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Immobilien: Kunstwerk im Topf

Der eigentliche Reiz der Bonsai-Kultur liegt in der Gestaltung des Baumes

Bonsais werden immer beliebter, demzufolge wächst auch das Angebot: Früher nur im Fachhandel zu bekommen, findet man sie heute auch schon im Super- oder Baumarkt. Die dekorativen Miniaturbäume dienen oft auch als originelles Geschenk. Doch so manch Beschenkter fragt sich: Was sind eigentlich Bonsais, und wie werden sie gepflegt?

Grundsätzlich ist zwischen Bonsais für Innen- und Außenbereiche zu unterscheiden. Wie auch die „normalen“ Zimmerpflanzen stammen die Minibäume für Innenräume aus der tropischen und subtropischen Pflanzenwelt. Bonsais aus der heimischen Baumwelt brauchen Regen, Wind und Sonne sowie den jahreszeitlichen Wechsel zur Entwicklung und gehören daher nicht in die Wohnung.

Bonsai bedeutet schlicht „Baum in flachem Gefäß“. Dahinter steckt eine uralte Kulturtechnik aus Asien: Normal wüchsige Gehölze werden verkleinert und sind so ein bequem zu betrachtendes Abbild der ausgewachsenen Exemplare in der Natur. Vor etwa 2000 Jahren nahm die Bonsai-Welle in China ihren Ausgang und schwappte mit buddhistischen Mönchen nach Japan, wo Adlige und Geistliche die Technik über Jahrhunderte perfektionierten. Die Pflanzschale ist dabei Bestandteil des Kunstwerkes, denn Baum und Gefäß sollen eine harmonische Einheit bilden. Doch wie wird ein Gehölz zum Bonsai? Man lässt es nicht frei wachsen, sondern bringt es vor allem durch Schnittmaßnahmen über Jahre und Jahrzehnte in die gewünschte Form. Sorten, die gezielt auf Zwergwuchs gezüchtet sind und diesen in ihren Erbanlagen verankert haben, sind also keine Bonsais.

Die Bonsai-Gestaltung ist eine Kunst, die viel Erfahrung, Geduld und eine intensive Beziehung zur Pflanze verlangt: Alte Bonsais sind Lebenswerke ihrer Gestalter. Gerade in unserer schnelllebigen Zeit gewinnt die Bonsaikultur mit dieser Langfristigkeit und ihren kontemplativen Anklängen an Wert.

Indoor-Bonsais werden – abgesehen von den formenden Schnittmaßnahmen – ähnlich gepflegt wie andere Zimmerpflanzen. Wer bereits erfolgreich Pflanzen in der Wohnung kultiviert, braucht also auch vor Bonsais nicht zurückzuschrecken. Wissen sollte man, ob die Pflanze aus den Tropen oder Subtropen stammt. Während Arten der Subtropen den Winter hell und kühl verbringen möchten (fünf bis 15 Grad Celsius), brauchen tropische Pflanzen das ganze Jahr über gleich bleibende Wärme (18 bis 25 Grad Celsius) und eine hohe Luftfeuchtigkeit. Subtropische Gewächse benötigen darüber hinaus einen Temperaturwechsel zwischen Tag und Nacht.

Für alle Zimmerbonsais gilt: mit möglichst weichem Wasser gießen – im Sommer mehr, im Winter weniger, jedoch nie ganz austrocknen lassen. An einem Süd- oder Westfenster sind die Minibäume gut aufgehoben. Den Sommer über können sie im Freien verbringen. Allerdings sollten die Pflanzen allmählich an die Sonne gewöhnt werden. Bonsai-Erde sollte zwar durchlässig sein, dennoch Wasser halten können. Eine Mischung aus Lehm, humosen Beigaben und Sand oder feinem Kies erfüllt diese Ansprüche. Das Mischungsverhältnis hängt dabei von Art und Alter der Pflanze ab. Als Drainage leistet Lehmgranulat gute Dienste. Ein Umpflanzen ist bei Jungpflanzen jährlich, später alle zwei bis drei Jahre fällig. Anfänger nehmen am besten speziellen Bonsai-Dünger oder rein organischen Dünger, um Salzschäden zu vermeiden. Als Faustregel gilt: im Sommer alle ein bis zwei Wochen, im Herbst/Winter alle drei bis vier Wochen düngen.

Die Minibäume befinden sich immer in der Entwicklung: Sie müssen daher regelmäßig geschnitten werden. Auch hier gibt es eine Grundregel: Wenig Schneiden fördert das Dickenwachstum von Stamm und Ästen, starkes Zurückschneiden dagegen regt die Verzweigung an. Schneiden Sie so zurück, dass eine Knospe, die in Richtung der gewünschten Astspitze steht, der Schnittstelle am nächsten sitzt. Der Austrieb im oberen Kronenbereich sollte häufiger und kürzer zurück geschnitten werden als unten, da die Pflanze dort stärker wächst. So erhält man eine ausgewogene Krone mit gleichmäßiger Verzweigung. Auch die Wurzeln werden im zeitigen Frühjahr gekürzt, damit sie sich fein verzweigen und so eine größere Wurzelmasse bilden.

Wenn Sie jetzt das Bonsai-Fieber gepackt hat und Sie sich einen Minibaum zulegen möchten, kaufen Sie nicht gleich einen alten, teuren Solitär. Zum Üben bietet sich ein junges, aber bereits geformtes Exemplar an, das sich weitergestalten lässt. Denn in der Gestaltung des Baumes liegt der eigentliche Reiz der Bonsai-Kultur. Besonders geeignet für Anfänger sind die tropischen Arten der Gattung Ficus, zum Beispiel die bekannte Birkenfeige (F. benjamini), die Chinesische Feige (F. retusa) oder die weidenblättrige Feige (F. salicifolia). Sie bilden schnell einen kräftigen, attraktiven Stamm und lassen sich auch von Bonsai-Unkundigen weiterentwickeln. Auch mit der chinesischen Ulme (Ulmus parvifolia) kommen Neulinge zurecht. Die kleinblättrige Ulmenart aus Ostasien ist robust und zäh. Ebenfalls empfehlenswert ist der aus dem Mittelmeerraum stammende Ölbaum (Olea europaea). Er ist nicht nur unempfindlich, sondern auch langlebig. Auch die Myrte (Myrtus communis), ebenfalls ein mediterranes Gewächs, ist vergleichsweise pflegeleicht. Darüber hinaus schmückt sie sich mit weißen Blüten und schwarzen Beeren. Achtung: Myrten vertragen keinen Kalk. Zu den Anfängerpflanzen zählt nicht zuletzt der Granatapfel (Punica granatum) aus Kleinasien, der zügig einen knorrigen Stamm bildet. Die niedrige Sorte ,Nana‘ blüht schon als junge Pflanze, allerdings nur, wenn von Anfang April an der Neuaustrieb nicht mehr geschnitten wird. Lassen Sie sich am besten in einem Bonsai-Fachgeschäft beraten. Wer weiß, vielleicht entwickelt sich eine Liebe fürs Leben.

Literatur. Wolfgang Kawollek: Das Zimmerbonsai-Buch. Verlag Eugen Ulmer. 12,90 Euro; Werner M. Busch: Bonsai. BLV Buchverlag. GmbH. 7,95 Euro; Wilhelm Elsner, Gerhard Hofmann: Zimmer-Bonsai, im Antiquariat erhältlich.

Heike Deissler

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