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Immobilien: Kreative Strömung

Die Bewag sucht Käufer für frühere Werksimmobilien: Umspannwerke und Verwaltungsbauten. Begehrt sind die Objekte unter Werbern und Künstlern – einer von ihnen ist Wim Wenders

Ausgerechnet die Avantgarde hat einen Hang zur Nostalgie: Eine der hippesten Neueröffnungen von Clubs feierte man in der vergangenen Woche in einem ehemaligen Heizkraftwerk – im „Berghain“. Die Köpfe hinter der MOMA-Ausstellung am Kulturforum, aus der Werbagentur „Meta-Design“, arbeiten in einem früheren Umspannwerk in der Charlottenburger Leibnizstraße. Und Filmemacher Wim Wenders war Feuer und Flamme für das ehemalige „Gleichrichtwerk“ im Berliner Bezirk Zehlendorf.

Damit ist der Bewag und ihrem Eigentümer Vattenfall Europe gelungen, wovon wohl jeder Immobilieneigentümer träumt: Den eigenen Objekten Kultstatus zu verleihen. Und dennoch, so ganz einfach sind Verkauf und Vermietung dieser „Kathedralen des Industriezeitalters“ nicht. Die Zeiten sind eben schlecht. Ein Umbau zu Wohnhäusern ist technisch problematisch. Und Banken geben Kredite für den Umbau der alten Gemäuer nur, wenn die begeisterten „Kreativen“ viel Eigenkapital haben.

Deshalb sind immer noch so manche Perlen im Angebot des Stromkonzerns Bewag/Vattenfall. Zum Beispiel Berlins älteste erhaltene öffentliche Schule in der Hirtenstraße in Mitte. Immerhin steht deren Verkauf kurz bevor, so Hans Achim Grube, bei der Bewag für das Management der Objekte verantwortlich. Ínteressiert sei ein Berliner Bauträger. Wohnungen sollen in dem Gebäude entstehen. Über den Preis wird nicht geredet.

Wohnungen in Industriebauten – das ist nicht immer ganz einfach zu realisieren. Architekt Paul Kahlfeldt, der unter anderem das Umspannwerk in der Leibnizstraße umgebaut hat, sagt: „Oft sind wegen der erforderlichen Fluchtwege nur große Wohnungen von rund 400 Quadratmetern möglich.“ Bei Preisen einschließlich Sanierung von rund 1000 Euro pro Quadratmeter sei der Käuferkreis für derartige Wohnungen klein.

Andererseits gab es Interessenten, die gleich ein ganzes Gebäude kaufen wollten: Filmemacher Wim Wenders soll begeistert gewesen sein von einem der schönsten Objekte im Bewag-Angebot, dem Gleichrichterwerk in Zehlendorf. Der zweigeschossige Stahlskelettbau mit roter Klinkerverblendung hat zwei halbkreisförmige Treppentürme. Im Obergeschoss befindet sich ein großer hallenartiger Raum – ein Traum von einem Loft.

„Am Ende ist es aber immer an den Ehefrauen gescheitert“, sagt Bewag-Mann Grube. Nicht nur die Gattin des Filmemachers soll Einspruch eingelegt haben, sondern auch die Ehefrauen namhafter Architekten, die sich ebenfalls für das Gebäude interessiert haben sollen, hätten abgewunken. Bei diesen Entscheidungen könnte jedoch auch die Lage des Hauses eine Rolle gespielt haben: Die Machnower Straße ist stark befahren und im Umfeld des Gebäudes befinden sich Wohnmaschinen der Neuen Heimat im „Legostil“ so Architekt Kahlfeldt.

Während die privaten Interessenten einstweilen zögern, hat die jüdische Gemeinde bereits ein Umspannwerk in Wilmersdorf erworben. Dort soll eine Synagoge entstehen. Die großen innenliegenden Räume eigneten sich bestens als Gebetsraum. Weniger geeignet sind die Altbauten für eine Büronutzung, die auf ein optimales Verhältnis zwischen Nutz- und Verkehrsfläche Wert legt.

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