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Immobilien: Mangelhafte Rechnungen und zu hohe Preise für Fernwärme

Mit 216 eingesandten Energierechnungen verzeichnete die Tagesspiegel-Aktion zur kostenlosen Überprüfung der Fernwärmekosten eine rege Teilnahme.Allerdings konnten die Experten nur knapp die Hälfte der Rechnungen auswerten, weil der Wärmelieferant auf 103 Abrechnungsbögen keine Angaben über den Energieverbrauch macht.

Mit 216 eingesandten Energierechnungen verzeichnete die Tagesspiegel-Aktion zur kostenlosen Überprüfung der Fernwärmekosten eine rege Teilnahme.Allerdings konnten die Experten nur knapp die Hälfte der Rechnungen auswerten, weil der Wärmelieferant auf 103 Abrechnungsbögen keine Angaben über den Energieverbrauch macht.Damit verstoßen Hausverwaltungen gegen die Heizkostenverordnung.Zudem fordern sie im Westteil der Stadt von 17 der 21 ausgewerteten Haushalte zu viel Geld für die Energie.Etwas niedriger liegt die Quote im Ostteil Berlins.Dies zählt zu den Ergebnissen der Aktion gegen zu hohe Wärmepreise.Durchgeführt wird sie vom Tagesspiegel in Kooperation mit der Arbeitsgruppe Energie, dem Berliner Mieterverein sowie dem Verband der Hausverwalter und findet am morgigen Montag, den 22.Juni, ihre Fortsetzung in unserem Lesertelefon für Ihre Fragen rund um die Nebenkosten.

"Bei allen Lieferverträgen fordern und bekommen Kunden doch navollziehbare Rechnung, nur bei der Wärme genügt jede zweite Wärmekostenfaktur diesen berechtigten Ansprüchen nicht", sagt Peter Hennig, bei der Arbeitsgruppe Energie mit der Auswertung der Leserdaten befaßt.Die Teilnehmer an der Aktion sollten Widerspruch gegen mangelhafte Rechnungen einlegen, denn diese fahrige Praxis sei ein Verstoß gegen die Heizkostenverordnung.

Die auswertbaren Rehnungen hatten in der Mehrzahl die Bewag (60) geschrieben.Andere Wärmelieferanten sind das Fernheizwerk Neukölln, das EAB sowie die ebenfalls Fernwärme liefernde Gasag.Und auch in diesen Fällen hatten viele Haushalte allen Grund zur Verwunderung: Die Preise für die wohlige Wärme variiert je nach Wohnort und Gebäudetyp in der Stadt um fast 100 Prozent.Während einige Bewohner Charlottenburgs für Fernwärme in ihren vier Wänden nur 82,77 pro Megawattstunde bezahlen müssen, müssen andere im Wedding für dieselbe Wärmemenge 158,32 DM aufbringen.Der äußerst günstige Preis in Charlottenburg liegt sogar unterhalb des im westlichen Bundesgebiet durchschnittlichen Preises für Fernwärme: Eine Untersuchung unter 100 Lieferanten der alten Bundesländer ergab einen durchschnittlichen Preis von 92,75 DM.

Diesen Betrag sollte keine Berliner Wärmerechnung überschreiten.Wenn dies doch der Fall ist, dann hat der Bewohner allen Grund, seinen Verwalter um Abhilfe zu bitten.Der Vermieter muß dann zwar die Zeche zahlen, falls eine Optimierung der Fernwärmeanlage und der Anschlüsse erforderlich ist, da der Bewohner aber von den billigen Wärmepreise profitiert, hat auch der Eigentümer oder Verwalter seinen Vorteil daraus: Spätestens beim Einzug des Nachmieters erzielt er höhere Kaltmieten - und verbessert so die Wirtschaftlichkeit seiner Immobilie.

Ein weiteres Ergebnis der Untersuchung: Was die Wärmepreise betrifft ist die Stadt geteilt.Im Ostteil zahlen Wohnungsnutzer etwa 3,50 DM je Megawattstunde mehr als im Westen (103,91 DM).Für die Arbeitsgruppe Energie ist diese geringe Differenz aber ein gutes Ergebnis, zumindest im bundesweiten Vergleich.Die Umfrage unter 100 Fernwärmelieferanten ergab nämlich, daß die Schere zwischen neuen und alten Bundesländern deutlich größer ist als in Berlin: Im osten der Republik schlägt die Wärme mit 119,88 DM pro Megawattstunde zu Buche gegenüber nur 92,75 DM im Westen.Das geringere Gefälle in den zwei Teilen des wiedervereinten Berlins führen die Gutachter auf die gute Arbeit der Wohnungsgesellschaften im Ostteil der Stadt zurück und auf die Tatsache, daß Gesellschaften mit größeren Beständen ihre Betriebskosten besser optimieren können als Einzeleigentümer.Und im Westteil der Stadt ist die Eigentumquote deutlich höher als im Ostteil.

Auch von einem schönen Beispiel für das Sparpotential einzelner Haushalte berichtet die Arbeitsgruppe Energie.Im Westteil der Stadt zahlte eine Familie 1997 für ihre 73 Quadratmeter große Wohnung Heizkosten in Höhe von 1540 DM.Hiervon entfallen 1370 DM auf den Kauf von Fernwärme.Diese Summe ergibt sich, weil die Hausverwaltung die Fernwärme für 110,58 DM je Megawattstunde bezieht.Und hier liegt der Hase im Pfeffer: Das ist weit mehr als der übliche, bundesweit durchschnittliche Preis von 92,75 DM.Nun muß die Familie die Hausverwaltung auffordern, den Wärmeanschluß auf den tatsächlichen Bedarf des Gebäudes abzustellen.Das erspart ihr dann jährlich Kosten von 225 DM.Je nach Heizungsanlage kann die Kostensenkung der Familie bis zu 360 DM betragen.

Eine solche Optimierung der Abnahmeleistung kann es allerdings erfordern, daß die im Keller des Hauses liegende "Übergabestation", also der Anschluß des Hauses an das Fernwärmenetz, durch einen Fachbetrieb der HLS-Innung überprüft und gegebenenfalls neu ausgelegt werden muß.Das verursacht Kosten für den Vermieter.Doch auch für ihn zahlt sich der Aufwand mittelfristig aus.Denn in unserem Beispielfall beträgt die Ersparnis bei einer optimalen Auslegung der Fernwärmeanlage auf den tatsächlichen Energiebedarf des Gebäudes jährlich einen fünfstelligen Betrag: bis zu 17 300 DM.Wer unter den Hauseigetümern diese Ersparnis an seine Mieter weitergibt, der kann entspannter in die Konkurrenz auf dem derzeit stark von den Wünschen der Mieter bestimmten Wohnungsmarkt gehen.

Am kommenden Montag, den 22.Juni, zwischen 18 Uhr und 20 Uhr schaltet der Tagesspiegel vier Leser-Telefone frei für alle Rückfragen rund um die Abrechnung von Wärme- und Stromkosten.Zur Expertenrunde zählen Hartmann Vetter (26009-564) vom Berliner Mieterverein, Johannes Hengstenberg (26009-251) sowie Peter Hennig (26009-567) von der Arbeitsgruppe Energie sowie Monika Schultze (26009-380) vom Verband der Immobilienverwalter.

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