordells ist genehmigungspflichtig. Wenn eine solche nicht besteht, hat die Behörde den Betrieb zu untersagen. Auch wenn die Teilungserklärung gewerbliche Zwecke erlaubt, so ist ein Bordell oder bordellartiger Betrieb davon nicht umfasst. Die anderen Eigentümer können Unterlassung verlangen. Wenn Sie Mieter der Wohnung sind, können Sie auf jeden Fall die Miete mindern, wenn es zu Beeinträchtigungen durch Freier kommt. Die Berliner Gerichte gestehen in der Regel 10 bis 20 Prozent Mietminderung zu. Der Vermieter ist auch verpflichtet, die Störungen abzuwenden. Dies kann bis zur Kündigung des Mietverhältnisses gehen.

UND WIE STEHEN SIE DAZU?

Das älteste Gewerbe der Welt bauordnungsrechtlich verdrängen zu wollen, ist äußerst problematisch. In den letzten Monaten haben in Berlin unter anderem die Bezirksämter Tempelhof-Schöneberg und Charlottenburg-Wilmersdorf Bordelle baurechtlich geschlossen. Dies steht in Widerspruch zum Prostitutionsgesetz aus dem Jahr 2001, mit dem die Prostitution ausdrücklich als legales Gewerbe anerkannt worden ist. Deswegen gibt es in Berlin auch eine Front gegen diese Praxis: Sozialdemokraten, Grüne, Die Liberalen sowie Die Linke haben sich gegen eine Schließung der Bordelle ausgesprochen. Richtigerweise wird jetzt vom Senat in Zusammenarbeit mit den Bezirken eine einheitliche Regelung angestrebt, die dem Rechnung trägt und sozialverträglich ist. Es bleibt zu hoffen, dass es zu einer friedlichen Koexistenz des legalisierten Gewerbes mit den Bewohnern kommt.

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