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"Trampelpfade wird es immer geben", sagt Toni Weber, Landschaftsarchitekt.

© promo

Landschaftsarchitekt Toni Weber im Gespräch: "Wir könnten den Park morgen vollenden"

Landschaftsarchitekt Toni Weber im Gespräch über die Gestaltung des Spreebogenparks und die Logik der Trampelpfade.

Herr Weber, Sie zeichnen verantwortlich für die Gartenarchitektur und Gestaltung des Spreebogenparks, der vor zehn Jahren angelegt wurde. Was ist nur daraus geworden! Ein Trampelpfad zieht sich vom Hauptbahnhof in Richtung Reichstag an der Schweizer Botschaft vorbei und wird von Touristen bevölkert, die ihre Rollkoffer bei Regen durch den Schlamm ziehen müssen. Ist das der Lauf der Dinge und von Ihnen ursprünglich so geplant? Oder läuft da etwas verkehrt, um im Bild zu bleiben?

Da läuft tatsächlich etwas verkehrt, für mich aber auch verständlich, weshalb. Was viele nicht wissen: Der Park wurde bis heute nicht fertiggestellt! Die Willy-Brandt-Straße führt als „Umfahrung“ der schweizerischen Botschaft durch den Park. Einst als kurzzeitiges Provisorium gedacht, wohl aus Gründen der Logistik – das Kanzleramt wurde zur selben Zeit wie der Spreebogenpark erbaut –, blieb diese sehr breite Straße nun seit 2004 bestehen. Sie zerschneidet exakt die geplanten Wege, sowohl die gerade als auch die diagonale Verbindung von der Spree her zur Straße Otto-von-Bismarck-Allee. Insofern entsprechen diese Trampelpfade einer gewissen Logik.

Was würden Sie den Fußgängern und Radfahrern am liebsten sagen, die sich hier querfeldein über Ihr Gelände bewegen?

Wer um Gottes willen hat denn diesen Park, dieses Wegesystem, diese Umfahrungsstraße geplant? Was haben sich denn die Politiker, die Stadtentwickler dabei gedacht? Ich hätte dann gleich einige Antworten dazu …

Positiv ausgedrückt haben Sie den Spreebogenpark sehr zurückhaltend gestaltet. Es gibt aber auch Kritiker, die Ihr Werk als mit Rasenbelag versehene Einöde abkanzeln. Haben Ihre Kritiker etwas falsch verstanden?

Der Spreebogenpark war schon immer, gemäß den Wünschen der Auslober beziehungsweise den Vorgaben im Wettbewerbsprogramm, als offener und vielseitig nutzbarer Park entworfen worden. Zu dieser städtebaulichen Haltung und letztlich zu meinem Entwurf stehe ich nach wie vor. Ich war schon bei einer Veranstaltung vor Ort; da tummelten sich Hunderttausende von Besuchern in diesem Park. Im östlichen Teil des Parks befinden sich sehr viele Bäume. Mit der Vollendung des Parks ergibt sich eine Art Spiegelung dieser Situation auf die Westseite, das heißt, es sind noch viele Bäume vorgesehen. Im Übrigen widerspiegeln Wertungen und Empfindsamkeiten oft den Pflegeaufwand, der für eine Anlage betrieben wird.

Der Züricher Stadtplaner Karl Otto Schmid – ein Landsmann von Ihnen – sagt über Trampelpfade, dass jeder Stadtbewohner seine Gewohnheiten im Alltag hat, seine Vorlieben und seine „Trampelpfade“. Diese Verhaltensmuster im täglichen Ablauf seien tief in Routinen verankert, die wiederum umso festgefügter werden, je komplexer Lebens- und Arbeitsstil sind. Wie deuten Sie das Phänomen der Trampelpfade und welche Rolle spielt es in Ihren Planungen?

Sie entsprechen immer einer gewissen Logik. Insofern sind sie vorhersehbar oder vermeidbar. Insofern auch planbar. Generell aber mag ich Trampelpfade, ich folge ihnen auch gerne, denn am Ende erscheint oft der Aha-Effekt.

Wie könnte der Park umgestaltet werden, sodass kein Trampelpfad entsteht?

Trampelpfade wird es immer geben, was mich weiter auch nicht stören würde, jedoch mit Sicherheit nach der Vollendung des Parks nicht mehr in diesem grotesken Ausmaß.

Hat Berlins Senator für Stadtentwicklung schon Kontakt zu Ihnen aufgenommen? Anders gefragt: Darf Ihr Wegekonzept überhaupt verändert bzw. ergänzt werden?

Dem stünde klar das Copyright entgegen. Bisher hat aber die Stadt auch vorbildlich immer mit mir Kontakt aufgenommen bei allfälligen Veränderungswünschen. So auch etwa vor zwei Jahren mit dem Hinweis, dass die Umfahrung nun doch aufgehoben werde und der Park nun fertiggestellt werden kann. Dies steht jedoch zeitlich in Abhängigkeit mit der Eröffnung des Flughafens Berlin-Brandenburg „Willy Brandt“. Damit verbunden ist auch die Überprüfung meinerseits der einst geplanten Wegverbindungen aufgrund der heutigen „Trampelpiste“. Diese Planung ist bereits erfolgt. Wir könnten also morgen den Park vollenden.

Das Interview führte Reinhart Bünger.

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