zum Hauptinhalt
Vernetzt und ausspioniert. Soziale Netzwerke sind für Vermieter eine beliebte Informationsquelle, um intime Details über potentielle Mieter zu erfahren.

© Maximilian Schönherr/dpa

Mieter im Netz: Bis der Vermieter „Gefällt mir“ sagt, wird recherchiert

Jeder zweite Hausbesitzer forscht im Internet nach Informationen über Mietkandidaten.

Vermieter sind nicht von gestern – nahezu jeder Zweite geht ins Internet, um Informationen über seine Miet-Kandidaten zu recherchieren. Nach einer Umfrage unter 1016 Vermietern und Hauseigentümern suchen inzwischen 45 Prozent per Computer nach „weiteren Informationen“. Das kann die Entscheidung beeinflussen, wer die Wohnung am Ende bekommt.

Dass dies „nicht die feine Art ist, sich hinter dem Rücken über jemanden zu erkundigen“, sagt Lukas Siebenkotten, der Direktor des Deutschen Mieterbundes in Berlin, ganz spontan dazu. „Aber den Vermietern könne man es nicht verbieten.“ Den Mietern rät Siebenkotten, genau darauf zu achten, welche Datenspur sie im Internet hinterlassen – man müsse daran denken, „was morgen noch kommt“.

Denn 29 Prozent der Vermieter geben zumindest den Namen eines potentiellen Mieters bei einer Internet-Suchmaschine ein und „googeln“ also jeden Aspiranten. 16 Prozent der Vermieter dringen auch noch in die digitalen Weiten der sozialen Netzwerke vor und machen sich von den Bewerbern ein Bild bei Facebook, Xing, LinkedId oder den anderen Datenspeichern. Das Portal Immobilienscout24, das diese Umfrage Ende September veranstaltete, ließ auch erkunden, worauf die Vermieter besonders achten – wie der "ideale Wunschmieter" aussieht.

Für das Vorstellungsgespräch, bei dem sich ein Kandidat vor dem Vermieter um eine Wohnung bewirbt, gibt es feste Regeln – erlaubte Fragen und Tabuthemen. Zu den Tabus gehört unter anderem die Nationalität, ein mögliches politisches Engagement oder das religiöse Bekenntnis. Ganz tabu ist, intime Dinge wie die sexuelle Orientierung nachzufragen. Auch dürfen Hobbys nicht ausgeforscht werden.

Da können Internet-Recherchen ein Weg sein, um doch an die „weiteren Informationen“ zu gelangen. Wer sich beispielsweise auf Web-Seiten als begeisterter Rockmusiker outet, der auch noch „stolz auf seine hochmoderne und Disco-taugliche Anlage ist“, darf sich über eine gewisse Reserviertheit seitens des Vermieters nicht wundern. Oder anders gesagt: Bevor ein Facebook-Freund beim Thema Taiko-Trommeln auf „Gefällt mir“ klickt, sollte er seine künftige Mieter-Karriere bedenken. Hausbesitzer wissen mittlerweile, wie grässlich laut diese japanischen Pauken sind.

Musik und andere Leidenschaften, die „mit Geräusch verbunden sind“, gehören zu den häufigsten Störfaktoren in gediegenen Hausgemeinschaften. Immerhin achten 44 Prozent der Vermieter laut dieser Umfrage darauf, dass ein neuer Mieter gut zu den anderen im Haus passt – das soziale Profil spielt also bei der Mieterauswahl eine herausragende Rolle.

Haustiere ja, Kinder nein

Noch wichtiger sind den Hauseigentümern die finanziellen Verhältnisse – dabei sollte es jedem für den Fall des Falles bewusst sein, dass die Insolvenzregister prinzipiell öffentlich zugänglich sind, auch im Internet. Hier werden auch die Privatinsolvenzen unter vollem Namen und Anschrift aufgelistet – das ist neben der Schufa-Auskunft keine unwesentliche Informationsquelle für Vermieter mehr, da die Zahl der nicht mehr zahlungsfähigen Privatpersonen in den vergangenen Jahren sprunghaft angestiegen ist.

Ohne ein gesichertes und nachweisbares Einkommen läuft so gut wie gar nichts, dieser Ansicht sind laut Umfrage 73 Prozent der Vermieter. Auf eine feste Anstellung legen 42 Prozent der Vermieter wert, die positive Schufa-Auskunft macht auf 34 Prozent einen sehr positiven Eindruck. Auf die Mietschulden-Freiheitsbescheinigung vom Vorvermieter achten 16 Prozent; bei der Vermieter-Befragung waren Mehrfachnennungen möglich. An Haustieren stören sich nach dieser Umfrage nur wenige Hausbesitzer: zehn Prozent.

An Kindern schon. Auf die Frage „Welche Konstellation bevorzugen Sie bei ihren Mietern?“ nannten 30 Prozent an erster Stelle das „Paar ohne Kinder“, 26 Prozent entschieden sich für Singles. 18 Prozent der Hausbesitzer vermieten gern an Rentnerpaare – also an Menschen, bei denen höchstens mal die Enkel zu Besuch sind; auch hier waren mehrere Antworten möglich. Familien mit Kindern sind nur bei 18 Prozent der Vermieter ideale Bewerber für eine freie Wohnung. Alleinerziehende Mütter oder Väter haben es besonders schwer unterzukommen – gerade einmal vier Prozent der Hausbesitzer sehen darin eine „ideale Mieterkonstellation“. Noch weniger (2,4 Prozent) halten Vermieter nur noch von Wohngemeinschaften.

Die Umfrage von Immobilienscout24 zeigt auch auf, warum die Vermieter lieber auf Nummer sicher gehen. Gerade einmal 26 Prozent gaben an, sie hätten noch keine Probleme mit ihren Mietern gehabt. Die große Mehrheit der Hausbesitzer schon: Die Miete wurde nicht bezahlt (34 Prozent) oder verspätet überwiesen (30 Prozent) oder grundlos gemindert (5,6 Prozent). Beschädigungen oder Verwüstungen der Immobilie beklagen 15 Prozent, wiederholte Störungen des Hausfriedens durch Lärm waren genauso häufig. Zum letzten aller Mittel, der Zwangsräumung, musste in der Vergangenheit schon einmal jeder Fünfte greifen (22 Prozent), neun Prozent der Vermieter haben dabei bereits eine gewisse Routine – „Ja, schon mehrmals“ antworteten sie auf die Frage nach den Zwangsräumungen.

Nahezu jeder fünfte Vermieter will sich nichts vormachen lassen und vertraut auch den ganzen Bescheinigungen nicht: 18 Prozent rufen beim vorherigen Vermieter an und fragen ihn über die Mietkandidaten aus – und sie bekannten sich frank und frei bei der aktuellen Umfrage dazu. Im Gegenzug rät Mieterbund-Direktor Siebenkotten, man sollte als Wohnungsinteressent durchaus versuchen, mit dem Vormieter ins Gespräch zu kommen: „Denn manche Wand, die Schimmel hat, ist einfach nur überstrichen worden.“ So komme man Macken und Mängeln rasch auf die Spur, meint er.

Zur Startseite